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Mord in Löwenstein: Grausame Details beim Prozessauftakt

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Knapp zehn Monate nach der Tötung einer 59-Jährigen vor der Evangelischen Tagungsstätte Löwenstein muss sich der Ehemann wegen Mordes vor dem Landgericht Heilbronn verantworten - und schweigt. Doch eine Zeugin belastet den 63-Jährigen.

Von Helmut Buchholz
Emotionaler erster Verhandlungstag: Der angeklagte Georg M. wird von Justizwachtmeistern in den Großen Strafkammersaal des Heilbronner Landgerichts geführt. Er soll seine Ehefrau brutal ermordet haben.
Foto: Mario Berger
Emotionaler erster Verhandlungstag: Der angeklagte Georg M. wird von Justizwachtmeistern in den Großen Strafkammersaal des Heilbronner Landgerichts geführt. Er soll seine Ehefrau brutal ermordet haben. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Plastische, beeindruckende Zeugenaussagen, grausame Details in der Anklageschrift: Beim Prozessauftakt um das Tötungsdelikt vor der Evangelischen Tagungsstätte (ETL) in Löwenstein wird am Freitag vor dem Heilbronner Landgericht die Dramatik des ganzen Geschehens deutlich.

Die Staatsanwaltschaft wirft Georg M. (63) vor, seiner von ihm getrennt lebenden Ehefrau (59) im März 2017 auf dem ETL-Parkplatz am Lieferanteneingang aufgelauert und sie mit einem Messer "heimtückisch getötet" zu haben. Staatsanwalt Christoph Meyer-Manoras spricht von neun Stich- und fünf Schnittverletzungen.

Angriff ohne Gegenwehr

Die Ehefrau arbeitete im Service der Evangelischen Tagungsstätte, ging nach Feierabend gegen 21.30 Uhr zu ihrem Auto. Als sie die Fahrertür öffnete, habe sie nicht mit einem Angriff gerechnet, "sie war zu keiner Gegenwehr in der Lage". Als ein Tagungsgast die Hilfeschreie der Frau hörte und herbeieilte, sei der Ehemann geflüchtet. Die Frau habe sich noch einige Meter hingeschleppt, sei dann zusammengebrochen und verblutet.

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Als Motiv gibt der Staatsanwalt an, dass sich die 59-Jährige endgültig von ihrem Mann trennen wollte, sie hatte einen neuen Lebensgefährten. "Die Trennung und das Gefühl, die Ehefrau zerstört die gemeinsame Familie, war für den Angeklagten unerträglich", sagt Meyer-Manoras. Sohn und Tochter des Ehepaares − beide erwachsen − sitzen als Nebenkläger im Gerichtssaal. Die emotionale Belastung ist extrem. Als der Vater in den Saal geführt wird, beginnt die Tochter heftig zu weinen.

Der Angeklagte schweigt beim Prozessauftakt. Er ließ durch seine Anwältin wissen, dass er bestreitet, Täter zu sein. Da ein wichtiges Beweismittel, das Tatmesser, nicht gefunden wurde, ist mit einem langen Indizienprozess zu rechnen. 97 Zeugen sind geladen.

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Erschütternde Zeugenaussagen

Zwei dieser Zeugen schildern beim Prozessauftakt ihre teilweise erschütternden Eindrücke vom Verbrechen: Die Erste am Tatort war eine 20-Jährige. Sie ist Kinderkrankenschwester-Auszubildende, hatte mit ihrer Lehrlingsklasse einen Kurs in der Tagungsstätte. Das Thema der Tagung lautete: Sterben. Sie ging gegen 21.30 zufällig vor der Tagungsstätte an dem Parkplatz vorüber, hörte Schreie "und dachte zuerst an einen Scherz von Klassenkameraden". Dann sah sie die Frau von ihrem Auto auf sie zugehen, langsam. "Sie hatte rote Flecken auf dem T-Shirt, zuerst meinte ich, es seien aufgedruckte Blumen." Doch es war Blut.

In etwa vier Meter Entfernung von der 20-Jährigen sei die Frau zusammengebrochen, "mit einem schrillen Todesschrei voller Schmerzen". Aus dem Augenwinkel habe sie jemanden in den Wald wegrennen sehen, "der ein weißes T-Shirt anhatte".

Zur selben Zeit schaute eine Klassenkameradin (22) in ihrem Gästehaus auf dem ETL-Areal aus dem Fenster, hörte Schreie und beobachtete dann einen Mann, der sehr schnell vorbeirannte. Das Gesicht konnte sie durch die Dunkelheit nicht erkennen, nur "etwas Weißes, was an seinen Unterarmen flatterte" bemerkte sie. Als ihr die Polizei ein Überwachungsvideo von der Kaufland-Tankstelle in Neckarsulm zeigte − 1,5 Stunden vor der Tat − identifizierte sie darauf unter etlichen Personen und ohne Beeinflussung der Beamten den Angeklagten − unter anderem an seinem nach vorne gebeugten Gang. Der 63-Jährige hatte auf dem Video ein weißes Hemd an. "Ich bin mehr als 50 Prozent sicher, dass er es war", sagt die Zeugin.

 

DNA-Spur, Indizien und deutliche Richterworte

Vorsitzender Richter Roland Kleinschroth listete beim Prozessauftakt einige Indizien auf. Es gibt eine DNA-Spur an einer Red-Bull-Dose am Tatort, die auf den Angeklagten hindeutet. Und Erkenntnisse durch einen Spürhund der Polizei, der die Fährte des Täters verfolgte. Zudem: Telefonüberwachungsprotokolle nach der Tat, Besuchsüberwachung in der Untersuchungshaft. Kleinschroth sagte zum Angeklagten: "Wenn man etwas gemacht hat, es abstreitet und dann überführt wird, dann ist das Vertrauen in der ganzen Familie zerstört." Das Ehepaar hat zwei Kinder. Der 63-Jährige war über 40 Jahre mit dem Opfer verheiratet. Sie hatten 2004 Gütertrennung vereinbart und sich gegenseitig als Alleinerben eingesetzt. Der Angeklagte hatte Schulden, legte 2005 den Offenbarungseid ab.

 

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