Neckarsulmer hilft Erdbebenopfern in der Türkei
Spontan fliegt Cuma Ulucay aus Neckarsulm ins türkische Katastrophengebiet. Er mietet ein Auto und belädt es mit Lebensmitteln und Heizstrahlern. Was er beim Verteilen der Hilfsgüter erlebt.

Cuma Lemi Ulucay kennt einige der vom verheerenden Erdbeben betroffenen Städte von früheren Besuchen. Die Menschen seien herzlich. Er fühle sich dort wohl. Der 47-jährige Neckarsulmer will helfen. Spontan fliegt er hin. Im Katastrophengebiet angekommen, stellt Ulucay fest: Hilfe auf eigene Faust leisten zu wollen, entpuppt sich als kompliziert. Er rät von unvorbereiteten und unorganisierten Aktionen ab. Auch offizielle Hilfsorganisationen appellieren, lieber Geld zu spenden.
Mit drei Verwandten unterwegs
Freitag vor einer Woche ging Ulucays Flug von Frankfurt am Main nach Ankara. Mit dem Bus sei er weiter nach Gaziantep gefahren. "Davor hatte ich schon Geld gespendet." In der Türkei hebt er einen größeren Betrag von seinem Konto ab, kauft Hilfsgüter, insbesondere Heizstrahler, und lädt die Fracht in ein Mietauto. Unterstützung erfährt Ulucay von drei Verwandten, die in der Türkei leben. Deren Ortskenntnisse sind Gold wert.
Am Straßenrand liegen Berge von Kleidern
"Die Städte sind voll", beschreibt Ulucay die große Menge an Hilfsgütern. Er sieht entsorgte Sachspenden am Straßenrand. "Ich habe Berge von Kleidung und Essen gesehen", welche unkontrolliert an Straßenrändern abgeladenen wurden. Voll beladene Lkw hielten irgendwo an und wüssten nicht, welche Stellen Spenden annehmen. Helfer vor Ort wüssten kaum wohin mit all den Sachen.

In Städten wie Kahramanmaras und Gaziantep gebe es Hilfsgüter "im Überfluss". Einige Restaurants seien geöffnet und verteilten kostenlos Essen. Die Supermärkte seien geplündert worden. In Verteilzentren erhielten die Bewohner Früchte, Wasser und Lebensmittel.
Keine ungehinderte Durchfahrt
Das Erdbebengebiet hat einen Umkreis von etwa 400 Kilometern. Die schiere Größe erschwert das Helfen. "In kleineren Städten und Dörfern kommt nichts an", sagt Ulucay. Einige Straßen seien unpassierbar. Manche Gegenden seien abgeriegelt. Helfer kommen nicht ungehindert voran. Es ist ein Versuch der Verantwortlichen, die unorganisierten Sachspenden und Hilfen in Bahnen zu lenken.
Ulucay und seine Verwandten machen durch deren Ortskenntnisse gezielt Hilfebedürftige aus. Sie bringen die Güter zu einer Schule und an eine Universität, erzählt der Neckarsulmer. Ohne die Unterstützung von seinen Angehörigen wäre es schwierig geworden, räumt er ein.
Es herrschen große Not und Verzweiflung
In der unübersichtlichen Lage bleiben Frustmomente nicht aus. Nachts um halb eins sei er auf eine Frau getroffen. Sie habe um Essen gebeten. Ulucay hat keine Lebensmittel mehr übrig. Not und Verzweiflung herrschen. "Sie weinte", sagt Ulucay, "ich habe mitgeweint."
Kontakt zu Hilfsorganisationen aufnehmen
Trotz der Erfahrung plant der Neckarsulmer eine erneute Reise ins Erdbeben-Gebiet. Dieses Mal werde er sich gut vorbereiten. Von hier aus wird er im Vorfeld Gespräche mit Organisationen in der Türkei führen. Er will besprechen, wie sich die Hilfe am besten bewerkstelligen lässt. "Man sollte sich vorab gut informieren und mit Organisationen Kontakt aufnehmen", rät er auch allen anderen. Er nennt das türkische Ministerium für Notfall- und Katastrophen-Management und den Verein Ahbap, der sich um Geld- und Sachspenden für Menschen in Not kümmert.


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