Stimme+
Region
Lesezeichen setzen Merken

Park and Ride: So parken Pendler in der Region

   | 
Lesezeit  3 Min
Erfolgreich kopiert!

Entlang der Hauptbahnstrecken in der Region Heilbronn und in Hohenlohe gibt es mehrere Tausend Park-and-Ride-Stellplätze. Mal sind sie kostenlos, mal gebührenpflichtig. Experten bezweifeln, dass die Anlagen immer den gewünschten Effekt bringen.

Von Alexander Hettich
Der Park-and-Ride-Parkplatz am Heilbronner Hauptbahnhof ist gebührenpflichtig, oft parken Pendler in der Region aber kostenlos. Foto: Andreas Veigel
Der Park-and-Ride-Parkplatz am Heilbronner Hauptbahnhof ist gebührenpflichtig, oft parken Pendler in der Region aber kostenlos. Foto: Andreas Veigel  Foto: Veigel, Andreas

Mit der Bahn zur Arbeit oder mit dem Auto? Beides. Park-and-Ride-Parkplätze an den Bahnhöfen sollen helfen, die Verkehrsmittel zu vernetzen. Mehr als 100 solcher Anlagen mit rund 6000 Stellplätzen gibt es entlang der Hauptbahnstrecken in der Region. Experten bezweifeln indes, dass P+R in jedem Fall zu umweltfreundlicher Mobilität beiträgt.

Eppingen und andere sind großzügig

Beispiel Eppingen. Fast 200 Parkplätze gibt es direkt am Bahnhofsgebäude der Fachwerkstadt. Auch wer etwas später kommt, hat meist noch eine Chance. "Dann eben in der letzten Reihe", beobachtet Rathaussprecher Sönke Brenner, der die Auslastung auf 95 Prozent schätzt. Das verwundert kaum. Pendler parken hier kostenlos. Erst 2014 hat die Stadt 21 Plätze draufgesattelt und dafür das Gelände des Stadtbahnbetreibers Albtal-Verkehrsgesellschaft (AVG) genutzt. Während Eppingen zuletzt ein Parkhaus gebaut und die meisten Stellplätze in der Innenstadt mit Gebühr belegt hat, ist bei Park-and-Ride die Linie klar: "Es bleibt kostenlos", sagt Sprecher Brenner.

Das ist bei vielen vergleichbaren Anlagen in der Region der Fall. Ob in Weinsberg, Bad Rappenau oder in Heilbronn am Sülmertor: Hier stellen Pendler ihre Autos gratis ab, bevor sie in die Bahn steigen. Dasselbe gilt an vielen kleineren Bahnhöfen der Region. In Lauffen, Kirchheim am Neckar, an den Bahnhöfen in Bad Friedrichshall, Heilbronn und Neckarsulm und anderen Standorten ist der Service hingegen kostenpflichtig. Das Monatsticket in Heilbronn kostet etwa 80 Euro, auch stundenweises Parken ist möglich. Für Heilbronn nennt der Betreiber Contipark, Partnerunternehmen der Deutschen Bahn, auf Nachfrage keine Auslastungszahlen.

Mehr zum Thema: Der Verband Region Stuttgart will Pendlerparkplätze an der Tarifgrenze in Kirchheim pachten und kostenlos anbieten. Die Gemeinde reagiert reserviert.

 

Komplette Aufstellung liegt nicht vor

Das Bild ist uneinheitlich, eine komplette Aufstellung gibt es nicht. "Es gibt sehr viele unterschiedliche Betreiber", erläutert Thomas Tiselj, Sprecher des Heilbronner-Hohenloher-Haller Nahverkehrs (HNV). Der Verbund hat sich auf seiner Homepage zumindest an einer Aufstellung versucht. Nimmt man Zentren in Nachbarlandkreisen wie Bretten, Sinsheim und Schwäbisch Hall dazu, stehen Pendlern mehr als 6000 P+R-Plätze zur Verfügung, die meisten davon kostenlos. Dazu gibt es mehrere Hundert Fahrradstellplätze, aber nur wenige in abschließbaren Boxen. Vorn dabei im Region-Ranking ist hier Heilbronn schon mit 42 sicheren Verwahrplätzen für Zweiräder.

Vor dem Hintergrund der Dieselfahrverbote hat der Verband Region Stuttgart eine P+R-Offensive ausgerufen, steckt rund 2,6 Millionen Euro in den Ausbau der Anlagen rund um die Landeshauptstadt, übernimmt kommunale Stellplätze in Eigenregie und bietet sie günstiger oder kostenlos an.

Regionalverband und Landkreis für Ausbau

Ein solches Konzept steht in der Region Heilbronn aus. "Das ist ein Zukunftsthema, das sicher auf die Tagesordnung kommt", erwartet Christof Krämer, stellvertretender Direktor beim Regionalverband Heilbronn-Franken. Dafür sei aber zunächst eine Grundlagenuntersuchung nötig, außerdem wolle man die Erfahrungen in der Region Stuttgart abwarten. "Da sind auch sehr viele Hürden zu nehmen", weiß Krämer. Für den Landkreis Heilbronn ist der Ausbau erklärtes Ziel.

"Wir unterstützen die Gemeinden und sensibilisieren sie dafür, dass an allen Knoten P+R-Plätze angeboten werden", erläutert Manfred Körner, Sprecher des Landratsamts. Doch ist der Mix von Auto und Bahn immer erstrebenswert. "Ich sehe das zwiespältig", hat Matthias Lieb Vorbehalte. Der Landesvorsitzende des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) nennt das Beispiel von Vaihingen an der Enz, das an der Grenze zweier Tarifgebiete liegt und mit einer P+R-Anlage aufwartet. "Das hat eine große Anziehungskraft", weiß Lieb, "die Fahrgäste fahren dann eben mit dem Auto statt mit dem Bus zum Bahnhof, obwohl die Busfahrt vielleicht in ihrem Ticket inklusive wäre." Auch der Flächenverbrauch sei problematisch.

Der VCD-Vorsitzende bezweifelt, ob die Alles-Kostenlos-Strategie bei Park and Ride sinnvoll ist. Vor allem an Tarifverbundgrenzen werde zusätzlicher Verkehr angelockt. Das ist genau die Befürchtung, die Kirchheim am Neckar hegt.

Wissenschaftler: P+R kann auch mehr Verkehr bringen

Park and Ride kann Fluch und Segen sein. Das zeigen auch wissenschaftliche Erkenntnisse. Eine Studie aus niederländischen Großstädten legt nahe, dass durch P+R-Anlagen ein beträchtlicher Teil des Verkehrs vom öffentlichen Nahverkehr aufs Auto verlagert wird. Von "erwünschten und unerwünschten Eigenschaften" spricht Professor Markus Friedrich, Lehrstuhlinhaber für Verkehrsplanung und Verkehrsleittechnik an der Universität Stuttgart.

Umsteiger, die P+R nutzen, absolvierten zwar nur rund ein Prozent aller Wege im täglichen Verkehrsfluss, absolut kommen in Ballungsräumen aber einige Zehntausend Kilometer täglich zusammen. Ein Effekt von Park and Ride: Autos bleiben vielleicht den belasteten Metropolen fern, kleinere Orte bekommen mitunter mehr Verkehr ab, so Friedrich: "Das ist ein klassischer Zielkonflikt."

Regionale Übersicht

Der Verkehrsverbund hat auf seiner Internetseite www.h3nv.de eine Übersichtskarte mit regionalen P+R-Anlagen zusammengestellt - ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

 

 

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
  Nach oben