Kontrollen in Lokalen: Wirte als Corona-Prellbock
Überall im Land kontrollieren dieses Wochenende Ordnungshüter Gastronomen und Gäste auf Einhaltung der Corona-Regeln. In Heilbronn gab es bisher kaum Verstöße, aber Anspannung.

Die Besucherschlange vor der Weinstube Pavillon in Gundelsheim reißt zeitweise kaum ab. "Sorry, aber mir haben heute früh zwei Leute krankheitshalber abgesagt", bittet Besenwirt Norbert Greiss um Verständnis, während seine nette Bedienung die Reservierungsliste studiert und Gästen Plätze zuweist.
Im Heilbronner Ratskeller nimmt Rainer Mosthaf zwei alte Bekannte in Empfang. "Gell, Ihr seid doch geimpft?" Den QR-Code für die Luca-App finden die beiden in der Speisekarte. Im Assulzer Hof bei Allfeld bittet Patron Germann Hennrich um Verständnis. "Das Zettele müsst ihr noch ausfüllen, wir haben hier kein gescheites Internet."
Zur Sensibilisierung aller Bürger
Am Wochenende waren auf Anordnung von Sozialminister Manfred Lucha landesweit in Lokalen Polizeikontrollen angesagt. "Es ist weiter wichtig, dass wir alle an einem Strang ziehen und die Regeln einhalten", so Lucha im Vorfeld. "Nur so können Schritte in Richtung Normalität gelingen", dafür wolle man die Menschen sensibilisieren.
In Heilbronn nur kleine Mängel

In Heilbronn war der Kommunale Ordnungsdienst unterwegs. Wie Amtsleiterin Dr. Kristine Pohlmann sagt, wurden "kleine Mängel festgestellt". So sei etwa einigen Wirten nicht bewusst gewesen, dass sie ein schriftliches Hygienekonzept vorweisen müssen. Teilweise fehlten Aushänge mit Hinweisen auf Hygieneregeln.
"Erhebliche Verstöße waren hingegen in keinem Betrieb festzustellen", so Pohlmann. So habe es auch keine Anzeigen gegeben. Die kontrollierten Gäste hätten alle Impf-, Genesenen- oder Testnachweis vorgezeigt und per Luca-App oder Zettel Kontaktdaten angegeben. Selbst Verstöße gegen die Maskenpflicht seien "nicht zu verzeichnen" gewesen. Die "finale Auswertung" soll diesen Montag folgen.
Auch unerfreuliche Begegnungen
Bei einer kleinen Lokaltour der Stimme zeigte sich: Wenn der Wirt Gäste auf die Hygieneregeln hinweist, geht es nicht immer entspannt zu. "Das ist eine Bürde für unsere Betriebe, wir werden oft zum Prellbock für die gesellschaftliche Impfdebatte", so Daniel Ohl vom Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Er berichtet von "unerfreulichen Begegnungen und Szenen", wenn jemand weggeschickt werden muss und alle Begleiter kehrtmachen, obwohl sie geimpft sind.
"Das hat natürlich negative wirtschaftliche Folgen", weiß Ohl, weil Gäste abgeschreckt würden, aber auch, weil Personal mit der Kontrolle gebunden sei. Gleichzeitig herrsche akuter Mitarbeitermangel, weil es im Lockdown zu "massiven Abwanderungen in andere Branchen kam". Vor der Krise arbeiteten in baden-württembergischen Lokalen 137.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte, im Frühjahr waren es noch 116.000. An den Arbeitsbedingungen könne das nicht liegen, meint Ohl. "2010 hatten wir nur 102.000, das heißt: In guten Jahren ist die Gastronomie ein Job-Motor."
Dehoga: Wirte bisher gut über die Runden gekommen

Insgesamt aber seien die 30.000 Lokale im Land gut über die Corona-Zeit gekommen, inklusive neun Monaten Lockdown von März bis Mai 2020 und von November 2020 bis Mai 2021. "Die Pleitewelle blieb aus. Die Staatshilfen haben geholfen." Das Phänomen, dass derzeit in Heilbronn sogar etliche Lokale neu öffnen, erklärt Ohl mit einem Nachholbedarf aus dem Corona-Stau, "denn bei uns ist immer Bewegung drin".
Vor dem Lokal keine Zelte mehr
Zumindest in Heilbronn profitierten Wirte auch von Lockerungen der Gastro-Verordnung. So wurden diese Saison Sperrzeiten für draußen verkürzt, allerdings nur bis 31. Oktober, erklärt Rathaussprecherin Suse Bucher-Pinell. Und: Zelte plus Heizstrahler vor dem Lokal seien diesen Winter nicht mehr erlaubt, weil es anders als vor einem Jahr möglich ist, drinnen zu sitzen. Die Möglichkeit einer größeren Terrasse bei gleichzeitigem Gebührenverzicht laufe nach Silvester aus.
Doch lasse die Stadt die Wirte keinesfalls im Regen stehen. Bucher-Pinell verweist auf das aktuelle kommunale Corona-Hilfspaket und auf Aktionen von Stadtinitiative und Heilbronn Marketing GmbH (HMG), von denen neben Händlern die ganze Innenstadt profitiere, also auch Lokale.
Hygieneregeln für die Gastronomie
Allgemein gilt in geschlossenen Räumen die Maskenpflicht, im Freien nur, wenn der Abstand keine von 1,5 Meter beträgt. Beim Essen kann die Maske natürlich abgenommen werden, logisch. Jeder Gastronom muss ein Hygienekonzept vorweisen, Kontaktdaten von allen Gästen erheben und diese für die eventuelle Nachverfolgung speichern. In der – aktuellen – Basisstufe gilt innen 3G, im Außenbereich gibt es keine Einschränkung. In der Warnstufe gilt drinnen weiterhin 3G, wobei nicht Immunisierte einen PCR-Test benötigen, ein Antigentest reicht nicht. Im Außenbereich gilt dann ebenfalls 3G. In der Alarmstufe gilt innen 2G, draußen 3G mit PCR-Test für nicht Immunisierte. Gastronomen können in der Basisstufe das 2G-Optionsmodell wählen, dann besteht für Gäste gar keine Maskenpflicht mehr. Die Kontrollpflicht obliegt den Wirten, wer keinen Nachweis hat, darf nicht rein.
                
                 
                  
                
				
              
                
            

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