OB Mergel will Heilbronn noch näher an den Neckar holen
Nicht nur die Bundesgartenschau hat Heilbronn stark verändert. Harry Mergel will am Ball bleiben. Im Interview kündigt er neue Veränderungen für die Stadt an. Darunter sind ein Parkhaus, ein großes Fest und eine neu gestaltete Neckarpromenade.

Ein Jahr lang drehte sich fast alles in der Stadt um die Bundesgartenschau - und sie wurde ein Erfolg. Jetzt will der Oberbürgermeister den Schwung für neue Projekte nutzen. Dabei hat er einige ganz konkret im Blick, wie er im Interview mit unserer Redaktion verrät.
Ein kurzer Blick zurück: Was war Ihr schönstes Erlebnis auf der Buga?
Harry Mergel: Da gab es so viele, da kann ich gar kein einzelnes herausgreifen. Wunderbar war, wie sich die Heilbronner für ihre Buga engagiert, begeistert und mit ihr identifiziert haben.
Wie kann man diese Stimmung in der Stadt erhalten?
Mergel: Die Buga hat dazu geführt, dass die Menschen vieles in der Stadt stärker wertschätzen als vorher. Abertausende haben mit dem neuen Wohnquartier und dem Erholungsraum Neckarbogen geflirtet. Jetzt haben wir die einmalige Chance, dass daraus eine langfristige Liebesbeziehung wird. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich sehe, wie viele Menschen am Wochenende dort spazieren gehen. Das geplante Neckarfestival am ersten Juli-Wochenende wird eine gute Gelegenheit, dort noch einmal Buga-Feeling zu spüren.
Gibt es bereits genauere Pläne?
Mergel: Ein Buga-Ersatz kann es nicht werden. Aber wir werden die neu gewonnenen Areale am Neckar mit Freude bespielen. Eine zentrale Rolle wird die Experimenta einnehmen, die durch Laser illuminiert wird. Darüber hinaus wird es viele sportliche und fröhliche Wettbewerbe geben.
Und was bleibt im Alltag?
Mergel: Wir müssen jetzt am Ball bleiben. Zum Beispiel am Neckar. Ich lasse gerade im Rahmen eines Wettbewerbs prüfen, wie wir das Ostufer der Neckarpromenade zwischen Theaterschiff und Götzenturmbrücke umgestalten können. Der Fluss soll auch hier erlebbar werden. Damit denken wir auch die Buga konsequent weiter.
Zur Person
Harry Mergel (63) ist seit 2014 Oberbürgermeister der Stadt Heilbronn. Der Diplom-Verwaltungswirt und Handelsschulrat wuchs in Heilbronn auf. Von 1989 bis 2005 saß er für die SPD im Gemeinderat und wurde dann zum Sozial- und Kulturbürgermeister gewählt. Mergel ist verheiratet und hat zwei Kinder.
Vor einem Jahr haben Sie angekündigt, es werden innerhalb eines Jahres 1000 neue Wohnungen in der Stadt fertiggestellt. Ging der Plan auf?
Mergel: Auch wenn Zahlen noch nicht vorliegen, gehe ich davon aus, dass wir das Ziel erreicht haben.
Damit rückt die 130.000-Einwohner-Grenze näher. Wie geht es weiter auf dem Wohnungsmarkt?
Mergel: Ohne Atempause. Im Neckarbogen steht der nächste Bauabschnitt an, am Nonnenbuckel entstehen 500 Wohneinheiten, am Kirschengarten 150, um nur die wichtigsten Baugebiete zu nennen.
Trotzdem steigen die Mieten.
Mergel: Bei Neu-Vermietungen, ja. Bei Bestandsmieten kaum. Deshalb bin ich auch froh, dass wir mit der Stadtsiedlung ein strategisches Instrument haben, mit dem wir steuernd eingreifen können. Dadurch können in Heilbronn auch Menschen mit mittlerem und niedrigem Einkommen eine Wohnung finden.
Thema Verkehr: Der ICE hält im Sommer noch einmal für einige Monate. Wie kann die Stadt die Chance nutzen, noch mehr einzufordern?
Mergel: Erst einmal hoffe ich, dass alle Menschen aus der Region diesen ICE nutzen, damit wir für die Zukunft gute Argumente haben. Denn wir werden aus der Region heraus alle Anstrengungen unternehmen, um gegenüber der Bahn unseren Wunsch deutlich zu machen, einen Intercityanschluss schon vor 2028 nach Heilbronn zu bekommen.
Wollen Sie eigentlich explizit weg vom Image der autogerechten Stadt?
Mergel: Über das Thema Verkehr will ich intensiv diskutieren - wie ich es auch schon bei den Bürgerversammlungen getan habe. Denn wie in allen großen Städten in Deutschland haben auch wir in Heilbronn zu den Hauptverkehrszeiten signifikante Verkehrsbehinderungen. Es gibt ein Kapazitätsproblem. Da können wir noch manches optimieren, sowohl beim ÖPNV, beim Fahrradverkehr als auch bei Ampelschaltungen. Ohne dass die Menschen aber ihr Mobilitätsverhalten ändern, wird das alles wenig nützen.
Also wollen Sie weg von der autogerechten Stadt - oder nicht?
Mergel: Das ist für eine Stadt, die eng mit dem Automobil verbunden ist, das falsche Ziel. Natürlich muss der Verkehr in den Städten neu gedacht werden und der Mobilitätsmix sich verändern.
Ist kostenloser ÖPNV im Stadtkern für Sie attraktiv? Augsburg macht bereits es vor.
Mergel: Mit dem HNV haben wir das an den Samstagen in der Vorweihnachtszeit ausprobiert, der Gemeinderat wird über eine Fortsetzung entscheiden. Kapazitätsengpässe im Straßenverkehr beseitigt man damit allerdings nicht. Das hat der Versuch im Dezember gezeigt.
Einzelhändler haben Bedenken, dass ihre Kundschaft nicht mehr problemlos in die Stadt findet. Sie machen das auch fest an der Neuen Kranenstraße, die jetzt nicht kommt.
Mergel: 2019 hat gezeigt, dass wir die Neue Kranenstraße so dringend brauchen wie eine dritte Schulter. Der Verkehr ist trotz Buga und neuer Experimenta optimal gelaufen. Die Hafenstraße ist zudem schon heute eine Alternative zur Gerberstraße, und sie wird das erst recht sein, wenn die Paula-Fuchs-Allee im Neckarbogen an die Hafenstraße angebunden ist. Dazu kommt, dass wir rund um die Innenstadt einen Ring von Parkhäusern anbieten, die teilweise noch Kapazitäten frei haben. Wir prüfen, in diesem Ring weitere Parkflächen zu schaffen.
Wo und wann?
Mergel: Derzeit überlegen wir, ein Parkhaus auf dem Parkplatz an der Theresienwiese zu bauen, das die Stadtwerke betreiben könnten. Die Berufsschulen und der Telefunkenpark dort brauchen Parkraum. Außerdem gibt es Bushaltestellen und damit eine gute Anbindung an die Innenstadt. Im Laufe des Jahres soll die Entscheidung fallen.
Die Saarlandstraßenpläne liegen auf Eis. Wollen Sie nicht noch einmal Druck machen beim Land?
Mergel: Prinzipiell stehen wir zu den Plänen. Die Frage, ob wir uns diesen finanziellen Kraftakt in den 20er Jahren leisten wollen, muss der Gemeinderat in den kommenden Haushaltsberatungen diskutieren.
Könnte die Stadt es sich leisten?
Mergel: Es sieht so aus, als ob wir im laufenden Jahr mit Rekord-Steuereinnahmen rechnen können. Wir sind uns aber zahlreicher Risiken bewusst, wie Preissteigerungen im Bausektor sowie mögliche konjunkturelle Einbrüche in wichtigen Branchen. Insgesamt lässt sich die wirtschaftliche Entwicklung allerdings nicht einmal mittelfristig vorhersehen. Außerdem planen wir weitere Großprojekte, zum Beispiel die Bebauung des Reim-Areals hinter dem Rathaus. Dort könnte ein Mix aus Wohnen, Büro und Einzelhandel sinnvoll sein, dazu Räume für bisher ausgelagerte Teile der Stadtverwaltung. Uns ist es wichtig, an dieser Stelle eine städtebaulich attraktive Lösung realisieren.
Keine Markthalle?
Mergel: Wenn es in Heilbronn einen Bedarf für eine Markthalle geben würde, hätten wir längst eine. Im Käthchenhof, im Wollhaus oder an anderer Stelle. Mir würde es besser gefallen, unseren Wochenmarkt noch attraktiver zu machen - häufiger und mit mehr Angebot.
Wo stehen wir beim Wollhaus?
Mergel: Jede öffentliche Äußerung führt dazu, dass das Projekt schwieriger wird. Deshalb halte ich mich zurück.
Vor zehn Jahren gab es noch keinen Bildungscampus, jetzt ist Heilbronn Universitätsstadt. Wie verändert der Campus die Stadt in den nächsten zehn Jahren?
Mergel: Das ist für mich die nachhaltigste Veränderung, die sich im Moment vollzieht. Es ist auch die Basis dafür, Innovation und Transformation zu ermöglichen. Wir haben ja eine starke traditionelle Wirtschaft mit Automobil, Zulieferern, Maschinenbau und Logistik. Was wir brauchen, sind mehr High-Tech- und Zukunftsunternehmen, wie wir sie zum Beispiel im Telefunkenpark und im Zukunftspark Wohlgelegen bereits haben. Der starke Hochschulbereich wird ergänzt durch den Forschungsbereich mit Ferdinand-Steinbeis-Institut und Fraunhofer-Institut - und vielleicht gibt es auch bald ein Max-Planck-Institut in der Stadt. Wenn es gelingt, dies alles mit den Entwicklungsabteilungen der Unternehmen zu vernetzen, dann ist mir vor der Zukunft nicht bang.
Wo wächst der Campus weiter?
Mergel: Voraussichtlich auf dem Werft-Gelände des Wasserwirtschaftsamts, das dann einen Platz etwas weiter flussabwärts bekommen könnte.
Was tut sich jetzt auf der Inselspitze nach dem Abbau des One-Man-House? Ein neues Kultur-Eck?
Mergel: Das One-Man-House wird auf absehbare Zeit dort bleiben. Die Inselspitze wird mit kulturellen und gastronomischen Angeboten ein begehrter Wohlfühlort sein.
Am 11. Februar werden Sie 64. Treten Sie 2022 mit dann 66 Jahren noch einmal an?
Mergel: Das werde ich im Sommer 2021 entscheiden. Sollte ich antreten und gewählt werden, dann wäre ich am Ende meiner Amtszeit so alt wie unser Ministerpräsident, wenn er sich 2021 erneut zur Wahl stellt. So viel zum Alter...
Plan für Obere Neckarstraße
Oberbürgermeister Harry Mergel verrät im Gespräch mit unserer Redaktion, dass das Neckarufer an der Oberen Neckarstraße zwischen Marra-Haus und Götzenturmbrücke neu gestaltet werden soll. Nach Vorstellung der Verwaltung sollte sich die Maßnahme für rund zwei Millionen Euro realisieren lassen. "Es könnten dort Neckarterrassen entstehen und wir werden sehen, wie auch eine Lösung für die Radfahrer integriert werden kann", erläutert der OB. Die gestalterischen Vorschläge werden in den nächsten Wochen erwartet, der Gemeinderat beschäftigt sich damit Anfang Februar.
Grundstück für Großsporthalle
Der Bau einer Großsporthalle bleibt weiterhin eine Option. "Ich finde die Entwicklung im Eishockey sehr erfreulich", sagt Oberbürgermeister Harry Mergel. "Wir haben dort ein professionelles und erfolgreiches Management. Ein Aufstieg in die DEL ist nicht ausgeschlossen." Wenn es jemanden gebe, der eine Halle realisieren möchte, dann würde die Stadt das Grundstück am Frankenstadion "mit einbringen" - sprich: kostenlos zur Verfügung stellen. "Das würde dort auch zum Parkhaus passen, das dort angedacht ist", sagt der OB. Ausgeschlossen sei, dass die Stadt als Investor auftritt.