Physio-Mitarbeiter wegen sexuellem Missbrauch verurteilt – weitere Betroffene meldet sich
Eine Patientin hat den Mitarbeiter einer Praxis für Physiotherapie im Landkreis Heilbronn angezeigt. Das Amtsgericht verurteilt den Mann wegen Missbrauchs. Nun liegt eine weitere Anzeige gegen ihn vor.

Das Amtsgericht Heilbronn hat Ende August einen 51 Jahre alten Mann wegen des sexuellen Missbrauchs einer Patientin verurteilt. Die Tat ereignete sich in einer Physio-Praxis im Landkreis. Der Heilbronner Staatsanwaltschaft liegt nun eine zweite Anzeige gegen den Mann vor.
Gericht: Mann hat Behandlungsverhältnis ausgenutzt und Klientin sexuell missbraucht
Sieben Monate auf Bewährung lautet das Urteil des Amtsgerichts. Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass der 51-jährige Beschuldigte im Sommer 2020 eine Klientin während der Behandlung in einer physiotherapeutischen Praxis sexuell missbrauchte unter Ausnutzung des Behandlungsverhältnisses.
Dem Gericht zufolge forderte der Mitarbeiter eine Patientin während einer Magnetresonanztherapie auf, ihre Unterhose auszuziehen und bestimmte Übungen auszuführen. Dabei wollte er einen ungehinderten Blick auf den Schambereich der Frau erhalten. Die Patientin erstattete nach dem Vorfall Anzeige bei der Polizei.
Berufsverbot liegt im Ermessensspielraum des Richters
Das Amtsgericht verhängte zusätzlich zur Bewährungsstrafe kein Berufsverbot. Dies liege im Ermessen des Richters, teilt Michael Reißer, Pressesprecher des Amtsgerichts, auf Stimme-Anfrage mit. Der Angeklagte sei hauptsächlich für die Rezeption und Buchhaltung der Praxis zuständig gewesen. Er nahm aber auch Behandlungen vor. Der Mann verfüge über eine Erlaubnis, die Magnetresonanztherapie vorzunehmen, sagt Reißer.
Verfahren zieht sich über Jahre hin
Vom Tag der Anzeigenerstattung bis zum Richterspruch sind drei Jahre vergangen. Normalerweise dauern Verfahren nach Angaben des Amtsgerichts etwa sechs Monate. Dass sich die Bearbeitung des Missbrauchsfalls so lange hinzog, ist unter anderem auf die Einschränkungen während der Corona-Pandemie zurückzuführen. Außerdem legte der Beschuldigte ärztliche Atteste vor, wonach er gesundheitliche Probleme habe. Das Verfahren ruhte. Nun hat das Gericht eine Entscheidung getroffen.
Zum Tatzeitpunkt 17-Jährige erstattet ebenfalls Anzeige
Zwischenzeitlich gibt es weitere Vorwürfe gegen den 51-Jährigen. Im Mai dieses Jahr geht bei der Polizei eine weitere Anzeige gegen ihn ein. Dies bestätigt Mareike Hafendörfer, Sprecherin der Staatsanwaltschaft. Erneut geht es um den Verdacht eines unangemessenen Verhaltens im Rahmen einer Behandlung.
Anzeigenerstatterin im laufenden Ermittlungsverfahren sei eine junge Frau, die zum Tatzeitpunkt 17 Jahre alt gewesen sei, teilt Hafendörfer mit. Die Tat habe sich im Jahr 2016 ereignet. "Derzeit steht der Vorwurf des sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses im Raum." Die Staatsanwaltschaft bewertet diesen zweiten Fall und entscheidet, ob Anklage erhoben wird.