Schüler erscheinen nicht zur Praktikumswoche – Firmen warten oft vergeblich
Betriebe aus dem Raum Heilbronn ziehen eine durchwachsene Bilanz der bundesweiten Praktikumswoche. Zahlreiche vereinbarte Termine platzen, weil die Schüler nicht zum Schnupperpraktikum erscheinen.
Eine Woche lang an fünf Tagen in fünf Betriebe hineinschnuppern. Das können Jugendliche, die mindestens 15 Jahre alt sind, jeweils im Frühjahr und Herbst bei der bundesweiten Praktikumswoche. Die Beteiligung ist groß, im Bereich der IHK Stuttgart haben sich für die Herbstwoche rund 3700 Schüler angemeldet. Circa 2000 Unternehmen machten mit und boten Praktikumsplätze an.
Doch nicht für alle teilnehmenden Firmen – auch in der Region Heilbronn Franken – lief die Aktion bisher zufriedenstellend: Zahlreiche Schüler vereinbaren über das Portal "praktikumswoche.de" Tagespraktika, erscheinen dann aber nicht zum angegebenen Termin. Anders sah das etwa bei der davon unabhängigen Langen Nacht der Bewerber bei der Polizei aus.
Praktikumswoche: Zuteilung über Vermittlungsportal problematisch
Durchwachsen fällt die Bilanz der Firmen zur Praktikumswoche aus: "Wenn von 20 Anmeldungen am Ende einer übrigbleibt, der auch kommt, dann ist das doch sehr überschaubar", sagt Barbara Hoffer vom Schwaigerner Metallbaubetrieb Hoffer und Ryrich. "Aktuell haben wir zwar kein unentschuldigtes Fehlen im Rahmen der Praktikumswoche, aber unser Aufwand – etwa das Verteilen von Flyern in Schulen – ist angesichts des Ertrags eigentlich viel zu hoch", sagt Hoffer. Sie überlege deshalb, ob das Unternehmen weiterhin an der Aktion teilnimmt.
Ein grundsätzliches Problem sieht sie in der Zuteilung der Interessenten über das Vermittlungsportal. "Wir hatten zum Beispiel eine Anfrage von einem Mädchen, das zu uns wollte, um zu zeichnen. Da scheiterte es daran, dass sie keine Sicherheitsschuhe hatte", schildert Barbara Hoffer. Dass die auf dem Firmenareal vorgeschrieben seien, habe sie in der Tätigkeitsbeschreibung, die das Unternehmen für das Portal verfasst hat, ausdrücklich erwähnt – neben anderen Voraussetzungen, die es für ein Praktikum in einem Betrieb der metallverarbeitenden Industrie braucht.
Organisation der Praktikumswoche: Aufwand ist für Firmen höher als der Ertrag
"Ich frage mich, ob diese Beschreibungen überhaupt gelesen werden", so Hoffer. Denn das Unternehmen habe auch darauf hingewiesen, dass die Firma im Schwaigerner Ortsteil Niederhofen mit dem ÖPNV nicht optimal erreichbar ist. Einem Bewerber musste man absagen, weil allein seine Anfahrt für den Schnuppertag rund zwei Stunden gedauert hätte. "Grundsätzlich bringt es den Schülern schon etwas, wenn sie Einblicke in ein Unternehmen bekommen können", kann Hoffer der Praktikumswoche aber auch Gutes abgewinnen. Je nach Aufgabenspektrum der Firma sei ein Tag dafür aber auch recht knapp bemessen, findet sie.
Das sieht auch Martina Goldner, Pflegedienstleiterin der Evangelischen Sozialstation Eppingen, so: "Wir waren jetzt das erste Mal über das Portal dabei. Sonst bieten wir ja normale Schülerpraktika an, die mehrere Tage dauern", sagt Goldner. Letztere erscheinen ihr unterm Strich sinnvoller. "Dann können die Jugendlichen verschiedene Einblicke in den Pflegebereich erhalten. So ist es ja eher eine Momentaufnahme, wenn sie maximal fünf Stunden bei uns sind." Von zahlreichen Anmeldungen seien letztlich zwei Mädchen auch zum vereinbarten Termin erschienen, berichtet Goldner.
Schüler erscheinen nicht zur Praktikumswoche: Geplatzte Termine bringen Abläufe in Verzug
Da die Praktikanten die Mitarbeiter der Sozialstation bei ihren Touren begleiten, sei es ärgerlich, wenn ein verbindlich geplanter Termin platzt. "Die Kollegen warten, bis sie ihre Besuche beginnen können. Wenn dann jemand zu spät oder gar nicht kommt, verschiebt sich die Tour und wir kommen in Verzug." Die Vermittlung über das Portal erscheint der Pflegedienstleiterin "recht kompliziert", wie sie sagt. Offensichtlich müssten die Schüler auch keinen Nachweis liefern, dass sie den Praktikumstag wahrgenommen hätten. "Von uns hat bisher jedenfalls noch niemand eine Bestätigung verlangt."
Bei der IHK Heilbronn-Franken ist man nach wie vor davon überzeugt, dass das unverbindliche Hineinschnuppern in Unternehmen, deren Tätigkeitsfeld und Struktur ein entscheidender Aspekt für den Einstieg in eine berufliche Karriere ist. "Schließlich wird dabei ein persönlicher Kontakt zwischen Arbeitgebern und Schülern hergestellt. Man ist miteinander im Gespräch und kann ausloten, ob es passt", sagt Pressesprecher Andreas Lukesch.
Bei der Kammer sei das Problem bekannt, dass Jugendliche zu Praktikumstagen nicht in den Betrieben erscheinen. Auch die IHK vermittle zwar Praktika, bei Angeboten wie den Praktikumswochen habe man aber keine Handhabe, wenn sich Jungen und Mädchen vom Unterricht freistellen ließen, dann aber die Termine nicht wahrnehmen.
Praktikumswoche: Angebot in manchen Bereichen höher als Nachfrage
Auf Arbeitgeberseite beteiligen sich an der Aktion laut Lukesch mehrheitlich kleine und mittlere Unternehmen. Dabei sei das Angebot an Praktikumstagen in den IHK-Bereichen Metallverarbeitung, Elektronik und Anlagen sowie Verkauf und Handel höher als die von den Schülern nachgefragten.
Aus dem Kammerbezirk haben sich zur Herbst-Aktion bis zu dieser Woche 331 Schüler registriert, in den Pfingstwochen waren es am Ende 340. "Angefragt wurden 174 Praktikumstage", sagt Lukesch, 190 Stellen waren geschaltet worden. Die Zahl der angenommenen Praktikumstage liege derzeit mit 511 aber deutlich über dem Frühjahr. Rund um die Pfingstferien hatten die Schüler 351 Tage angenommen.
Einen Trend, Praktikumstage trotz Anmeldung nicht anzutreten, sieht man bei der IHK Heilbronn-Franken allerdings nicht. "Es ist natürlich schwer einzuordnen, ob junge Leute vermehrt nicht erschienen", sagt Andreas Lukesch. Neu sei das Phänomen allerdings keineswegs. "Das gab es früher auch schon."


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