Krach kann krank machen
Bürger aus der Region klagen über laute Firmen oder Lärm in der Nacht. Welche langfristigen gesundheitlichen Schäden drohen, sagt Professor Burkhard Lippert von der SLK-Klinik am Gesundbrunnen.
Wie sehr Radau Menschen in der Region stört, lässt sich kaum messen. Konflikte entstehen in den Gemeinden etwa im Umfeld von Firmen. "Von der Tendenz her haben die Beschwerden bei der Gewerbeaufsicht zugenommen", sagt Julia Baumann, Sprecherin des Landratsamts Heilbronn. Möglicherweise hielten sich die Menschen durch Corona mehr zu Hause auf und nehmen Lärm in der Umgebung stärker wahr.
Musik zu laut und die Nachtruhe gestört
In der Stadt Heilbronn gibt es keine zentrale Stelle für Klagen, sagt Rathaussprecherin Suse Bucher-Pinell. Eine Anlaufstelle ist beispielsweise das Ordnungsamt. 80 Bußgeldverfahren wegen Störung der Nachtruhe hat das Amt vergangenes Jahr bearbeitet, dieses Jahr sind es bis jetzt 22. 36 Verfahren zählt das Ordnungsamt 2020 wegen zu lauter Musik, 15 sind es dieses Jahr. Weitere Ärgernisse: Radau aus Gaststätten, Autofahrer, die den Motor aufheulen lassen oder mit quietschenden Reifen davonfahren und Hundegebell.
"Im Alltag werden wir zunehmend mit mehr Geräuschquellen konfrontiert", sagt Professor Burkard Lippert, Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf und Halschirurgie im SLK-Klinikum am Gesundbrunnen. "Unser Innenohr kann Schaden nehmen, wenn wir langfristig einem Geräuschpegel von 80 bis 85 Dezibel ausgesetzt sind." Auf Dauer könne eine ständige Lärmbelästigung die Anfälligkeit für Depression erhöhen und zu Schlafstörungen oder einer verstärkten Reizbarkeit führen. Die Risiken für Herz-Kreislauferkrankungen, wie zum Beispiel ein erhöhter Blutdruck, würden laut Studien durch "Lärmstress" erhöht. Einige neuere experimentelle Ergebnisse weisen laut Lippert sogar auf eine Störung der Glukosetoleranz durch Lärm hin. "Dies könnte das Diabetesrisiko erhöhen."
Rock-Sänger muss Tournee absagen
Ob jemand tatsächlich ausschließlich an Lärm erkrankt, lässt sich Lippert zufolge nicht immer zweifelsfrei feststellen. Eine dauerhafte Beschallung von hohen Geräuschpegeln könne auch zu dauerhafter Hörminderung und Ohrgeräuschen führen. "So musste der Sänger von AC/DC, Brian Johnson, aufgrund von drohender Ertaubung 2016 die USA-Tour der Band absagen." Viele Berufe sind mit einer hohen Lärmbelastung verbunden, wie im Straßenbau, metallverarbeitende Betriebe oder auf dem Rollfeld am Flughafen. Zur Vermeidung von Hörschäden hat der Gesetzgeber das Tragen eines Gehörschutzes vorgeschrieben.