Hat die Heilbronner Weinvilla bei "Mein Lokal, dein Lokal" zu schlecht abgeschnitten?
Die Heilbronner Weinvilla bedient gehobene Ansprüche an Küche und Ambiente. Bei der Heilbronn-Woche von "Mein Lokal, dein Lokal" landete das Restaurant nicht auf den vorderen Plätzen. Wie kommt's?

Eine Konzeptgastronomie mit mexikanischer Küche, zu Drehbeginn seit knapp einem Monat in der Stadt, liegt mit der altehrwürdigen Weinvilla gleichauf - allerdings nicht gleichauf an der Spitze, sondern auf dem letzten Rang. Das ist das Resultat der Heilbronn-Woche von "Mein Lokal, dein Lokal" auf Kabel eins. Der Goldene Teller für den Sieger geht an ein Ausflugslokal und hängt nun in der Cleebronner Gaststätte am Michaelsberg. Wie kann das sein? Kommt die Weinvilla, in der das Küchenteam schon konzeptbedingt mit mehr Finesse kocht und anrichtet, zu schlecht weg?
Karl Seiter zeigt sich ohne Groll. "Wir haben einen Top-Eindruck hinterlassen. Allein das Haus hat ja ein besonderes Ambiente und ist für sich ein Erlebnis", sagt einer der Weinvilla-Sprecher auf Stimme-Anfrage. Bei dem Fernsehformat geht es darum, dass sich fünf Gastronomen einer Gegend gegenseitig besuchen und die Gastgeberqualitäten der anderen bewerten. Beim Endergebnis liegen die Lokale "so eng beieinander", sagt Seiter. Je 38 Punkte sind es für die Weinvilla und das Joe Peña's am Heilbronner K3, 39 für die Tagbar Smuk im Neckarbogen, 40 für das International Streetfood von Toni Tänzer in Öhringen und 41 für Timo Gries und die Gaststätte am Michaelsberg.
Für Karl Seiter könnte gerade das, was die Weinvilla ausmacht, eine Rolle spielen. "Wir machen viele Kreationen in Verbindung mit Wein - das war vielleicht mit ein Grund für das Abschneiden, weil das dem einen oder anderen nicht gefällt." So serviert Küchenchef und Betriebsleiter Florian Hemrich etwa eine Crème brûlée auf Glühweinbasis oder ein Risotto auf Weißweinbasis ohne Fond. "Wir sind überzeugt von unserer Küche in der Weinvilla. Uns bestätigt die hohe Frequenz, dass das, was wir anbieten, passen muss", sagt Seiter. Hinzu komme, dass wir "unterjährig unwahrscheinlich kreativ sind". So verändere sich das Weinsortiment drei- bis viermal im Jahr. "Solche Dinge sind ja gar nicht eingeflossen."
Saisoneröffnung am Michaelsberg mit Glückwünschen zum Sieg
Für Timo Gries kam die Ausstrahlung der Sendung in der Vorwoche genau richtig. Am Wochenende öffnete die Gaststätte am Michaelsberg nach verlängerter Winterpause. "Wir waren am Samstag schon gut besucht, am Sonntag war es dann rammelvoll bei uns." Gries führt das auf den Saisonstart, das gute Wetter - und auf die Teilnahme an der Sendung zurück. "Viele wollten mit uns und dem Teller ein Bild machen, auf die Wünsche der Gäste gehen wir natürlich immer ein", sagt er lachend. Mit der Bewertung der Weinvilla ist Gries nicht ganz einverstanden, "ich hätte sie direkt hinter uns gesehen".

Was man wissen muss: Für den Fernsehzuschauer soll der Ablauf einer Folge wie aus einem Guss wirken, in Wahrheit werden Szenen aber wieder und wieder gedreht. "Da heißt es dann zum Beispiel: 'Nimm' das Fleisch nochmal runter, wir müssen die Beleuchtung ändern'. Irgendwann ist so ein Fleisch dann halt durch", erläutert Gries, dem es als Gast in der Weinvilla so ergangen war. Über die Fleischqualität an sich sage das aber nichts aus.
Bei aller Freude über den Sieg sieht der Gastronom alle teilnehmenden Lokale als Gewinner. "Jedes hat seine Klasse. Und bei den Leuten bleibt doch am meisten hängen, wer überhaupt mitgemacht hat." Bezüglich der Handwerkskunst, gerade im Vergleich zur Weinvilla, sagt der Mitfünfziger: "Wenn man klassisch schwäbisch kocht, dann ist die Handwerkskunst bei den grundlegenden Vorbereitungen gleich: Produkte und Qualität aussuchen, Soßen ansetzen, das ist die gleiche Arbeit. Wie man es dann anrichtet, da erwartet man bei der Weinvilla mehr. Unsere Gäste wollen, dass wir es weniger luxuriös anrichten."
Schwierige Vergleichbarkeit der Lokale
Die drei weiteren Teilnehmer bieten eine ganz andere Ausrichtung. Wie vergleichbar sind Lokale überhaupt, die mit unterschiedlichen Ansätzen ins Rennen gehen? "Die Gastronomien waren nicht unbedingt vergleichbar", sagt Karl Seiter. "Man müsste Gleiches mit Gleichem vergleichen und das ist bei dieser Lokal-Auswahl gar nicht möglich." Ihn interessieren vor allem die Reaktionen der Gäste auf die Sendung und wie viele Menschen in der Region eingeschaltet haben. "Wir haben kein Problem damit, dass wir nicht ganz vorne stehen. In Summe bleibt ein positiver Effekt. Den Arbeitseinsatz und das Engagement, das Herr Hemrich in dieser Woche investiert hat, sehe ich durch die TV-Übertragung locker ausgeglichen."
Neben dem Werbeeffekt, den alle Teilnehmer mitnehmen, gibt es einen weiteren Sieger: das Schwabenland. Schwaben hier, Schwaben da - bei Betrachtung der Sendung vergisst man schier, dass sich die Region im badisch-württembergischen Grenzland befindet, wo es südfränkische Laute geben soll. Timo Gries ist's egal. Er ist tatsächlich Schwabe, aus dem schwäbischen Teil von Tuttlingen stammend, und nun um eine Auszeichnung reicher.

