Programmierschule 42 in Heilbronn: Ein Studium wie ein Computerspiel
Vor neun Monaten kamen die ersten Studierenden an die Programmierschule 42 Heilbronn, am Montag eröffnet sie ganz offiziell. Wie es ist, an der ungewöhnlichen Coding School zu studieren.

Lampen, die wie Lichtschwerter von der Decke hängen. Eine futuristisch anmutende, fünf Meter hohe Eingangshalle. Und ein dumpfes Surren, das die Rechenleistung der unzähligen PCs erahnen lässt.
In dieser Kulisse der Coding School 42 Heilbronn bringen sich rund 200 Studierende selbst das Programmieren bei. Eine von ihnen ist Katharina Hammerschmidt. "Ich programmiere hier den ganzen Tag durch. Auf Dauer ist es schon recht anstrengend, so lange auf den Code zu gucken, aber da wächst man rein", erzählt die 29-Jährige. Nach ihrem Bachelor- und Master-Studium im BWL-Bereich wollte sie etwas lernen, das aktuell auf dem Arbeitsmarkt gebraucht wird und ist dann auf die Programmierschule aufmerksam geworden. Hier verbringt sie in etwa so viel Zeit wie in einem Vollzeit-Job.
Aufgaben sind wie Levels in einem Computerspiel aufgebaut
Anders als im Studium, erzählt Hammerschmidt, lerne sie hier sehr praxisnah: "Alles was ich lerne, muss ich im nächsten Projekt wieder anwenden." Dadurch dass die zu absolvierenden Aufgaben wie ein Computerspiel aufgebaut sind und man sich von Level zu Level arbeitet, fällt es ihr leicht, sich neues Wissen anzueignen. "Das Lernen passiert fast nebenbei und macht Spaß."
Kommt sie mal bei einem Code nicht weiter, kann sie auf die Unterstützung der anderen Studenten zählen. "Das Wichtigste für mich ist die Gemeinschaft hier. Ich kann jeden um Hilfe bitten, alle sind sehr hilfsbereit", sagt Hammerschmidt. "Auch wenn es schon mal eine bis zwei Stunden dauern kann, bis man ein Problem gelöst hat."
41 Nationen sind an der Programmierschule vertreten
Im Juni 2021 sind die ersten 120 Studentinnen und Studenten mit Katharina Hammerschmidt gestartet - Ende März sind noch etwa 100 weitere dazugekommen. Geschäftsführer Thomas Bornheim freut sich, dass mittlerweile 41 Nationen an der Coding School vertreten sind. "Es gibt uns unheimlich Energie, dass so viele Menschen aus unterschiedlichen Bereichen und Ländern dieses Modell so gut finden", erzählt er.
Ein Modell, das viele Besonderheiten hat: Es gibt keine Lehrkräfte oder Vorlesungen, das Studium basiert also auf selbstständigem Lernen und der gegenseitigen Unterstützung der Kommilitonen.
Ruhe- und Spieleräume gehören auch zum Konzept
Das Gebäude wird als "Space Ship", als Raumschiff, bezeichnet und steht 24 Stunden am Tag offen. Es gibt Ruhe- und Spieleräume, in denen die Studierenden sich austauschen, Spaß haben oder entspannen können.
Ein wenig nerdiges Computerspiel-Flair ist im Design der Programmierschule durchaus gewollt. Dennoch ist es Thomas Bornheim wichtig zu betonen, dass die 42 Heilbronn nicht nur Computer-Nerds anziehen will. Auch der Frauenanteil liegt mit rund 20 Prozent noch deutlich unter dem erklärten Paritätsziel. "Daran müssen wir noch weiter arbeiten", sagt Bornheim.

Während der Ausbildung, die etwa drei Jahre dauert, sind unterschiedliche Spezialisierungen möglich. Katharina Hammerschmidt ist zwar erst im ersten Jahr, hat aber schon Ideen, wie es danach weitergehen könnte: "Ich kann mir vorstellen in den Datenanalyse-Bereich oder in das IT-Projektmanagement einzusteigen."
Erstes Praktikum nach etwas mehr als einem Jahr
Einen offiziellen Abschluss wie Bachelor oder Master gibt es an der Programmierschule nicht. Bornheim ist dennoch sicher, dass die 42-Absolventen auf dem Arbeitsmarkt sehr gefragt sein werden. Nach durchschnittlich zwölf bis 15 Monaten an der Coding School geht es für die Studierenden in ihr erstes Praktikum. "Es gibt sehr viele Unternehmen, die sich schon offen gezeigt haben, Praktikantenstellen anzubieten", sagt Bornheim, "sowohl in der Region als auch deutschlandweit."
Am Montag, 4. April, wird die 42 Heilbronn offiziell eröffnet. Die erste 42-Programmierschule wurde 2013 in Paris gegründet. Weltweit gibt es mehr als 30 Standorte. Das Auswahlverfahren für Bewerber zieht sich über vier Wochen. Außer dem Mindestalter von 18 Jahren gibt es keine Zugangsbeschränkungen.