Heilbronn setzt Corona-Verordnungen durch die Hintertür fort
Wer auf das Rathaus oder ein Bürgeramt will, muss weiterhin strenge Corona-Regeln befolgen. Die Stadt Heilbronn beruft sich auf das Hausrecht. Verwaltungswissenschaftler sehen das Verhalten kritisch. Im Rathaus Öhringen herrscht keine Maskenpflicht, im Rathaus Künzelsau und im Landratsamt Hohenlohekreis schon.

Am 20. März sind in Deutschland die meisten Corona-Beschränkungen im öffentlichen Leben weggefallen. So sieht es der an diesem Tag in Kraft getretene Rechtsrahmen vor, der nur noch wenige allgemeine Basisschutzmaßnahmen beinhaltet. Nach der Übergangsfrist bis 2. April besteht in Baden-Württemberg eine Maskenpflicht nur noch in Krankenhäusern, Pflegeeinrichtungen oder im öffentlichen Nahverkehr. Firmen können weiterhin per Hausrecht durchsetzen, dass Masken getragen werden.
Wie das in Bürgerämtern und Rathäusern gehandhabt werden muss, ist zumindest strittig. Und es wird in der Region unterschiedlich praktiziert, wie allein der Blick nach Heilbronn, Öhringen und Künzelsau zeigt. In vielen Städten und Gemeinden wurde beschlossen, die Corona-Maßnahmen praktisch unverändert in Kraft zu lassen. In Heilbronn ist der Zugang nach wie vor nur durch die Hintertür möglich, eine Terminvereinbarung zwingend vorgeschrieben. Zudem herrscht Maskenpflicht.
Interne Beurteilungen
In Einladungen an Pressevertreter schreibt die Pressestelle zudem, dass "dieser Termin unter strengen Hygienmaßnahmen zum Schutz vor Corona" stattfindet. "Das Tragen einer FFP2-Maske sowie die Einhaltung von Hygienevorschriften sind Voraussetzungen", heißt es weiter. Auf Anfrage beruft sich die Stadt auf ihr Hausrecht.
"Die Ausgestaltung von oben genannten Ordnungsmaßnahmen steht im pflichtgemäßen Ermessen. Die Corona-Basisschutzmaßnahmen, welche die Stadtverwaltung aufrecht hält, werden über die interne Gefährdungsbeurteilung nach Paragraph 5 und 6 des Arbeitsschutzgesetzes gerechtfertigt", begründet der Leiter des Personal- und Organisationsamtes Tilo Schilling die strengen Regeln.
Grenzwertige Maßnahmen
Verwaltungswissenschaftler halten diese Vorgehen für zweifelhaft. Zwar gelte ein Hausrecht auch in öffentlichen Einrichtungen, sagt Professor Arne Pautsch. "Das Hausrecht kann aber nicht das Infektionsschutzgesetz aushebeln", macht der Dekan an der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen in Ludwigsburg klar. Zudem sei es nicht mit dem Hausrecht einer Gaststätte vergleichbar. "Die Maßnahmen müssen auch verhältnismäßig sein", betont Pautsch und sagt mit Blick auf Heilbronn: "Das ist grenzwertig."
In einem Klagefall würde Pautsch nicht ausschließen, dass ein Kläger Recht bekäme. Der Experte verweist zudem auf das Bundesgesetz, das ja gerade die meisten Corona-Schutzmaßnahmen abgeschafft habe. "Als Jurist bin ich skeptisch, ob man das Hausrecht danach noch so extensiv zum Einsatz bringen kann", unterstreicht der Professor für Öffentliches Recht und Kommunalwissenschaften.
Stillschweigende Änderungen
Fragen wirft auch das Vorgehen der Heilbronner Stadtbibliothek auf. Dort stand am 21. März auf der Homepage: "Die Bibliothek kann ab Dienstag 5. April wieder ohne 3G-Regeln besucht werden. In den Räumlichkeiten gilt grundsätzlich keine Maskenpflicht mehr." Das habe die Bibliothek wenige Tage später stillschweigend geändert, sagt Dr. Clemens Heni. Der Direktor des Berlin International Center for the Study of Antisemitism, der seit drei Jahren in Heilbronn wohnt, hat sich darüber so geärgert, dass er der Stadt einen offenen Brief geschrieben hat, der der HSt vorliegt.
"Das vom Bundestag verabschiedete Infektionsschutzgesetz vom 18. März lässt eine solche Regelung definitiv nicht zu", sagt Heni. Er geht sogar soweit, dass er fragt, ob sich Heilbronn mit dem Verhalten strafbar mache und verweist auf die Stadtbibliothek Stuttgart, wo keine Maskenpflicht herrscht. Die Stadt gab zu dem Vorgang trotz Anfrage keine Auskunft. Sie kündigte aber an, die Bürgerämter ab 2. Mai schrittweise für Spontankunden zu öffnen. Eine Maskenpflicht in den Dienstgebäuden will die Stadt auch darüber hinaus beibehalten.

Öhringen: Tragen der Maske wird nur empfohlen
Etwas anders ist das Bild in Öhringen. Dort gilt bis Ostern, dass Termine mit der Stadt vereinbart werden sollen. Das erspare Wartezeiten und erleichtere die Planung bei Personalengpässen. Die Einhaltung der Hygieneregeln und das Tragen einer Maske werden im Rathaus und den städtischen Einrichtungen empfohlen. Es bestehe aber keine Maskenpflicht mehr, erklären Stadtsprecher Monika Pfau und Michael Walter. In der Stadtbücherei tragen freiwillig 70 Prozent der Besucher Maske, erklären die Bücherei-Mitarbeiter.

Künzelsau: Im Rathaus Maskenpflicht, in der Stadtbücherei nicht
Auch in der Stadtbücherei Künzelsau wird die Maske nur empfohlen. Für das Hallenbad gibt es keinerlei Zugangsbeschränkungen und auch keine Maskenpflicht mehr. Anders aber auf dem Rathaus: Dort gibt es ohne OP- oder FFP2-Maske keinen Zutritt, erklärt Stadtsprecherin Elke Sturm.
Landratsamt Hohenlohekreis: Maskenpflicht mit Ausnahmen
Auch für das Landratsamt Hohenlohekreis gilt weiterhin Maskenpflicht und vorherige Terminvereinbarung. Ausnahmen gebe es für die Zulassungsstelle, Führerscheinstelle sowie Ausländerbehörde, Asylbewerberleistungsstelle und Einbürgerungsbehörde. Auch für den Zutritt zu Flüchtlingsunterkünften gilt die FFP2-Maskenpflicht. Auf den Recycling- oder Wertstoffhöfen werde das Tragen einer medizinischen Maske empfohlen, erklärt Landratsamtssprecher Sascha Sprenger. Für die Schulen des Landkreises gebe es keine Zugangsbeschränkungen.