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Unfallursache unbekannt: Wann die Polizei Handydaten von Autofahrern auswertet

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Jeden Tag passieren im Schnitt fünf Verkehrsunfälle in der Region Heilbronn und im Hohenlohekreis, bei denen Menschen verletzt werden. Einige sterben. Wann die Polizei auch die Handys von Autofahrern auswertet.

Vor wenigen Tagen ist es auf der B293 bei Eppingen zu einem Unfall aus noch ungeklärter Ursache gekommen.
Vor wenigen Tagen ist es auf der B293 bei Eppingen zu einem Unfall aus noch ungeklärter Ursache gekommen.  Foto: Adrian Hoffmann

Annika Schulz, Sprecherin des Heilbronner Polizeipräsidiums, erinnert sich an einen Verkehrsunfall, der einige Zeit zurückliegt. Ein Pritschenwagen sei auf einer relativ geraden Straße aus unerklärlichen Gründen auf die Gegenspur geraten. Dort stieß das Fahrzeug mit einem entgegenkommenden Auto zusammen.

Dessen Fahrer überlebte den Zusammenstoß nicht. "Es stand die Frage im Raum, dass der Fahrer des Pritschenwagens während der Fahrt mit dem Handy telefonierte", berichtet Schulz. Der Mann habe auch gesagt, dass er telefonierte - allerdings erst unmittelbar nach dem Zusammenstoß habe er seine Partnerin angerufen. Die Polizei stellte das Handy sicher.

Autos kommen aus ungeklärter Ursache von der Straße ab

Es sind Fälle wie der geschilderte, bei denen die Polizei auch mit Hilfe von Handydaten versucht, einen Unfallhergang zu ermitteln. Dass Autos plötzlich in den Gegenverkehr geraten oder nach links oder rechts von der Fahrbahn abkommen, gehört mit zu den häufigeren Ursachen von Zusammenstößen. Dies geht aus einer Datenanalyse der Heilbronner Stimme hervor, die die Unfallstatistiken der Jahre 2016 bis 2022 auswertet. 

Demnach ereignen sich beispielsweise im Landkreis Heilbronn im Zeitraum von fünf Jahren 1600 Unfälle mit Personenschaden, bei denen die Fahrzeuge in der gleichen oder in entgegengesetzter Richtung unterwegs sind. In 1131 Fällen handelt es sich bei der Unfallursache um typische Fahrfehler. Fahrer verlieren die Kontrolle über ihren Wagen, weil zum Beispiel ihr Tempo zu hoch ist. 812 Fahrer im Landkreis kommen im besagten Zeitraum von links oder rechts von der Fahrbahn ab. In der Stadt Heilbronn sind es 134 Fahrer, im Kreis Hohenlohe 338. 

 

 

Schwere des Tatvorwurfs spielt eine Rolle

"Nur, weil jemand aus zunächst ungeklärter Ursache nach rechts oder links von der Fahrbahn abkommt, kann man nicht davon ausgehen, dass er das Handy nutzte", sagt Schulz. Wie in anderen Situationen komme die Beschlagnahmung und Auswertung eines Mobiltelefons bei Unfällen immer dann in Frage, wenn die gespeicherten Handydaten als Beweis in einem Ermittlungsverfahren in Betracht kommen. Dieser Schritt müsse aber im Verhältnis zur Schwere des Tatvorwurfes stehen. Es hänge stark von den Umständen des Einzelfalles ab und werde im Zweifelsfall vorher durch ein Gericht geprüft. Grundlage ist Paragraf 94 der Strafprozessordnung.

Üblicherweise sichern Spezialisten bei der Kriminalpolizei im Heilbronner Präsidium die Handydaten, erklärt Polizeisprecherin Schulz. In Ausnahmefällen machen es Beamte des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg. Sie ziehen die Daten auf einen Computer und der jeweilige Sachbearbeiter eines Unfalls werte diese aus.

 


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Staatsanwaltschaft ordnet Beschlagnahmung des Smartphones an 

Im Sommer des Jahres beispielsweise ordnet die Staatsanwaltschaft die Beschlagnahmung der Smartphones von zwei Autofahrern nach einem Unfall am Viadukt in Öhringen an. Die Polizei hat den Verdacht, dass sich der Fahrer eines hochmotorisierten BMW und der eines Audi vor dem Crash ein Autorennen lieferten. 

Bei ihren Ermittlungen prüft die Polizei nicht nur Handydaten. Sie geht weiteren Hinweisen nach, die zur Klärung eines Unfalls beitragen können. Hat der Fahrer beispielsweise Alkohol getrunken oder Drogen genommen? Die Daten eines Mobiltelefons allein reichen kaum. "Wir tragen alle zeitlichen Infos zusammen", sagt Schulz. Die Polizei prüft, ob sich der exakte Unfallzeitpunkt bestimmen lässt und Hinweise auf eine Handynutzung zu genau diesem Zeitpunkt vorliegen. 

Handydaten spielen im Prozess des sogenannten Wollhaus-Rasers eine Rolle. Er soll einen tödlichen Unfall verursacht haben. An einem der vergangenen Verhandlungstage vor dem Heilbronner Landgericht sind Polizeibeamte als Zeugen geladen. Sie sollten das iPhone und das Mac-Book des Angeklagten auswerten. Den Ermittlern vom Heilbronner Präsidium und vom LKA ist es jedoch nicht gelungen, die Gerätepasswörter zu knacken. 

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Kommentare

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Wilfried Müller am 25.12.2023 22:10 Uhr

zum Raser Prozess, es muss doch aber möglich sein, das Passwort zu knacken, in den Sokos und sonstigen Krimi Sendungen klappt das immer. Außerdem sollte es doch möglich sein auf den entsprechenden Plattformen mit richterlichem Beschluss die noch hinterlegten Daten anzufordern. Wenn vom Verdächtigen oder den Zeugen da nicht mitgewirkt wird, muss das auch Konsequenzen haben.

Dann noch eine Frage: wer liest die Kommentare oder wie kann ich Kommentare anderer zu einem Artikel lesen ???

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