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Ungeklärter Kriminalfall in Ravenstein-Erlenbach: Meldet sich doch noch ein Zeuge?

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Vor 29 Jahren wird eine junge Frau am Rande eines Dorffestes in Ravenstein-Erlenbach ermordet. Das Heilbronner Polizeipräsidium überprüft den Fall regelmäßig. Noch ist der Täter nicht gefasst.

Gabriele Pfeiffer stirbt bei einer 700-Jahr-Feier. Ihre Leiche wird damals im Erlenbach nahe dem Festgelände entdeckt.
Gabriele Pfeiffer stirbt bei einer 700-Jahr-Feier. Ihre Leiche wird damals im Erlenbach nahe dem Festgelände entdeckt.  Foto: Heike Kinkopf

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft spielt an jenem Freitag bei der WM in Amerika gegen Bolivien. Jürgen Klinsmann schießt das Siegertor. Fans sind in Feierlaune. Hoch her geht es an jenem Abend im Jahr 1994 auf dem Dorffest in Ravenstein-Erlenbach (Neckar-Odenwald-Kreis). Dort feiern die Leute das 700-jährige Bestehen des Ortes. In der Nacht auf Samstag, 18. Juni, vor 29 Jahren stirbt Gabriele Pfeiffer. Die 27-Jährige aus Krautheim-Gommersdorf wird am Rande des Festplatzes erwürgt. Freunde entdecken die Leiche im Erlenbach. Der Mörder wird nie gefunden.

Cold Case in Ravenstein-Erlenbach: Unbekannter hatte das Opfer angegriffen

"Ich habe erst das Fußballspiel geschaut und bin dann rüber zum Fest", erinnert sich ein heute 74 Jahre alter Mann aus Erlenbach. Klar, im Zelt sei viel getrunken worden. Eine Band befeuert die ausgelassene Stimmung.

Kurz nach 2 Uhr geht Gabriele Pfeiffer raus zur Toilette. Ein Unbekannter greift sie an, zieht sie etwa 100 Meter über den Platz und wirft ihre Leiche in den nahen Bach. Von den Besuchern bekommt angeblich keiner etwas mit.


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Heute winkt mancher Bewohner in Erlenbach mit der Hand ab. Die Kripo habe damals Fehler gemacht. "Da ist geschlampert worden", sagt einer. Er meint, die Polizei hätte noch in der Nacht sofort den ganzen Platz abriegeln und alle Besucher befragen müssen.

Ex-Ermittler widerspricht Vorwürfen

"Ich bin mir sicher, wir haben 100-prozentig gearbeitet. Das kann ich zumindest für die Führungsgruppe sagen", sagt Hugo Brenner (78). Der Ex-Kripo-Beamte gehört zu den Fall-Ermittlern. Mit solchen Vorwürfen müsse man leben. Ein schrecklicher Mord in einem kleinen Ort - "er ist wie die Pest über das Dorf hereingebrochen, und dann kommt die Polizei und wühlt drin herum", beschreibt er die Situation. Die Soko richtet sich im Rathaus im Ort ein. Brenner lobt die Unterstützung durch den Bürgermeister.

Gabriele Pfeiffer sei freundlich und hilfsbereit gewesen, sagt eine Seniorin, die sie kannte. Ihre Tochter sei damals auch auf dem Fest gewesen. Diese habe sich gefragt, ob Gabriele Pfeiffer vielleicht ein Zufallsopfer gewesen sei. Hätte es eine andere Frau treffen können?

Polizist: Das Dorf sei zusammengerückt

Polizisten befragen mehr als 1000 Festgänger. 560 Männer geben Speichelproben ab. Alle Spuren laufen ins Leere. Die Ermittler vermuten, dass der Täter aus der Region stammt. Dass bis auf einen Zeugen keiner etwas gesehen hat, ist rätselhaft. Ein Mann aus Pfeiffers Heimatort Gommersdorf schätzt, dass 90 Prozent der Festbesucher tatsächlich nichts von der Gewalttat mitbekommen haben. Dass aber ausnahmslos niemand etwas weiß, sei schwer vorstellbar.


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Das nur wenige Hundert Einwohner zählende Dorf Erlenbach sei wie eine große Familie zusammengerückt, meint Brenner. Gibt es Zeugen, die schweigen? Er könne sich vorstellen, dass unter den vielen Befragten damals auch jemand gewesen sei, der mehr wusste, als er der Polizei sagte, vermutet der Ex-Polizist. Dass der Fall fast 30 Jahre später noch aufgeklärt wird, hält er durchaus für möglich. Jemand, der sein Gewissen erleichtern möchte, jemand, der merkt, dass sein Leben dem Ende zugeht, könnte eine Aussage machen.

Polizeipräsidium verfügt über Cold-Case-Management

Im Polizeipräsidium Heilbronn holen sich Beamte den Fall Pfeiffer immer wieder hervor. Dafür gibt es ein spezielles Cold-Case-Team (deutsch: ungeklärte Kriminalfälle). "Ungeklärte Kapitaldelikte werden akribisch und sorgfältig strukturiert bearbeitet, auch wenn sie bereits Jahre zurückliegen", erklärt Carsten Diemer, Sprecher des Präsidiums. Spätestens alle fünf Jahre werde der Mord an Gabriele Pfeiffer geprüft. Es sei denn, es gehen neue Hinweise ein oder es tauchen Bezüge zu anderen Kapitalverbrechen auf, dann reagieren die Ermittler sofort.


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Außerdem können technische Weiterentwicklungen neue Ermittlungsansätze liefern. Dazu gehören erweiterte Auswertemethoden im Bereich der Molekulargenetik und der DNA-Spuren. Bislang aber hätten keine neuen Untersuchungen einen begründeten Tatverdacht ergeben, sagt Diemer. Der Täter bleibt unentdeckt.

Für ihn sei es belastend, dass der Mord nicht geklärt sei, sagt Hugo Brenner. Sein Mitgefühl gelte den Hinterbliebenen. "Für sie ist es grausam."

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