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Nachhaltige Mode: Nische oder Trend?

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Umweltfreundliche Produktion ist bei Kleidung noch kein entscheidendes Kaufkriterium. Eine neue repräsentative Studie der DHBW Heilbronn zeigt, welche Gründe das haben könnte.

von Annika Heffter
Vielen Menschen ist die Suche nach nachhaltiger Kleidung im Laden zu aufwendig, auch wenn sie gerne umweltfreundlich produzierte Ware kaufen würden. Auch der Preis spielt weiterhin eine große Rolle beim Shoppen.
Foto: terovesalainen/stock.adobe.com
Vielen Menschen ist die Suche nach nachhaltiger Kleidung im Laden zu aufwendig, auch wenn sie gerne umweltfreundlich produzierte Ware kaufen würden. Auch der Preis spielt weiterhin eine große Rolle beim Shoppen. Foto: terovesalainen/stock.adobe.com  Foto: terovesalainen_stockadobecom

Woher kommt das, was ich kaufe? Wie wurde es hergestellt, welche Stoffe wurden dafür benutzt und wie lang und kompliziert war der Transportweg? In Bezug auf die Modebranche sind solche Fragen noch eher selten. Das zeigt eine neue repräsentative Studie der DHBW Heilbronn. Nur rund neun Prozent der Befragten geben in einer offenen Frage an, beim Kleiderkauf auf faire oder ökologische Produktion zu achten. Professor Oliver Janz, der die Studie zusammen mit Laura Dallmann durchgeführt hat, erklärt, was die Zahlen bedeuten.

Preis, Design und Form sind wichtige Kriterien

"Allgemein hat das Thema Nachhaltigkeit stark an Fahrt aufgenommen", sagt der Leiter des Studienangebots Textilmanagement. "Es ist aber noch nicht im Bewusstsein beim konkreten Kleidungskauf angekommen." Auswahlfaktoren wie Preis, Design, Material und Passgenauigkeit sind für die Studien-Teilnehmer die vier wichtigsten Kriterien beim Shopping.

Auf eine Ankreuz-Frage antworten schon mehr, nämlich je etwa die Hälfte der Befragten, dass ihnen umweltfreundliche oder faire Produktion von Kleidungsstücken wichtig sei. "Das Problem ist, dass die Menschen bei vorgegebenen Antwortmöglichkeiten gerne die sozial erwünschten Punkte auswählen. Das haben wir durch die offenen Fragen versucht, so weit wie möglich auszuschließen", sagt Janz.

84 Prozent kennen kein Textil-Nachhaltigkeits-Siegel

Interessant, berichtet er, sei auch, dass viele Menschen keine Textilsiegel oder Zertifikate kennen, die für Nachhaltigkeit stehen. 84 Prozent können in einer offenen Frage kein einziges Nachhaltigkeits-Siegel benennen, etwa die Hälfte kennt kein Unternehmen, das sie besonders mit nachhaltiger Kleidung in Verbindung bringen würde.

Woran liegt es, dass die Menschen im Vergleich zu anderen Lebensbereichen beim Kleidungskauf noch nicht wirklich über das Thema Nachhaltigkeit nachdenken? Natürlich seien da die Kunden, die durch ihre Nachfrage den Markt in eine bestimmte Richtung lenken könnten.

Mehr noch sieht Janz die Verantwortung aber bei der Industrie und beim Handel. "Was die Industrie angeht, sollte es Standards geben, die überall gelten. Also zum Beispiel ein einheitliches, einfaches und international gültiges Siegel, das die Konsumenten kennen und dem sie vertrauen", sagt er.

 

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"Bio-Ecken" wie im Supermarkt auch in Kleiderläden?

Und die Händler? "Wenn es in einem Laden eine Zusammenführung von nachhaltiger Mode auf der Verkaufsfläche gibt, also eine Art ?Bio-Fläche", dann ist es für den Kunden leichter, diese Kleidung zu finden", erklärt Janz. Immerhin hätten insgesamt fast 70 Prozent der Befragten in der Umfrage angegeben, nachhaltige Mode sei nicht erkennbar oder zu aufwendig zu finden.

Über solche "Bio-Flächen" haben manche Mode-Geschäfte in der Region auch schon nachgedacht. Zum Beispiel das Modehaus Kohfink in Heilbronn. "Vor Corona waren wir an dem Thema dran und haben über eine nachhaltige Ecke nachgedacht", heißt es dort. "Es findet ein großes Umdenken statt, etwa bei den Lieferanten. Allerdings muss die nachhaltige Mode auch gefallen." Auch Oliver Spiess möchte sein Modehaus in Eppingen erst einmal so gut wie möglich aus der Corona-Krise herausbringen.

Oliver Janz Foto: privat  Foto: privat

Auch er hat prinzipiell nichts gegen eine "Bio-Fläche" im Laden, auch wenn es sie bei ihm noch nicht gibt. "Die Nachfrage bestimmt das Produkt, danach richten sich auch die Unternehmen. Und die Nachfrage nach nachhaltiger Kleidung wird in den nächsten Jahren zunehmen", sagt Spiess.

Zu viele Begriffe mit unterschiedlichen Bedeutungen

Die Anzahl der Siegel findet das Modehaus Bolz hinderlich. "Wir müssen uns mit vielen unterschiedlichen Labeln und Begriffen beschäftigen", sagt Carl Bolz. Es gebe zum Beispiel die Begriffe Organic Cotton, umweltfreundlich, recycelt, die Siegel Grüner Knopf, GOTS, Fairtrade und so weiter. Das erschwere die Aufklärung der Konsumenten. "Die Branche hat eine gewaltige Baustelle vor sich", resümiert Oliver Janz. Er sieht das aber auch positiv: "Es gibt hier die Chance, sich als Erster wirklich zu positionieren und zum Beispiel als nachhaltige Marke bekannt zu werden."


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