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Liegt ein Impfschaden vor? Heilbronnerin wartet seit Monaten auf Klärung dieser Frage

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Die Bearbeitung von Anträgen auf Anerkennung eines Schadens durch die Corona-Impfung kommt nur zäh voran. Das Sozialministerium zählt 270 Anträge in Baden-Württemberg, davon sind erst 29 erledigt.

Eine Schutzimpfung bewahrt viele Menschen vor dem schweren Verlauf einer Corona-Infektion. Wenige Einzelne beklagen gesundheitliche Probleme. Eine Betroffene aus Heilbronn fühlt sich im Stich gelassen.
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Eine Schutzimpfung bewahrt viele Menschen vor dem schweren Verlauf einer Corona-Infektion. Wenige Einzelne beklagen gesundheitliche Probleme. Eine Betroffene aus Heilbronn fühlt sich im Stich gelassen. Foto: dpa  Foto: Robert Michael

"Es hilft nichts zu sagen, es betrifft nur so und so viele", meint Rechtsanwalt Dr. Ulrich Stegmüller. Die, die es betreffe, hätten Riesenprobleme. Stegmüller vertritt ein 34 Jahre alte Heilbronnerin. Adelina Gashi (Name von der Redaktion geändert) ließ sich vor 15 Monaten gegen das Coronavirus impfen. Seitdem ist sie krank. Sie und ihr Anwalt sprechen von einem Impfschaden. Den soll das Heilbronner Versorgungsamt anerkennen. Die Heilbronner Stimme berichtete erstmals vor fünf Monaten beispielhaft über Gashis Fall. Stegmüller sagt, seine Mandantin fühlt sich von den Behörden im Stich gelassen.

270 Anträge im Land, erst 29 Entscheidungen

Adelina Gashi ist eine von 270 Menschen in Baden-Württemberg, die bei dem für sie zuständigen Versorgungsamt einen Antrag auf Anerkennung eines Impfschadens gestellt haben. Diese Zahl nennt die Pressestelle des Landessozialministeriums auf Anfrage. Zum Vergleich: 8,35 Millionen Menschen erhielten mindestens einmal eine Corona-Schutzimpfung. Von den 270 Anträgen sind 29 erledigt. Fünf Schäden seien anerkannt, neun Anträge wurden abgelehnt, so Ministeriumssprecher Pascal Murmann. In 15 weiteren Verfahren sei zum Beispiel Geld für die Bestattung eines Angehörigen bezahlt worden oder die Anträge wurden zurückgezogen.

Kündigung trotz guter Beurteilung

"Ich bin kein Impfgegner, ich bin selbst geimpft", macht Anwalt Stegmüller deutlich. Der Fall Gashi berührt ihn. Die 34-Jährige sei zum Beispiel nach ihrer Erkrankung vom damaligen Arbeitgeber wie eine heiße Kartoffel fallengelassen worden. Gashi absolvierte im Februar 2021 eine Ausbildung in einer Pflegeeinrichtung in Heilbronn. Ihre Noten waren top. Das geht aus der Beurteilung hervor, die der Redaktion vorliegt. Ihr einstiger Arbeitgeber kündigte ihr in der Probezeit. Gashi klagte vor dem Arbeitsgericht. Das Verfahren endete mit einem Vergleich. Sie erhielt eine Abfindung.


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Klinik stellt Autoimmunerkrankung fest

Die 34-Jährige gehörte im Februar 2021 zu den ersten, die den Piks gegen das Virus erhielten. Danach begann die Krankengeschichte. Sie leidet unter andauernden Problemen wie Muskelschmerzen, unkontrolliertes Zittern, extreme Vergesslichkeit. Sie kam unzählige Male ins Krankenhaus und absolvierte eine Reha. Die Arztberichte darüber liegen der Stimme vor. Im April 2021 etwa bescheinigte das SLK-Klinikum ihr eine Autoimmunerkrankung, die im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung steht. "Es geht ihr körperlich und emotional schlecht", sagt Stegmüller.

Der Rechtsanwalt klagt gegen die Ärztin, die Gashi damals impfte. Er argumentiert: Es habe keine Aufklärung über die Impfung durch sie stattgefunden. Es reiche nicht, dass die Pflegeeinrichtung über die Impfung informierte. Aus den Unterlagen gehe hervor, dass seine Mandantin ausdrücklich nicht auf die ärztlichen Informationen verzichtete. Er macht unter anderem einen Erwerbsschaden bis zur Rente geltend und Schmerzensgeld.

Rechtsanwalt und Mandantin in der Beweislast

Stegmüller setzt sich beim Landratsamt Heilbronn für die Anerkennung eines Impfschadens ein. 15 Monate nach der Impfung gebe es aber kaum Gutachter. "Und wir sind in der Beweislast", erklärt der Rechtsanwalt das Verfahren. Er und seine Mandantin müssten beweisen, dass die gesundheitlichen Probleme in einem unmittelbaren ursächlichen Zusammenhang zur Impfung stünden. Er rechnet mit einem langjährigen Verfahren. Dessen Ausgang - ungewiss.

Im Landratsamt Heilbronn sind bislang 25 Anträge auf Anerkennung eines Impfschadens eingegangen. Es bearbeitet die Fälle aus der Stadt Heilbronn mit. Davon seien zwei Anträge zurückgezogen worden, ein Antrag wurde abgelehnt, die übrigen seien in Bearbeitung, sagt Behördensprecherin Lea Mosthaf. Das Versorgungsamt des Hohenlohekreises kann keine Angaben dazu machen.

Gutachter-Termin soll im November stattfinden

Stegmüllers Mandantin hat Angst vor der Zukunft. Das Krankengeld läuft aus. Den Antrag auf Erwerbsminderung lehnte die Deutsche Rentenversicherung ab. Bis sich ein Gutachter ihres Falls annimmt, wird es einige Zeit dauern. Seit ein paar Tagen steht der Termin fest, sagt Stegmüller. Er ist Anfang November.

Verdachtsfälle werden dem Paul-Ehrlich-Institut gemeldet

Ärzte, Krankenhäuser und Gesundheitsämter sollen die ihnen bekannten Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Impfkomplikationen ans Paul-Ehrlich-Institut (PEI) melden. Dem Institut liegen gut 296 000 solcher Meldungen vor. 172 Millionen Impfungen sind bis jetzt verabreicht worden. Wenn Beschwerden nach einiger Zeit nicht von selbst verschwinden, spricht man frühestens ein halbes Jahr nach einer Impfung von einem Impfschaden. Die Beurteilung, ob eine gesundheitliche Schädigung vorliegt, die über das übliche Maß einer Impfreaktion hinausgeht, ist Aufgabe der Versorgungsämter.

 

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