Idee für Bad Wimpfen: Mit autonomem Bus zur Lidl-Zentrale
Der Bad Wimpfener Gemeinderat entscheidet am Donnerstagabend darüber, ob das Unternehmen das Projekt weiter vorantreiben kann. Aus dem Umfeld einer Gemeinderatsfraktion kommt Kritik.
Bad Wimpfen diskutiert über eine neue Form der Mobilität: Im Raum steht, dass ein autonomer Kleinbus zwischen dem Bahnhof und dem zukünftigen Lidl-Deutschland-Sitz am Ortsrand pendelt. Der Gemeinderat entscheidet am Donnerstagabend darüber, ob er sich grundsätzlich zu dem Projekt bekennt, für das allerdings das Unternehmen verantwortlich wäre. Sollte das Gremium tatsächlich grünes Licht geben, rollt das Fahrzeug noch lange nicht. Rechtliche Hürden gibt es. Und die ersten kritischen Stimmen sind zu hören.
In Bayern fährt ein autonomer Kleinbus seit Oktober 2017
Die bayrische Kurstadt Bad Birnbach gilt für viele in Bad Wimpfen als Vorbild. Dort fährt seit Oktober 2017 ein autonomer Kleinbus, der erste in Deutschland. 65.000 Passagiere seien bislang mit den beiden Fahrzeugen unterwegs gewesen, sagt Viktor Gröll, der die Kurverwaltung leitet. Eine Person müsse zwar noch im Bus sitzen, um notfalls einzugreifen. Das sei aber noch nie der Fall gewesen.
Ging es in der bayrischen Stadt zunächst nur auf einer wenige Hundert Meter langen Strecke los, verbinden die Fahrzeuge jetzt den zwei Kilometer entfernten Bahnhof mit Bad Birnbach. Das Konzept sei aufgegangen, viele unterschiedliche Personengruppen anzusprechen: Kurgäste stiegen ebenso zu wie Einheimische, die zum Zug wollen, zählt Viktor Gröll auf. "Das wollten wir erreichen."

Denn um zum Bahnhof zu kommen, musste man zuvor mit dem Auto fahren - wer einmal sitze, fahre meist gleich weiter, sagt er. Zwölf Fahrgäste könnten theoretisch zusteigen. Stehplätze fallen aber weg, sodass zu normalen Zeiten nur sechs Personen pro Fahrt unterwegs sein können - wegen Corona derzeit nur die Hälfte.
Darum geht es in Bad Wimpfen
Der Gemeinderat hat das letzte Wort, hat sich bereits in der Vergangenheit mit dem Thema befasst. Nun geht es am Donnerstag darum, einen Grundsatzbeschluss zu treffen. Will die Stadt den autonomen Bus oder nicht? Bürgermeister Claus Brechter geht davon aus, dass in einem ersten Schritt das Unternehmen Lidl die Kosten trägt. Eine erste Fahrt, sofern der Gemeinderat Ja sagt, erwartet er "frühestens Ende 2021".
Dennoch ist die Stadt bei einer Entscheidung mit im Boot: Lidl werde nichts gegen den Willen des Gemeinderats machen, sagt Claus Brechter. Auf seine Idee hin sei die Bus-Idee überhaupt ins Lidl-Mobilitätskonzept gekommen. "Ich sehe darin ein großes Potenzial für die Stadt." Bei der Entscheidung am Donnerstag geht es darum, ob sich die Stadt in die Entwicklungsphasen des Projekts einbinden will - im Interesse einer künftigen Nutzung autonomer Mobilitätsangebote für Bewohner und Gäste. Die Verwaltung sieht in einer künftigen öffentliche Nutzung einen erheblichen Vorteil. Aber auch das geschieht nicht automatisch: Bevor in einem zweiten Schritt der öffentliche Nahverkehr integriert wird, entscheidet erneut der Gemeinderat, sagt Claus Brechter.
Drei Routen können den Bahnhof mit dem künftigen Lidl-Sitz verbinden
Im November 2019 hat sich der Gemeinderat bereits damit befasst, außerdem hat sich ein Arbeitskreis mehrmals darüber unterhalten. Zuletzt ging es im September um mögliche Strecken zwischen Bahnhof und Lidl-Sitz. Drei Varianten lägen vor, sagt Claus Brechter. Die Route durch die Altstadt dürfte es nicht werden, weil hier größere Baumaßnahmen anstünden, sagt der Rathauschef.
Der Gemeinderat entscheidet zwar am Donnerstag, aber das Gremium hat nicht das letzte Wort. Es sind noch weitere Stellen im Boot. Claus Brechter sagt, dass ein solches Fahrzeug ja auch noch genehmigt werden müsse.
Kritiker erwarten Strecke durch die Altstadt
Kritik kommt aus dem Umfeld der Gemeinderatsfraktion Wise. "Wir machen uns von einer Grundsatzentscheidung für viele Jahre abhängig", glaubt allerdings Rolf Raatz, Schatzmeister des Vereins Wise. Im Gegensatz zum Bürgermeister geht Raatz davon aus, dass die Route durch die Altstadt führen werde. Es würde dann auch die zulässige Höchstgeschwindigkeit erhöht, sagt er. Derzeit gilt Schrittgeschwindigkeit. "Davon wissen die Anwohner nichts."
Sollte sich der Gemeinderat am Donnerstag grundsätzlich hinter den autonomen Bus stellen, wolle Wise keinen Bürgerentscheid auf den Weg bringen, um den Beschluss zu kippen. Aber: "Wir unterstützen jeden, der es machen will", kündigt Rolf Raatz an.



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