Hilfsbereitschaft wurde in der Corona-Krise geweckt und setzt sich nun in der Flüchtlingshilfe fort
Eine Erkenntnis aus den vergangenen beiden Jahren Pandemie: Es gab vielfältige Unterstützung und Hilfen. Organisatoren sind überzeugt: Die Angebote können bei Bedarf schnell wieder aktiviert werden.

Hinweis: Für Nutzer aus der Ukraine stellen wir diesen Inhalt kostenlos zur Verfügung.
Ob in Flein, Weinsberg, Siegelsbach oder Heilbronn: In vielen Kommunen haben sich in den vergangenen zwei Jahren - vor allem in der Anfangsphase der Pandemie - Initiativen gebildet. Diese haben für große Unterstützung auf einer niederschwelligen Ebene gesorgt. Die Erkenntnis ist: Sie können wieder aktiviert werden, wenn es wieder Bedarf geben sollte.
Ulrike Bürk schwärmt immer noch vom großen ehrenamtlichen Engagement in der Corona-Zeit. Bei der Frau im Weinsberger Rathaus, die die IAV-Stelle betreut und die Seniorenarbeit koordiniert, gingen so viele Angebote für die Aktion "Bürger helfen Bürger" ein, dass es gar nicht für alle Helfer eine Aufgabe gab. Vereine, Sportgruppen, Kirchengemeinden oder Privatleute meldeten sich bei Bürk, um für ältere Einwohner einzukaufen oder den Hund auszuführen. "Das war superschön", meint Bürk, deren Vermittlung irgendwann gar nicht mehr benötigt wurde. "Die Aktion wurde zum Selbstläufer."
Welle der Hilfsbereitschaft
Als Senioren Unterstützung bei der Reservierung von Impfterminen benötigten, konnte Bürk einen Joker aus dem Ärmel ziehen. Es hatte sich ein über 80-Jähriger gemeldet, der diese Aufgabe am Laptop übernahm und sogar Impfwillige zu den Impfzentren bis nach Rot am See fuhr, erzählt Bürk. "Der Mann war klasse."
"Ich glaube, dass bei den Leuten die Solidarität schon da war, sie haben es nur selbst nicht gewusst", bejaht Bürk, dass die Hilfsbereitschaft durch Corona geweckt wurde und wuchs. Man sei sich der Gemeinschaft bewusst geworden und dass man in einer solchen Situation zusammenhalten müsse. Und das setzte sich nun beim ehrenamtlichen Engagement für ukrainische Flüchtlinge fort.
"Aktiv für unsere Gemeinschaft" ist der Slogan der Bürgerstiftung Flein. "Wir versuchen, wenn es Bedarf gibt, Menschen zu helfen und Lösungen zu finden", sagt Roland Gärtner vom Vorstand und verweist auf den Tauschring oder den Arbeitskreis Flüchtlingshilfe hin, die es beide seit einigen Jahren gibt. Für die Bürgerstiftung war es keine Frage, in Zeiten von Corona Einkaufshilfe zu organisieren. "Die gibt es weiterhin, allerdings ist der Bedarf nicht mehr so groß", sagt Gärtner. Ältere Leute, die Schwierigkeiten hatten, digital Impftermine auszumachen, konnten sich ebenfalls melden.
"Bei manchen Leuten ist etwas angestoßen worden", glaubt Gärtner. Sie hätten erkannt, dass sie Möglichkeit und Kompetenz hätten und deshalb ihre Hilfe angeboten. "Das Gefühl bleibt", ist Gärtner überzeugt, dass diese Solidarität weiterhin währt. Das zeigt ihm auch der Freundeskreis der Fleiner Bürgerstiftung, ausgestattet mit einem Pool von rund 50 Leuten, die angeschrieben werden könnten, wenn Bedarf bestehe.
Dankbarkeit in Siegelsbach
In Siegelsbach hatte sich im März 2020 die Gruppe "Nachbarschaftshilfe Corona" gegründet, in der die Fußballer des SC Siegelsbach und Mitarbeiter des Kfz-Betriebs Rogic aktiv sind. "Wir haben hauptsächlich Terminvereinbarungen für Corona-Impfungen organisiert, aber auch Einkäufe für ältere Menschen", sagt Rolf Remmele vom SC Siegelsbach. "Die Menschen haben das Angebot dankbar angenommen." Die Nachfrage habe sich auf die Hauptphase der Pandemie konzentriert und sei derzeit kein Thema mehr. "Aber wenn das Thema wieder aufflammt, können wir das Ganze schnell wieder beleben." Die Gruppe ist über den Messenger-Dienst Whatsapp verbunden. "Da haben wir 25 Leute drin." Remmele lobt die Kooperation mit der Gemeinde. "Wir haben in dieser Zeit eine große Unterstützung von der Gemeinde und Bürgermeister Tobias Haucap erfahren."
Ermutigende Beispiele
Zum Thema Solidarität und Unterstützung hat Karl Friedrich Bretz gleich mehrere ermutigende Beispiele. Seine zentrale und wichtigste Botschaft: "Wir können zusammenhalten, wenn es darauf ankommt", sagt der Geschäftsführer des Diakonie-Kreisverbands Heilbronn. Manches sei in dieser Phase wichtig gewesen und habe funktioniert. In einer entspannteren Situation verliere es jedoch an Bedeutung. Bretz: "Die positiven Erfahrungen können aber wieder aufleben, wenn sie erneut gebraucht werden. Strukturen wurden geschaffen und können wieder genutzt werden. Insgesamt hat uns diese Erfahrung als Gesellschaft sehr gestärkt.
Als die Arbeit der Tafeln ins Stocken geriet, weil Ehrenamtliche für die Ladentheke und Fahrer, die zu den Risikogruppen zählen, ausfielen, sprangen Studenten ein, weil Vorlesungen ebenfalls nicht stattfanden und die jungen Menschen etwas Sinnvolles tun wollten. Die ZEAG Heilbronn stellte Lehrlinge, die Freiräume hatten, zur Verfügung. Auch der Heilbronner Nahverkehr half mit Fahrern aus, die aufgrund der geringeren Auslastung des Fahrplans somit an anderer Stelle eingesetzt werden konnten.
#HeilbronnHilft - eine Hotline für Hilfesuchende und Helfer
Die Stadt Heilbronn richtete unter "#HeilbronnHilft" eine Hotline mit einer Verteilerorganisation für Hilfesuchende und Helfer ein. "Es gab deutlich mehr Menschen, die ihre Hilfe anboten, als solche, die dann tatsächlich Hilfte brauchten. So groß war die Hilfsbereitschaft", sagt Bretz. Das hat sich inzwischen gelegt. "Heute brauchen wir das nicht mehr, aber ein Wiederaufleben wäre problemlos möglich." Und das stimmt Karl Friedrich Bretz zuversichtlich.
Grundsätzlich neue Strukturen sehe er weniger. Dafür aber eine neue Erfahrung: "Wir können uns schnell umstellen in Kommunikation und praktischer Unterstützung. Und wir haben ein fast unerschöpfliches Potenzial an Hilfsbereitschaft." Dieses Potenzial werde die Gesellschaft auch weiterhin brauchen, "denn es sind eben auch viele Menschen vereinsamt. Und Kinder und Jugendliche haben psychische Probleme nach den Kontaktsperren."