SLK-Kliniken bereit für die Behandlung von Kriegsopfern
Ein kleiner Patient aus der Ukraine ist in der SLK-Kinderklinik aufgenommen worden. Dort rechnet man mit weiteren Aufnahmen von Patienten aus dem Kriegsgebiet.
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Seit Donnerstag wird ein erster Patient aus dem Kriegsgebiet in der Ukraine bei SLK behandelt. Es handelt sich um ein Grundschulkind mit einer onkologische Erkrankung, das gemeinsam mit seiner Mutter in der SLK-Kinderklinik aufgenommen worden ist. Die Uniklinik Tübingen, mit der man eng kooperiere, habe den kleinen Patienten nach Heilbronn überwiesen, sagt Wolfgang Linhart, Unfallchirurg und Ärztlicher Direktor am SLK-Klinikum am Gesundbrunnen in Heilbronn.
Linhart geht davon aus, dass pro Woche fünf bis sechs Patienten aus dem Kriegsgebiet an den SLK-Kliniken aufgenommen werden müssen. Für ganz Deutschland sei mit etwa 500 bis 600 Patienten pro Woche zu rechnen, Baden-Württemberg übernehme davon zehn Prozent.
Die Verletzten und Kranken werden nach Auskunft des Sozialministeriums in Stuttgart (SM) bundesweit über das sogenannte Kleeblattkonzept auf Kliniken verteilt, im Land greift das Clusterkonzept. „Die jeweiligen Clusterverantwortlichen sind bereit, diese Koordinierung zu übernehmen“, heißt es aus dem Ministerium. Beides sind Strukturen, die für die koordinierte Verteilung von Corona-Patienten etabliert wurden. „Das Vorgehen hat sich über eineinhalb Jahre bewährt“, sagt Linhart. So sei nun zum Glück eine reibungslose Verteilung möglich. SLK bildet gemeinsam mit Kliniken in Ludwigsburg und Stuttgart eines der sechs Versorgungscluster im Land.
Parallel dazu werde eine Verteilung von Menschen mit Kriegsverletzungen innerhalb des bundesweiten Traumanetzwerks mit 700 angeschlossenen Kliniken organisiert, sagt Dietmar Pennig, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) auf Stimme- Anfrage. Der Gesundbrunnen ist mit seinem überregionalen Traumazentrum ebenfalls Teil davon.
Umgang mit Verletzungen durch Waffen oder Explosionen einüben
Laut Pennig werden Verletzte von der Bundeswehr und anderen Nato-Partnern entgegengenommen, sobald es gelungen ist, sie über die ukrainische Grenze, etwa nach Polen, zu bringen. „Wir können nicht selbst ins Kriegsgebiet gehen, deshalb ist es unser Ziel, die Kollegen in der Ukraine bestmöglich zu entlasten und alle Menschen, die nicht unmittelbar vor Ort versorgt werden müssen und transportiert werden können, wegzubringen und in den Nato-Ländern zu versorgen.“ Auch die US-Militärbasis in Ramstein werde dafür genutzt.
Bei der DGU wird der Umgang mit Verletzungen durch Kriegswaffen und Explosionen seit Jahren im Rahmen von Terror- und Disasterkursen eingeübt, sagt Pennig. Das sei unter anderem Konsequenz aus den Terroranschlägen in Paris im Jahr 2015 gewesen. „Wir haben es trainiert in der Hoffnung, dass wir es nie brauchen.“
Besonders in den Bereichen Kinderheilkunde und Thoraxchirurgie (Eingriffe im Brustraum) wollen die SLK-Kliniken ihre Expertise an den Standorten Heilbronn und Löwenstein zur Verfügung stellen. Linhart sagt, es sei aber noch weitgehend unklar, welche Art von medizinischer Hilfe in welchem Umfang benötigt werde. „Das ist eine große Blackbox für uns.“
Erstversorgung in der Ukraine, Weiterbehandlung zum Beispiel in Heilbronn
Er geht davon aus, dass Menschen mit Schuss- oder Sprengverletzungen nach der Erstversorgung in der Ukraine oder in angrenzenden Nachbarländern zur weiteren Behandlung nach Heilbronn kommen könnten. Man rechne zudem mit Menschen mit chronischen Erkrankungen und akutem Behandlungsbedarf wie Diabetiker oder Tumorpatienten. Auch auf die Aufnahme von Schwangeren will man vorbereitet sein. „Das ist einfach eine entsetzliche Situation, in der humanitäre Hilfe gefragt ist“, sagt Linhart. „Wir sind bereit zu helfen an jeder Stelle, an der das nötig ist.“ Er geht zusätzlich davon aus, dass über private Strukturen ins Land gekommene Menschen medizinische Hilfe benötigen werden. „Da muss jede Klinik dann schauen, was sie noch tun kann.“
Auch die niedergelassenen Ärzte in der Region bereiten sich auf die Behandlung von Flüchtlingen vor, wie ihr Sprecher Martin Uellner sagt. Was den hausärztlichen Bereich angeht, sieht Uellner keine Probleme. „Wir bekommen das hin, zumal die Impfaktionen rückläufig sind. Leider, muss man sagen.“ Die Impfung wird wohl auch ein Thema für die Geflüchteten werden, vermutet er. Viele Ukrainer seien seiner Erfahrung nach nicht oder mit dem chinesischen Sinovac-Impfstoff geimpft, der gegen Omikron kaum etwas ausrichten kann. „Wir werden entsprechende Impfaktionen anbieten.“ Auch mit Kinderärzten und Gynäkologen will sich Uellner nun über Möglichkeiten der Versorgung abstimmen.