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Neugeborenes ausgesetzt: Mutter ist wegen versuchten Totschlags angeklagt

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Ein aufwühlender Fall beginnt am Heilbronner Landgericht. Eine 21-Jährige soll ihr Baby an einem Feldweg abgelegt haben. Es erlitt innere Blutungen, wurde gerade noch gerettet. Handelte die Mutter in einem Ausnahmezustand?

von Carsten Friese
An diesem Feldweg bei Hessental soll die junge Mutter ihr Baby in einer Wanne ausgesetzt und allein gelassen haben. Jetzt steht sie vor Gericht.
An diesem Feldweg bei Hessental soll die junge Mutter ihr Baby in einer Wanne ausgesetzt und allein gelassen haben. Jetzt steht sie vor Gericht.  Foto: Kerstin Vlcek

War es eine Kurzschlussreaktion aus völliger Überforderung? Oder eine emotionslose, kühle Tat, um sich eines "Problems" mit einem unerwünschten Baby zu entledigen? Wenn am heutigen Freitag vor dem Heilbronner Landgericht ein Prozess gegen eine junge Mutter beginnt, sorgt allein schon der Inhalt der Anklage für Gänsehaut.

Gefährliche Kuhmilch

Anfang September 2021 soll die 21-Jährige ihrem neugeborenen Sohn unverträgliche, für Babys gefährliche Kuhmilch verabreicht und ihn dann in einer Kunststoffwanne an einem Feldweg in Schwäbisch Hall-Hessental abgelegt haben. Die Kuhmilch habe zu lebensgefährlichen inneren Blutungen bei dem Baby geführt. Nur, weil eine Passantin auf die Wanne aufmerksam wurde und die Rettungskräfte alarmierte, habe das Neugeborene überlebt, steht in der Prozessvorschau.


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Versuchter Totschlag am eigenen Kind lautet die Anklage. Die Mutter habe ihr Baby seinem Schicksal überlassen und seinen Tod "billigend in Kauf genommen", wirft die Staatsanwaltschaft ihr nach Angaben des "Haller Tagblatts" vor.

Windeln, Schnuller und Milch lagen in der Wanne beim Baby

Doch ganz so glasklar scheint die Faktenlage nicht zu sein. In der Wanne fanden Ermittler Babywindeln, Schnuller und ein Fläschchen Babymilch - ein Zeichen, dass die Mutter offenbar für eine erste Weiterversorgung des Kindes sorgen wollte. Nach Stimme-Informationen hat sie zwar die groben Abläufe eingeräumt. Sie hatte sich rund einen Monat nach der Tat bei der Polizei gestellt. Offenbar hat sie aber bestritten, dem Kind Kuhmilch gegeben zu haben. Ein Motiv für die Tat wird die 21-Jährige wohl im Prozess nennen. Nach Stimme-Erkenntnissen hat sie bereits ein anderes Kind, das sie im Teenageralter bekam.

Der Vater des abgelegten Babys ist bekannt, er ist in dem Prozess als Zeuge geladen. Nach wie vor soll er der Partner der Angeklagten sein. Da er nicht ebenfalls angeklagt ist, legt es den Schluss nahe, dass er in die Handlung offenbar nicht eingeweiht war.

Es gibt Berichte, dass das zweite Kind eine Art Sturzgeburt ohne große vorherige Schwangerschaftsanzeichen gewesen sein soll. Es kam nicht in einer Klinik zur Welt. Ob dies der Wahrheit nahekommt, soll die Verhandlung vor dem Landgericht zeigen. Ein Rechtsmediziner und ein psychiatrischer Gutachter werden das Verfahren als Sachverständige begleiten.

Mutter sitzt seit Oktober im Gefängnis, das Neugeborene ist in einer Pflegefamilie

Seit Oktober sitzt die 21-Jährige in Untersuchungshaft. Ihr neugeborener Sohn ist über das Jugendamt in eine Pflegefamilie zur Obhut übergeben worden. Das zweite Kind lebt derzeit bei der Großmutter.

Die Angeklagte sei keine Rabenmutter und auch nicht gefühlskalt, stellt Verteidigerin Anke Stiefel-Bechdolf auf Anfrage fest. "Sie hat nicht in Tötungsabsicht gehandelt", ist sie überzeugt. Ihre Mandantin habe sich "in einem absoluten Ausnahmezustand" befunden, der nachvollziehbar werde, wenn man ihre Entwicklungsgeschichte seit ihrem 14. Lebensjahr kennt. Der Prozess ist bisher auf fünf Verhandlungstage bis Mitte April angesetzt.

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