Kind nicht pünktlich in der Kita abgeholt: Ludwigsburg verlangt Strafgebühr
Wenn Eltern ihre Kinder zu spät von der Kita abholen, müssen sie in Ludwigsburg Strafe zahlen. Was halten Experten und Kommunen in der Region Heilbronn davon?

Eltern, die ihre Kinder zu spät aus der Kita abholen, müssen in Ludwigsburg künftig eine Strafgebühr bezahlen. Das hat der dortige Gemeinderat entschieden. Ab April 2023 werden 30 Euro pro angefangener halber Stunde fällig. Ist eine Straßensperrung oder ein Unfall der Grund für die Verspätung, muss nichts gezahlt werden. Romano Sposito vom Deutschen Kitaverband sagt auf Stimme-Anfrage, dass es nachvollziehbar sei, dass Ludwigsburg diese Entscheidung getroffen habe, zumal es kein Einzelfall sei. In einigen Kitas in Deutschland seien Strafen bereits üblich, wenn auch "nicht unbedingt in dieser Höhe".
Folgen für Personal
Erzieherinnen müssten Überstunden aufbauen, wenn Eltern ihre Kinder zu spät abholen. Mit Blick auf den Fachkräftemangel seien diese schwierig zu kompensieren. Außerdem sei regelmäßiges Zuspätkommen respektlos. "Bei Einzelfällen wird niemand etwas sagen", zeigt Sposito Verständnis. Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen, sei stressig. Bei Strafgebühren gehe es um Eltern, die regelmäßig nicht pünktlich erscheinen.
"Hier stellt sich die Frage: Reichen Gebühren aus?" In Einzelfällen könnte sich Romano Sposito vorstellen, dass regelmäßiges Zuspätkommen bis hin zu Platzkündigungen gehen könnte. Jene, die finanziell gut aufgestellt sind, würden Strafgebühren eher nicht abschrecken.
Andere Bundesländer
Im hessischen Taunusstein müssen Eltern, die ihre Kinder zu spät aus der Kita abholen, bereits seit 1. März 2017 Strafgebühren zahlen. Wurden seitens der Kita-Leitung drei Ermahnungen ausgesprochen, werden zehn Euro je angefangene Viertelstunde fällig, erklärt Julia Scherer-Lupp, die Pressesprecherin des Rathauses. "Es ging uns nicht darum, heimlich die Kita-Beiträge zu erhöhen, sondern um eine erzieherische Maßnahme für die Eltern", sagt Scherer-Lupp.
Die Regel sei mit Blick auf notorische Zuspätkommer eingeführt worden, die die Abholzeiten nicht ernstnehmen oder versuchten, längere Betreuungszeiten kostenlos auszunutzen. In den vergangenen sechs Jahren hat es laut Julia Scherer-Lupp lediglich drei konkrete Fälle gegeben, in denen Elter zur Kasse gebeten wurden. "Für uns hat sich das Konzept bewährt."
Situation in der Region
In der Region scheinen notorische Zuspätkommer eher die Ausnahme zu sein. "In Neckarsulm kommt es selten vor", sagt Rathaus-Pressesprecher Andreas Bracht. "Aus diesem Grund verhängt die Stadt auch keine Strafen." In Einzelfällen spreche die Kita-Leitung die Eltern darauf an. "Mit den Eltern wird dann zum Beispiel erörtert, ob es erforderlich ist, die Betreuungszeit zu erhöhen." Auch in Heilbronn kommt es vor, dass Kinder zu spät abgeholt werden, berichtet Pressesprecherin Suse Bucher-Pinell. "Wenn es häufiger der Fall sein sollte, wird das mit Gesprächen gelöst.
Strafzahlungen seien keine Option. Auch in Eppingen gibt es "immer wieder Eltern, die ihre Kinder zu spät abholen", sagt Vanessa Heitz, Pressesprecherin der Stadt Eppingen. "Das sind aber Einzelfälle. Über eine Strafzahlung haben wir noch nie nachgedacht. Wir bauen stets auf ein kommunikatives Miteinander."
Auch in Hohenlohe ist Zuspätkommen zeitweise ein Thema. An Sanktionen denkt bislang aber niemand. "Es hält sich in Grenzen", sagt Karina Kolb aus Kupferzell. Dass Eltern mehr als fünf Minuten oder noch später dran sind, sei sehr selten bis gar nicht der Fall. "Zum aktuellen Zeitpunkt können wir uns eine solche Geldstrafe nicht vorstellen." Zum anderen würde eine Gebühr auch einen enormen Verwaltungsaufwand mit sich bringen, führt sie weiter aus.
Auch in der kleinsten Gemeinde des Hohenlohekreises, in Zweiflignen, hat man das Problem mit Eltern im persönlichen Gespräch in den Griff bekommen. "Geschäftszeiten sind Geschäftszeiten und müssen über all eingehalten werden", sagt der Bürgermeister Klaus Gross.
Marion Hannig-Dümmler, Hauptamtsleiterin der Stadt Künzelsau, betont, es gebe einen Abholkorridor von 45 Minuten, und das funktioniere sehr gut. Ähnlich ist die Situation in Öhringen, wo die Zeitfenster in der Regel gut eingehalten würden, betont die Stadtsprecherin Monika Pfau. Hannig-Dümmler hat jedoch Verständnis für Ludwigsburg: "Da es sich wohl in Ludwigsburg um eine andere Größenordnung der Probleme handelt, die wir hier so nicht kennen, bedarf es keiner solchen drastischen Maßnahme."