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Ist das SRH Gesundheitszentrum zu lax mit Corona umgegangen?

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Mittlerweile gibt es sechs Todesfälle bei Reha-Patienten, die sich mit Covid-19 angesteckt hatten. Hinterbliebene und betroffene Patienten haben verschiedene Möglichkeiten, um Vorkommnisse in der Bad Wimpfener Klinik aufklären zu lassen.

Das Gesundheitszentrum in Bad Wimpfen steht unter Quarantäne, nachdem sich dort das Coronavirus stark ausgebreitet hatte.
Foto: Mario Berger
Das Gesundheitszentrum in Bad Wimpfen steht unter Quarantäne, nachdem sich dort das Coronavirus stark ausgebreitet hatte. Foto: Mario Berger  Foto: Berger, Mario

Eine 75 Jahre alte Frau, die nach einer Knie-Operation Anfang April eine Reha in der SRH Klinik in Bad Wimpfen angetreten hat, ist inzwischen verstorben. In der Woche nach Ostern wurde die Seniorin nach Angaben ihrer Tochter positiv auf Covid-19 getestet. Dies ist der sechste Todesfall von Reha-Patienten, die sich mit dem Virus angesteckt hatten.

Das Gesundheitsamt des Landratsamtes Heilbronn bestätigt den Tod der Seniorin gegenüber dieser Redaktion. Ob die Ereignisse Konsequenzen für die Klinikleitung in Bad Wimpfen nach sich ziehen, beantwortet die SRH Holding mit Sitz in Heidelberg nicht.

Anwältin spricht von einem bestürzenden Vorgang

Der Umgang der Reha-Klinik mit dem Coronavirus beschäftigt seit drei Wochen die Öffentlichkeit. Wie berichtet, kritisieren Patienten und deren Angehörige, dass die Vorgaben des Hygieneschutzgesetzes nicht konsequent eingehalten worden seien. Mehr als 200 Patienten und Mitarbeiter waren nach Ostern positiv auf das Virus getestet worden, die ersten Fälle wurden laut Gesundheitsamt am 2. April bekannt.

Am 17. April wurde die Klinik unter Quarantäne gestellt. Nach Angaben einer Unternehmenssprecherin arbeitet die Leitung des Bad Wimpfener Gesundheitszentrums daran, Prozesse und Verfahren im Umgang mit Covid-19-Patienten und Verdachtsfällen zu optimieren.

"Es ist ein bestürzender Vorgang", sagt Monika Baumhackel, Fachanwältin für Medizinrecht in Heilbronn, mit Blick auf die vielen Infizierten und sechs Toten. Wollen betroffene Patienten oder die Hinterbliebenen der Verstorbenen geklärt wissen, ob in der Wimpfener Reha-Klinik alles dafür getan wurde, um die Corona-Regeln zu befolgen, müssen sie sich nach Angaben einer weiteren Heilbronner Fachanwältin für Medizinrecht auf einen langwierigen Prozess einstellen.

 


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Krankenkassen sind Ansprechpartner

"Gesetzlich Versicherte haben die Möglichkeit, über den Medizinischen Dienst der Krankenkassen prüfen zu lassen, ob es Behandlungsfehler gab", sagt Baumhackel. Dies könne eventuell gegeben sein, wenn sich der Patient eine Infektion geholt hat. "Grundsätzlich kann sich jeder gesetzlich Versicherte auch an seine Krankenkasse wenden. Diese sind verpflichtet, ihre Kunden bei der Aufklärung zu unterstützen", nennt Baumhackel eine weitere Möglichkeit, den Vorkommnissen auf den Grund zu gehen.

So lasse sich beispielsweise ein Gutachten einholen. Ein dritter Ansprechpartner für Betroffene: die Gutachterkommission bei der Ärztekammer. Dass diese den Nachweis erbringe, wie Corona-Regeln eingehalten wurden, sei aber sehr schwierig. "Die Gutachterkommission orientiert sich ausschließlich an dem, was dokumentiert ist. Sie ermittelt nicht", sagt Baumhackel.

Handelt es sich um ein Organisationsverschulden?

Welche Hygienemaßnahmen in der Reha-Klinik zu welchem Zeitpunkt ergriffen wurden, lässt sich über sogenannte Verfahrensanweisungen nachvollziehen. Darin müssten dann zum Beispiel die Anordnungen zur Einhaltung von Abstandsregeln stehen oder das Tragen von Schutzkleidung, erklärt eine Fachanwältin für Medizinrecht, die ungenannt bleiben möchte. Nach ihren Angaben steht der Vorwurf eines sogenannten Organisationsverschuldens seitens der Klinikleitung im Raum.

Gab es zum Beispiel Patienteninformationen zu Corona? Oder wurde Sicherheitspersonal an den Eingängen postiert, das auf Besucherströme achtete und darauf, dass beim Betreten des Gebäudes die Hände desinfiziert wurden? Anhand vieler Kleinigkeiten lasse sich ablesen, "ob die Klinik alles in ihrer Macht Stehende getan hat, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen".

Zur Aufklärung der Vorgänge im Gesundheitszentrum beitragen könnte auch die Staatsanwaltschaft, die von Amts wegen ermitteln muss, wenn ein Anfangsverdacht besteht. Betroffene Patienten oder Hinterbliebene haben die Möglichkeit, Strafanzeige zu stellen.


Chronologie der Ereignisse

Am 2. April werden dem Kreisgesundheitsamt in Heilbronn die ersten Covid-19-Fälle vom Bad Wimpfener Gesundheitszentrum gemeldet. Die Zahl steigt weiter. Am 10. April kommen 20 weitere infizierte Patienten und Mitarbeiter hinzu. Am 17. April wird die SRH Klinik unter Quarantäne gestellt. Die Zahl der Infizierten erreicht mit 213 einen Höchststand. Von den positiv getesteten Personen, die im Landkreis Heilbronn wohnen, gelten 76 als genesen.

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