Werden Eier vor Weihnachten Mangelware?
Sind die Eier wirklich alle? Fakt ist: Gestiegene Produktionskosten und Vogelgrippe schränken das Angebot jedenfalls deutlich ein. Geflügelverbände warnen bereits vor Engpässen im Handel. Worauf sich Kunden einstellen müssen.

Die Versorgung mit Eiern deutscher Herkunft ist nicht mehr gewährleistet. Das behauptet zumindest der Bundesverband Ei (BVEi), Mitglied im Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft. "Die Eier sind alle!" so fasst Henner Schönecke, Vorsitzender von BVEi, in deutlichen Worten zusammen. Der Verband munkelt sogar schon vom "Ende der Weihnachtsbäckerei". Müssen Verbraucher in diesem Jahr wirklich auf die geliebten Kekse verzichten?
Ganz so dramatisch sehen es Vertreter des Einzelhandels und des Geflügelwirtschaftsverbands Baden-Württemberg nicht. Wie dessen Erster Vorsitzender Georg Heitlinger, selbst Legehennenhalter in Eppingen, einschätzt, werden die Eier vor Weihnachten nicht ausgehen. Der Kunde müsse sich aber darauf einstellen, das nicht jedes gewünschte Sortiment immer verfügbar sei. Der BVEi versteht seine düstere Prognose als Weckruf, denn die Branche steht unter Druck.
Welche Rolle die Vogelgrippe spielt
Die Gründe für die Misere sind vielfältig. Laut dem BVEi haben viele Legebetriebe ihre Bestände reduziert, um die gestiegenen Produktionskosten vor allem in den Bereichen Energie und Futter abzufedern. Auch die Vogelgrippe, die derzeit wieder durch den herbstlichen Vogelzug im Vormarsch ist, spielt eine Rolle. Wie das Veterinäramt des Hohenlohekreises einschätzt, könnten im Zuge der Seuchenbekämpfung Geflügelbestände geräumt werden. Dies würde in europäischen Nachbarländern, aber auch in den nördlichen Bundesländern mit einer hohen Dichte an Legehennenbetrieben zu einer Verknappung des Angebots führen. "Von einer Eierknappheit bei den gewerblichen Legehennenhaltern im Landkreis ist uns bisher nichts bekannt", so das Hohenloher Veterinäramt.
Warum Nordamerika Eier aus Europa aufkauft
Laut dem Geflügelwirtschaftsverband Baden-Württemberg trägt das Verbot des Tötens männlicher Küken, das seit diesem Jahr in Deutschland in Kraft ist, zur Reduzierung der Bestände bei: Durch die gesetzliche Neuregelung habe sich die Produktion deutlich verteuert.
Der nordamerikanische Markt kaufe derzeit größere Mengen an Eiern aus Europa auf, um eigene Produktionsausfälle durch die dort grassierende Vogelgrippe zu kompensieren, ergänzt Wolfgang Schleicher, Geschäftsführer des Zentralverbands der Deutschen Geflügelwirtschaft. Auch dies trage zur Verknappung bei.
Welche Eier gerade gefragt sind, und welche im Regal liegen bleiben
Ein weiteres Dilemma: Seit der Inflation greifen Verbraucher eher zu den niedrigpreisigen Eiern. Diese stammen allerdings häufig aus Holland oder aus Norddeutschland. Eben von dort, wo die Maßnahmen gegen Vogelgrippe für leer geräumte Hühnerställe sorgen, was die Knappheit weiter befeuert. Durch die inflationsbedingte Kaufzurückhaltung seien die höherpreisigen Eier aus Bio- und Freilandhaltung dagegen schwer absetzbar, berichtet Verbandsmann Heitlinger. So hätten viele Legehennenhalter im Sommern ihre zu Kosten von 30 Cent produzierten Eier für vier Cent an die Industrie verramschen müssen. Die Folge: Die Ställe wurden nicht mehr mit jungen Hühnern aufgestockt.
Alexander Sommer, Inhaber des Edeka-Markts in Eppingen, ist noch gelassen: "Wir können im Moment alle Sorten bedienen." Seine Sorge gilt den kommenden Wochen. "Falls sich die Geflügelpest mit dem Vogelzug weiter südlich ausdehnt, dann könnte es mit den Eiern wirklich knapp werden", so der Eppinger Händler. "Aufgrund unseres großen Sortiments ist die Warenversorgung für unsere Kunden immer sichergestellt, das gilt auch für Eier", teilt Kaufland auf Anfrage mit. Lediglich bei einzelnen Artikeln könne es zu Lieferverzögerungen kommen.
Warum ein Hühnerhalter mit Eierknappheit rechnet
Peter Buyer, Legehennenhalter in Brackenheim, schließt nicht aus, dass es vor Weihnachten zu Engpässen kommt: "Vor den mehrtägigen Feiertagen, wenn die Leute ihre Kühlschränke füllen, werden wir mit Knappheiten rechnen müssen." Der Kunde werde nicht mehr jede gewünschte Gewichtsklasse oder Haltungsform im Regal vorfinden, schätzt der Eierproduzent ein. Doch zu einer Rationierung, wie jüngst in England, werde es nicht kommen. Buyers Betrieb sei bisher nicht gezwungen, die Produktion einzuschränken. Gleichwohl leidet auch der Kornhof Buyer unter der Kostenexplosion. "Wir mussten unsere Preise vor drei Wochen um etwa zehn Prozent anpassen."
Dank der Photovoltaikanlage sei man gut aufgestellt, berichtet Andrea Specht vom gleichnamigen Nudelhof in Zweiflingen-Orendelsall. Trotzdem müssten gestiegene Kosten bei Lohn und durch das Junghahnprogramm erwirtschaftet werden. Ein Jahr voraus müsse der Bestand geplant werden, erklärt Andrea Specht. Da sie im Sommer einen zusätzlichen Stall neu mit Hühnern bestückt hätten, fürchtet sie aktuell keine Engpässe. Da die 600 Hennen aber noch jung sind und gerade erst zu legen begonnen haben, sei der Lagerbestand derzeit "mehr als übersichtlich". Das bedeutet für sie: "Wir müssen gerade häufiger zu unseren Abnehmern fahren. Die bekommen die Eier quasi noch warm."