Günstiger Wohnraum: Landkreis Heilbronn hat Nachholbedarf
Wohnraum für Menschen mit Wohnberechtigungsschein ist knapp. Um die Schwierigkeiten beim Bau ging es in Neckarsulm.

Die Zahlen sind ernüchternd. In der Stadt Heilbronn gibt es knapp über 1300 Wohnungen, die von öffentlicher Hand gefördert sind und nur von Menschen mit Wohnberechtigungsschein bezogen werden dürfen. Im Landkreis Heilbronn sind es 240. Diese Zahlen lieferte Hannes Finkbeiner, ehemaliger Aufbaugilde-Chef, bei der gemeinsamen Diskussionsveranstaltung von Aufbaugilde und Sozialverband VdK in Neckarsulm. Günstigen Wohnraum zu schaffen, ist seiner Ansicht nach auch für den „sozialen Frieden“ in der Gesellschaft erforderlich. Sonst führe es zu Unmut. Zudem kommt es auch den Innenstädten entgegen, wenn die Menschen weniger Geld in die Miete stecken müssen: Ihnen bliebe mehr Kaufkraft, sagte Hannes Finkbeiner.
Stadtsiedlung braucht halbes Jahr, um neue Wohnungen zu vermarkten
Wie viele Wohnungen fehlen tatsächlich? Es gibt einerseits die Geschichten von Familien und Singles, die kein bezahlbares Appartement finden. Zugleich erzählte Dominik Buchta, Chef der Stadtsiedlung, von der Vermarktung eines neuen Objekts: Es habe ein halbes Jahr gedauert, die neuen Wohnungen loszubekommen.
Kommunen müssen viele Paramenter berücksichtigen
Kommunen wissen um die Not. Von einem Spannungsfeld, in dem man sich bewege, berichtete Ilsfelds Bürgermeister Bernd Bordon: Städte und Gemeinden sollten langfristig keine neuen Flächen versiegeln, sie müssten die Flüchtlingskrise mitmanagen. Und es gebe viele Bauvorschriften, die zu berücksichtigen sind. Potenzial sieht er in der Sanierung bestehender Gebäude. Seiner Ansicht nach ist es zudem wichtig, dass Mehrfamilienhäuser entstehen. „Wir müssen in den Geschosswohnungsbau gehen“, sagte Bernd Bordon – wohlwissend, dass dann oft von Nachbarn Kritik kommt. Auch Gemeinderäte müssten sich überlegen: Wie hoch können solche Häuser werden, wie viele Parkplätze sind nötig?
Vier Faktoren beeinflussen ein Projekt in Massenbachhausen sehr positiv
Darüber sprach auch Massenbachhausens Bürgermeister Nico Morast, wo die Innenentwicklung vorangetrieben wird. Häuser mit sechs und acht Wohnungen sind geplant, auch er kennt die Bedenken der Anwohner. Ihm kommt deshalb in der öffentlichen Diskussion das Abwägen oft zu kurz: Man müsse eben entscheiden, welche Kompromisse möglich sind, um allen Wünschen entgegenzukommen. Die Baugenossenschaft Gewo hat ein Mehrfamilienhaus in der Leintal-Gemeinde errichtet und kann Mieten von 7,50 Euro je Quadratmeter verlangen, weil mehrere Faktoren den Baupreis positiv beeinflusst haben. Von einem Vierklang sprach Nico Morast: Die Gemeinde verkaufte das Grundstück günstig, Kreis und Land zahlten jeweils einen Zuschuss, und die Gewo sei nicht auf eine Gewinn-Maximierung aus.
„Günstiges Wohnen wird zu der sozialen Frage“, sagte Leingartens Bürgermeister Ralf Steinbrenner. Zugleich weiß er, dass alle Kommunen gern mehr unternehmen würden. Er berichtete davon, dass der Ort seit mehreren Jahren vergeblich vier Mehrfamilienhäuser ermöglichen wolle. Man komme nicht an die Grundstücke. Er forderte die Gesetzgeber in Land und Bund auf, den Kommunen mehr Möglichkeiten zu geben. Dazu gehört für ihn ein erweitertes Vorkaufsrecht, damit Städte und Gemeinden von Privatpersonen Flächen kaufen können. Manche Vorschläge der Politik kritisierte er als „Ankündigungspolitik“. Ein Beispiel: Stocke man Häuser auf, müsse geklärt sein, wohin die Drehleiter der Feuerwehr kann. Auch um mehr Freiheiten für die Kommunen ging es in den Ausführungen der Bürgermeister.
Wenn die Häuser stehen, kommen die nächsten Themen auf die Städte und Gemeinden zu
Nico Morast will es bei der Diskussion über knappen Wohnraum nicht belassen. Wenn man Menschen mehr Appartements bietet, kommen damit die nächsten Themen auf die Städte und Gemeinden zu: Die Infrastruktur müsse mitwachsen, die neuen Bürger in den Vereinen integriert werden. Bezogen auf das vor wenigen Monaten fertiggestellte Gewo-Haus sagte der Rathauschef: „Die 14 Wohnungen machen sich schnell in Kita und Schule bemerkbar.“