Hitze in der Region: Wie die Menschen mit den heißen Temperaturen umgehen
Stimme.de begleitet die Menschen in der Region an diesem heißen Dienstag, an dem Höchstwerte zu erwarten sind. Genau deshalb geht es auf Baustellen schon früh morgens los. Der Hitze entgehen können die Mitarbeiter im Dönerimbiss hingegen kaum.
Erfrischende Dusche im H2Ö-Freibad

Als Mona Gänssler erkannte, dass sie mal Bademeisterin werden will, war sie 14 Jahre und hatte gerade ein Leben gerettet. Die Neuensteinerin war selbst im Freibad und sah ein Kind, das nicht schwimmen konnte. Sie zog es aus dem Wasser. Heute wird es nur selten so ernst, dass sie gar wiederbeleben muss. Meist sind es eher Schürfwunden oder Kreislaufprobleme der Badegäste, um die Gänssler sich kümmert. Gegen die Hitze rät die 32-Jährige: "Viel trinken, Käppi oder Hut tragen und die Mittagssonne meiden."
Sie selbst sei an die hohen Temperaturen gewöhnt und laufe während der Schicht auch mal unter der Dusche durch. Gänssler appelliert: Eltern sollen ihren Kindern das Schwimmen beibringen. Schwimmunterricht sei während der Corona-Pandemie zu kurz gekommen. "Konnten zuvor fünf Kinder pro Grundschul-Klasse nicht schwimmen, so sind es heute mehr als die Hälfte der Grundschüler", sagt die Bademeisterin. Sie selbst habe ihren Kindern mit wenigen Jahren beigebracht, an den Beckenrand schwimmen zu können.
Tote Hose im Heilbronner Wertwiesenpark

Weitestgehende Leere am Neckarufer und im Wertwiesenpark - den Anblick ist man in den warmen Monaten gar nicht gewohnt. Am Dienstag um die Mittagszeit ist der Parkplatz vor der Neckarhalde komplett voll, Freibadbesucher gibt es zuhauf. Direkt an den Fluss und in den Park zieht es in der Mittagshitze dagegen eher wenige.
Ein Paar ist dennoch unterwegs: Sylvia und Gabriel Yosef (Foto). Der Grund für ihren Spaziergang durch den Wertwiesenpark: "Zu Hause ist es einfach zu heiß." Die beiden besuchen ihre Tochter in Heilbronn, eigentlich wohnen sie in Köln. Seit dem Vormittag sind sie am Neckarufer und im Park, freuen sich über die frische Luft und beobachten die Enten im Teich. Auch bei Elias Said, der im Park unter einem Baum sitzt, herrschen zu Hause unangenehme Temperaturen. Um abzukühlen, geht er gerne schwimmen. In ganz Europa, sagt Said, sei es leider heißer als in den vergangenen Jahren. Wobei es noch krasser geht: In seinem Heimatland, dem Irak, erzählt er, könne es auch locker mal bis zu 50 Grad Celsius geben.
Wo in der Innenstadt Abkühlung zu finden ist

Abkühlung muss her, aber wo findet man die in der Stadt am besten? Drei Familien mit kleinen Kindern entscheiden sich am Dienstagmittag für den kleinen Wasserspielplatz am Bollwerksturm, direkt vor dem Soleo-Hallenbad. Von Weitem ist das fröhliche Quietschen der Kinder zu hören, aber nicht nur sie freuen sich über das Wasserspiel unter den Sonnensegeln: Auch Hund Diego gesellt sich dazu, sehr zur Freude der Kinder. Er wälzt sich im kühlen Nass, schlabbert ein wenig von dem Wasser und genießt es, von den Kindern gestreichelt zu werden. "Wasser ist ganz wichtig, gerade bei längeren Strecken sollte man immer auch genug für Hunde dabei haben", sagt Diegos Besitzer Uwe Scheumann.
Xenia Funk, die mit ihrem Sohn da ist, fühlt vor allem mit älteren Menschen. Im Gegensatz zu Kindern hätten sie mehr mit der Hitze zu kämpfen. Funk stört die "schlechte Luftqualität in der Innenstadt". Das Zentrum im Sommer für Autos zu sperren, wäre für sie eine Lösung. "Dann kommt eine Abkühlung wie von selbst", sagt sie.
Landwirtschaftlicher Betrieb stellt Mineralwasser und Kopfbedeckung bereit

Die Landwirtschaft zählt zu den Branchen, in denen Mitarbeiter nicht immer der Hitze entfliehen können. Besonders in den arbeitsintensiven Sonderkulturen, wie Wein- und Gemüseanbau, geht es ohne Handarbeit im Freien nicht.
Im Gemüsebaubetrieb Reuss in Oedheim erhalten die Mitarbeiter Mineralwasser auf Kosten des Hauses. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass zu wenig getrunken wird, wenn die Mitarbeiter es selbst zahlen", berichtet Geschäftsführer Sebastian Knobloch. Wer keine eigene Kopfbedeckung parat hat, der bekommt vom Betrieb eine Schirmmütze oder einen Strohhut zur Verfügung gestellt. Bei Bedarf zieht der Betrieb die tägliche Arbeitszeit in die Morgenstunden vor, und legt eine entsprechend längere Mittagspause ein." Wir haben uns gerade eine Salaterntemaschine angeschafft, die überdacht ist", ergänzt der Geschäftsführer.
"Der Maschinenpark hat in unseren Breiten trotz größerer Hitze keine Schwierigkeit, erläutert Max Weibler, Werkstattleiter bei der Baywa in Heilbronn. "Die Maschinen sind für den Einsatz in aller Welt entwickelt, also für Gebiete, in denen 40 Grad und mehr herrschen."
Die Gipser sind gern die Ersten auf der Baustelle

An den heißen Tagen ist Tobias Arnold mit seinem Team gern einer der Ersten auf der Baustelle. Dann ist es noch nicht ganz so heiß. Tobias Arnold ist Gipser. Das Problem bei zu hohen Temperaturen: "Der Gips wird zu schnell fest", erklärt er. Das ist besonders bei der letzten Schicht schlecht. Denn dann lässt sich der Reibeputz nicht mehr gleichmäßig verteilen. Deshalb wird im Hochsommer nicht an den Wänden gearbeitet, die in der prallen Sonne stehen. "Wir versuchen, entgegen der Sonne zu arbeiten", erklärt Arnold.
Er arbeitet seit 2000 als Gipser und Stuckateur, 2016 hat er die Firma Reuß übernommen. Mit Bernd Crusius (60) und Brian Dieterle (34) verputzt er Wände innen und außen "Und wenn es zu heiß oder zu kalt ist, dann versuchen wir, auch mal einen Tag innen zu arbeiten", sagt Arnold. "Natürlich hilft viel trinken", sagt Bernd Crusius. "Mindestens drei Liter", ergänzt Arnold.
Er und Crusius bevorzugen an heißen Tagen kühle Getränke, Brian Dieterle warme. "Dann muss der Körper nicht so viel arbeiten", sagt er und dreht seine Mütze nach hinten. Die hilft auch, einen kühlen Kopf zu bewahren. "Das schönste Geschäft im Sommer ist, ein Haus abzustrahlen", sagt Arnold grinsend. "Dann bekommt man immer so einen feinen Sprühregen ab." Das ist schön bei 34 Grad plus.
Große Hitze am Dönerspieß

Heiß, heißer, am heißesten ist derzeit der Arbeitsplatz im "Schichtwechsel 2" in Oedheim. Herrscht draußen sowieso schon eine Affenhitze von um die 35 Grad, steigt das Thermometer direkt vor den beiden Spießen, an denen sich das Dönerfleisch dreht, bestimmt noch einmal um 15 Grad. Auch die Fritteuse und der Pizzaofen geben ordentlich Wärme ab. Eine Klimaanlage gibt es nicht, lediglich einen Ventilator und kühle Getränke. Immerhin, Mustafa Acar, sein Bruder Osman und ein weiterer Mitarbeiter können sich abwechseln. Jammern ist keine Option: "Wir können ja nicht einfach die Türe zu machen und nach Hause gehen", sagt Mustafa Acar.
90 Prozent der Gäste nehmen ihr Essen mit nach Hause. Der gebürtige Kurde aus der Türkei gibt zu bedenken: "In meiner Heimat ist es noch viel heißer." 50 Grad seien keine Seltenheit. Allerdings sei es eine trockene Hitze. Die hohe Luftfeuchtigkeit in Deutschland erschwere das Arbeiten. Doch noch heißt es durchhalten. Entweder so lange, bis die Temperaturen fallen oder ab dem 9. August der Betriebsurlaub ansteht. plü
Am Breitenauer See herrscht gähnende Leere

Bade- und Wassersportverbot sowie die große Hitze sind die Gründe, warum die Liegewiesen verwaist sind. Die wenigen Besucher lernen eine ganz andere Seite des Gewässers im Sommer kennen.
Ein Dutzend Fahrzeuge verlieren sich auf dem Parkplatz P1, die Liegewiesen sind verwaist, nur zwei Männer gönnen sich um die Mittagszeit ein kühles Getränk im Kiosk-Biergarten: Es herrscht gähnende Leere am Breitenauer See. Große Hitze, Baden verboten: Das sind die Gründe.
Uwe Hagmann genießt die Ruhe und sein Bier. Die Schlange am Obersulmer Freibad-Kiosk, war ihm zu lang. Deshalb ist er an den See gefahren. Der Mann hinter dem Zapfhahn hat wenig zu tun. Marcus Habrom hat genügend Wasser an Bord: 2000 Liter fasst der Tank auf dem Anhänger. Der Mitarbeiter des Zwecksverbands-Bauhofs gießt dürstende junge Bäume und Stauden. "Es ist schon ein bisschen surreal" beschreibt er die Szenerie.
Eine Sülzbacherin, die beim Yoga entspannt, kann dem Badeverbot auch etwas Gutes abgewinnen: "Den See im Sommer so zu erleben, finde ich toll." Und die Abiturientin aus Lehrensteinsfeld, die im Schatten liest, freut sich, dass sie statt Besuchermassen die Wasservögel vor Augen hat.
Stand-up-Paddling an der Ehmetsklinge

Thomas Klein genießt den Tag an der Ehmetsklinge in Zaberfeld. "Ich habe im vergangenen Jahr mit dem Stand-up-Paddling begonnen, und das gefällt mir richtig gut", sagt der Nordheimer. Seit Januar ist er im Vorruhestand, und den will er nutzen. "Ich brauche Bewegung und das möglichst draußen in der Natur." Die Hitze macht ihm nur bedingt etwas aus. "Auf dem Wasser geht ja glücklicherweise ein Wind." Bei diesem Wetter hier draußen an der Ehmetsklinge zu sein, findet er ideal.
Auch Damir und Gaby Krajcek genießen den Mittag am See. Die Heilbronner fahren in der Regel lieber zum Breitenauer See, doch der ist ja noch nicht wieder freigegeben. Nun sind sie an der Ehmetsklinge, "weil es schließlich keine Alternative gibt. Das Freibad kommt jedenfalls nicht infrage".
Madeleine Frunzetti ist mit ihrem Mann aus Kornwestheim angereist. "Wir waren auch am Montag schon hier und wollten gleich noch einmal wiederkommen", sagt Madeleine Frunzetti. "Wir hoffen, dass wir diesen heißen Tag mit Wasser gut überstehen werden."