Nach sieben Jahren drehen sich die drei Windräder auf Obersulmer und Bretzfelder Gemarkung
Die Bürgerwindpark Hohenlohe GmbH realisiert das Projekt für rund 21 Millionen Euro. Der Geschäftsführer Benjamin Friedle beschreibt, warum ein solches Vorhaben so lange dauert und was die Hemmnisse sind.

Man sieht sie schon von weitem. Die Rotoren der drei neuen Windräder auf Obersulmer und Bretzfelder Gemarkung drehen sich. Damit erzeugen in den Löwensteiner Bergen nun fünf Anlagen Strom. Sieben Jahre sind ins Land gezogen, bis der Bauherr und Betreiber, die Bürgerwindpark Hohenlohe GmbH, das 21 Millionen Euro teure Projekt realisiert hat. Bisher ein normaler Zeitrahmen. Land und Bund wollen diesen deutlich reduzieren. Der Ausbau der Windenergie muss schneller vorankommen, will man die Klimaschutzziele erreichen. Benjamin Friedle weiß, woran es hapert und was geändert werden müsste.
Standort wurde 2015 frei gegeben
Im Mai 2015 bekam der Bürgerwindpark Hohenlohe, dessen Geschäftsführer Friedle ist, von Forst BW grünes Licht, das Projekt im Staatswald zu planen. Es folgten Windmessungen, Artenschutzuntersuchungen und die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung, ehe 2018 der fast 130 Ordner starke Genehmigungsantrag bei den Landratsämtern Heilbronn und Hohenlohe eingereicht wurde. Nach der öffentliche Auslegung und dem Erörterungstermin für die drei Einwendungen von Naturschutzverbänden flatterte im Januar 2020 die Genehmigung ins Haus, im Februar der Zuschlag für die Einspeisevergütung von 7,5 Cent pro Kilowattstunde. Im Sommer 2020 starteten die Ausgleichsmaßnahmen, im Herbst begann die Rodung der 3,2 Hektar. Die Fundamente der Türme wurden im Juli 2021 gegossen, Ende November war die Montage beendet.
Friedle ist froh, dass es nur wenige Einwendungen gegen das Projekt gab. Da hat er schon ganz andere Erfahrungen gemacht. Das führt er darauf zurück, dass Obersulm und Bretzfeld hinter dem Vorhaben stehen und die Abstände zur Bebauung relativ groß seien. "Ein paar Leute haben gebruddelt, dass man die Windräder sieht", weiß er.
Bürgerbeteiligung nimmt viel Zeit in Anspruch
Die Bürgerbeteiligung bei der Windenergie bezeichnet er als Riesenthema. Drei Viertel der 203-seitigen Genehmigung des Landratsamts Heilbronn und der 136 Seiten aus Hohenlohe beschäftigten sich mit den drei Einwendungen. Jedes Argument müsse von der Genehmigungsbehörde und dem Antragsteller geprüft, Gutachten müssten teilweise ergänzt werden. Wenn der Gesetzgeber möchte, dass das Verfahren beschleunigt werde, müsse er sich mit der Bürgerbeteiligung auseinandersetzen, sagt Friedle. Er glaubt, dass Politikern gar nicht klar sei, dass es diese dann nicht mehr gebe könne. "Wir fordern die Abschaffung nicht, weil es aus gesellschaftlicher Sicht ein heikles Thema ist", betont Friedle. Er befürchtet, dass die Akzeptanz von Windrädern weiter sinken könnte.
Klimaschutz versus Artenschutz
Muss der Klimaschutz Vorrang vor dem Artenschutz haben? "Das ist die nächste Frage, mit dem sich der Gesetzgeber beschäftigen muss." Friedle denkt dabei etwa an die zeitaufwendige und teure Rast- und Zugvogelkartierung, dabei gebe es im Land doch gar keine nennenswerten Gebiete davon. "Wir brauchen Gutachten nicht in der Detailliertheit. Mit den aktuellen Regelungen wird es nicht gelingen, das Pariser Klimaschutzabkommen einzuhalten", ist der Bürgerwindpark-Geschäftsführer überzeugt.
Mindestens zwei Prozent der Landesfläche sollen für Windenergie und Photovoltaik-Freiflächenanlagen zur Verfügung gestellt werden. Das haben Grüne und CDU im Koalitionsvertrag vereinbart. "Es muss sich in der Praxis zeigen, wie scharf dieses Schwert ist", sagt dazu Friedle, der für die Grünen im Obersulmer Gemeinderat sitzt.
Fristen müssten eingehalten werden
Schneller vorangehen könnte es laut Friedle bei der Behördenbeteiligung, wenn auf die Fristen geachtet werde. Fast alle zu Hörenden ließen die Deadline verstreichen.
Während des Genehmigungsverfahrens für den Bürgerwindpark Bretzfeld-Obersulm änderte sich die Rechtslage für die Waldumwandlung in eineinhalb Jahren zweimal. "Dadurch mussten wir und die Behörde dreimal das Verfahren durchlaufen", schildert Friedle die Folgen. Im Ergebnis ging es gerade mal um 50 Bäume.
Laut Friedle sollte hinterfragt werden, ob die Kommunen und Verwaltungsverbände, bei denen viele Befindlichkeiten eine Rolle spielten, weiter über die Standorte entscheiden und nicht besser die Regierungspräsidien.
Luftfahrt verhindert Standorte
Betrachtet er den Wirkungsbereich des Bürgerwindparks Hohenlohe, stellt er fest, dass die zivile und militärische Luftfahrt durch die Größe der Bauschutzbereiche und Tiefflugzonen eine dreistellige Zahl von Windrädern verhindere.
Leistung und Ausgleichsmaßnahmen
Jedes der drei neuen Windräder hat eine Nabenhöhe von 164 Metern, einen Rotordurchmesser von 149 Metern und eine Höhe von 238,5 Metern. Sie sollen rund 35,9 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen. Damit könnten rund 9300 Privathaushalte versorgt werden.
Sechs Energiegenossenschaften und die Stadtwerke Schwäbisch Hall haben rund zwei Millionen Euro Kapital eingebracht, 1,25 Millionen Euro Bürger über Nachrangdarlehen, 750 000 Euro Bauherr und Betreiber, die Bürgerwindpark Hohenlohe GmbH, 17 Millionen Euro werden über Kredite finanziert. 1,6 der 3,2 Hektar gerodeten Fläche werden wieder aufgeforstet.
Die Ausgleichsmaßnahmen umfassen Ersatzaufforstungen im Jagsttal bei Schöntal und im Bernbachtal, 100 Nistkästen, 18 Tümpel für Gelbbauchunken und 390 000 Euro für den Eingriff ins Landschaftsbild an die Stiftung Naturschutzfonds. Der Abstand der Windräder zur nächsten Bebauung beträgt 940 Meter zum Wüstenroter Chausseehaus und 1400 Meter zum Obersulmer Friedrichshof.