Gesundheitsamt: Keine Versäumnisse im Umgang mit Corona-Ausbruch
Landrat Detlef Piepenburg verteidigt den Ruf der SRH-Klinik in Bad Wimpfen. Dort sind seit Anfang April mehr als 200 Patienten und Mitarbeiter positiv auf Covid-19 getestet worden. Fünf Infizierte sind zwischenzeitlich gestorben.

Mit einer chronologischen Darstellung hat das Landratsamt Heilbronn bei einer Pressekonferenz am Donnerstag seine Sicht auf die Corona-Vorkommnisse in der Wimpfener Reha-Klinik präsentiert. Thomas Maier, Dezernent für Gesundheit, Recht und Straßen, zeichnet Schritt für Schritt nach: Wie viele Patienten und Mitarbeiter zeigten zu welchem Zeitpunkt Symptome? Wie viele Personen wurden wann positiv auf Covid-19 getestet? Welche Maßnahmen hat das Gesundheitsamt angeordnet, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen?
Amt geht nicht auf Konfrontation
„Wo war der Punkt, wo wir anders hätten steuern müssen? Diesen Punkt finde ich nicht“, bewertet Maier das Vorgehen des Gesundheitsamtes. Kritik, dass sich das Amt nie persönlich ein Bild vor Ort gemacht hat, wie die Anordnungen umgesetzt werden, lässt Clarissa Voigt nicht gelten. Voigt ist Ärztin im Gesundheitsamt und dort für Infektionsschutz zuständig. „Wir gehen erst mal nicht auf Konfrontation“, sagt sie. „Wir gehen zunächst davon aus, dass alle das gleiche Ziel verfolgen, nämlich das Virus einzudämmen.“
Wie das Gesundheitsamt mit den Ereignissen in der Reha-Klinik umgegangen sei, sei Standard. Das Amt hätte mehr getan, als das Robert-Koch-Institut verlangt. So sei die Heilbronner Behörde vom Landesgesundheitsamt Baden-Württemberg für die vielen veranlassten Tests kritisiert worden. Ungeachtet der getroffenen Vorkehrungen räumt sie ein: Einen Corona-Ausbruch in dieser Dimension habe sie im Landkreis Heilbronn nicht erlebt.
Anordnungen erfolgten ausschließlich telefonisch, per E-Mail und Fax
Thomas Maier zufolge standen Klinik und Gesundheitsamt mit Bekanntwerden der ersten Fälle am 2. April in regem telefonischen Kontakt. Seitdem wurde mehrmals am Tag miteinander telefoniert. Das Gesundheitsamt erließ im weiteren Verlauf und mit Bekanntwerden weiterer Covid-19-Infizierter weitere Anordnungen. Die Anweisungen erfolgten über das Telefon, per E-Mail und Fax. Die Klinik hatte die Umsetzung zu bestätigen.
Was ausblieb in all der Zeit: Das Gesundheitsamt verschaffte sich nie ein Bild vor Ort. „Wir gucken danach, dass die Infektion aufgehalten wird und fahren nicht im Landkreis spazieren“, sagt Voigt. Sie widerspricht dem Vorwurf, das Gesundheitsamt hätte keine Ahnung von der Zuständen dort gehabt. Die Behörde rede nicht nur mit der Klinik-Leitung, sondern habe auch Kontakt zu Patienten und Angehörigen.
Die Reha-Klinik habe dem Gesundheitsamt alle Verlegungen von Patienten mitgeteilt, sagt Dr. Ulrike Marquardt, Leiterin des Gesundheitsamts. "Wir wissen, wer ist wann wohin gegangen."
Zurzeit befinden sich 80 Patienten in der Klinik
Angehörige hatten gegenüber Stimme.de unter anderem berichtet, dass sich beispielsweise Menschen nach Ostern noch draußen, ohne Abstand zu halten, versammelt hätten. Das Besuchsverbot sei umgangen worden. Dass Patienten ohne Symptome die Klinik verlassen durften, bestätigt Maier.
Bis zum 9. April verzeichnete das Gesundheitsamt eine langsame Progression des Infektionsgeschehens. „Ein Hinweis, dass die Maßnahmen griffen“, sagt Clarissa Voigt. Doch bereits einen Tag später wurden weitere Corona-Fälle bekannt. 16 Mitarbeiter und Patienten waren positiv getestet worden. Am 16. April kamen 50 positive Neubefunde hinzu. Einen Tag später wurde die Klinik unter Quarantäne gestellt. Zurzeit befinden sich laut Gesundheitsamt 80 Patienten dort.
Erklärung für die vielen Infizierten
Wenn alles richtig gemacht wurde, warum hat sich das Virus dann trotzdem in dieser Dimension ausgebreitet? „Wir sind die ganze Zeit der Infektionskette hinterhergerannt“, sagt Voigt. Heute sei davon auszugehen, dass Mitarbeiter und Patienten ohne Symptome, die nicht wussten, dass sie infiziert waren, in der Klinik waren.
Den Beginn der Ereignisse markiert der 2. April, als das Gesundheitsamt laut Maier von der Reha-Klinik über zwei infizierte Personen und sechs weitere, die Symptome zeigten, informiert worden war. Eine Reaktion darauf sei gewesen, dass alle Mitarbeiter nur noch mit Mund- und Nasenschutz arbeiten dürfen. Dass in Deutschland generell ein Mangel an Schutzausstattung besteht, war bekannt.
„Die Klinik sagte, wir haben für einige Tage genug“, so Maier. Außerdem sei angeordnet worden, alle verlegbaren Patienten zu entlassen. Dies betraf etwa 200. Gleichzeitig seien neue Patienten aufgenommen worden, bei denen es sich „nur um die wirklich notwendigen Fälle“ gehandelt haben soll.
„SRH in Bad Wimpfen ist eine ganz hervorragende Einrichtung“, sagt Landrat Detlef Piepenburg zu Beginn der Pressekonferenz. Er gibt zu bedenken: „Unser Wissensstand heute ist nicht der vom 2. April.“ In der jeweiligen Situation gehe es um die Frage: „Welche verhältnismäßigen Mittel wenden wir an?“