Heilbronnerin wird gedemütigt und erniedrigt und findet Hilfe
Eine 53-jährige Frau erlebt in der Partnerschaft seelische Grausamkeiten. Dank der Opferorganisation Weißer Ring erfährt ihr Leben eine Kehrtwende. Ein Erfahrungsbericht.
"Am Anfang dachte ich, ich sei selbst schuld", erzählt Christine, die ihren Nachnamen nicht öffentlich machen möchte. Ihr Ex-Partner habe sie nicht geschlagen, sie habe keine blauen Flecken vorweisen können. Er habe sie seelisch misshandelt, gedemütigt und erniedrigt. "Du bist dick, du bist hässlich, du bist dumm, hat er zu mir gesagt." Dann habe er sie tage- oder wochenlang mit Schweigen bestraft. Es sei mehr passiert, doch darüber möchte die 53 Jahre alte Heilbronnerin nicht sprechen. Gesprochen hat sie mit Alfred Kulka vom Weißen Ring. "Er hat mich ernst genommen. Er hat mir geglaubt", sagt sie. Die Hilfe des damaligen Leiters der Außenstelle des Weißen Rings in der Stadt und im Landkreis Heilbronn bringt die Kehrtwende.
Niemand glaubt ihr
Ihr Ex-Partner habe sie isoliert, bei Freunden und Verwandten schlecht gemacht, erzählt Christine. Wenn sie versucht, mit anderen über ihre Situation zu reden, stößt sie auf Ungläubigkeit. Sie besitzen zwei Autos, ein schönes Haus. Der ehemalige Partner trete freundlich und ruhig auf, sagt sie. Misshandlungen traue man ihm nicht zu. Christines Selbstbewusstsein zu dem Zeitpunkt - weg. Sie hat gesundheitliche Probleme, ihr Vater stirbt, der Rechtsanwalt des Mannes schreibt, sie solle bis Jahresende das gemeinsame Haus verlassen. Die 53-Jährige erreicht den Tiefpunkt.
Weißer Ring unterstützt auf vielfältige Weise
Die Heilbronnerin bezeichnet die Opferhilfe Weißer Ring im Rückblick als Rettungsanker. "Ich hatte das Gefühl, da ist jemand. Nach dem Gespräch habe ich stundenlang geweint." Vom Weißen Ring erhält sie einen Scheck für eine Erstberatung bei einem Anwalt. Das ist eine Möglichkeit der Unterstützung. Der Weiße Ring begleitet Betroffene zu Gerichtsverhandlungen, wenn sie das möchten. Er gewährt finanzielle Hilfe, wenn die Notsituation bedingt durch eine Straftat eingetreten ist. Er übernimmt außerdem eine Lotsenfunktion und vermittelt Opfer von Straftaten zu anderen Hilfseinrichtungen.
Gequälte Frau findet Kraft für Neuanfang
Christine möchte nach ihren eigenen Erlebnissen Opfer häuslicher Gewalt ermutigen, sich zu äußern. Sie selbst habe nach dem Gespräch mit Außenstellenleiter Kulka ihre Stimme wiedergefunden. "Es ist keine Schande, Hilfe zu suchen", sagt sie. "Es ist keine Schande zu weinen, es ist keine Schande, Hartz IV zu beantragen."
Die Heilbronnerin trifft sich ein Mal im Monat mit Menschen, die ähnliche Erfahrungen wie sie gemacht haben. "Ich bin stärker geworden", sagt sie. Ihr Hobby, das Malen, von dem ihr Ex-Mann sagte, es sei Faulheit, hat sie wieder aufgenommen. Sie lebt noch mit ihm unter einem Dach. Nachdem auch sie einen Anwalt hat und zeigt, dass sie sich zur Wehr setzt, lebt sie im gemeinsamen Haus getrennt von ihrem Ex-Partner. Das sei keine Lösung auf Dauer, sagt sie und plant ihre Zukunft. Der Weiße Ring sei für sie der Start in ein neues Leben gewesen. Ihr Rat an Frauen und Männer in vergleichbaren Lagen: "Lauf."
Kontakt für Opfer von Straftaten
Die Außenstelle des Weißen Rings in der Stadt und im Landkreis Heilbronn wird seit Jahresbeginn von Dieter Ackermann geleitet. Er ist erreichbar unter Telefon 07066/9586624 und per E-Mail heilbronn@mail.weisser-ring.de.
