Geschädigter überrascht Richter und Anwälte im Heilbronner Messerstecher-Prozess
Wegen versuchten Totschlags muss sich ein 28-jähriger Großbottwarer vor dem Heilbronner Landgericht verantworten. Am Donnerstag benennt sein mutmaßliches Opfer unvermittelt einen neuen Zeugen.

Im Prozess vor dem Heilbronner Landgericht wegen versuchten Totschlags in Großbottwar hat der Geschädigte am Donnerstag im Zeugenstand völlig überraschend einen neuen Zeugen für den mutmaßlichen Tathergang ins Spiel gebracht. Staatsanwältin Sara Oeß wirft dem Angeklagten vor, Ende Juli 2022 einen Bekannten unvermittelt mit einem Messer verletzt zu haben, als dieser mit seinem Hund spazieren war. Dabei habe der 28-Jährige seinem Opfer drei Schnittwunden an Bein, Bauch und Handgelenk zugefügt.
Kumpel aus der Sache herausgehalten
Bis Donnerstagmorgen gingen alle Prozessbeteiligten davon aus, dass das mutmaßliche Opfer allein unterwegs war, während der Beschuldigte von zwei Freunden begleitet wurde. Jetzt sagte der Geschädigte aus, dass auch ihn ein Freund begleitet habe. Bisher habe er seinen Kumpel aus der Sache herausgehalten, weil dieser "nichts mit der Polizei zu tun haben will", so der 35-jährige Großbottwarer am zweiten Verhandlungstag vor der Schwurgerichtskammer.
Vor Gericht die Wahrheit sagen
Auch seiner Freundin und seiner Mutter habe er gesagt, sie sollen bei der Polizei den Kumpel nicht erwähnen. Da er aber vor Gericht die Wahrheit sagen müsse, könne er ihn nicht länger aus der Sache heraushalten. Auf die Frage des Vorsitzenden Richters Martin Liebisch, warum der Freund im Hintergrund bleiben wollte, hatte der Zeuge, der auch als Nebenkläger im Verfahren auftritt, keine Erklärung.
Seit zwei Wochen in Behandlung
Die Messerstiche seien inzwischen verheilt. Körperlich und seelisch hätte die Tat aber Narben hinterlassen. Es gehe ihm nicht gut. Er habe Schlafstörungen und sei seit rund zwei Wochen in psychischer Behandlung. Seit er den Zeitungsbericht zum Prozessauftakt gelesen habe, beschäftige er sich permanent mit dem Thema. Weil der Angeklagte die Unwahrheit gesagt habe.
Mit dem Klappmesser angegriffen
Entgegen dessen Aussage habe nicht er den Beschuldigten mit Tritten und einer Hundeleine angegriffen. Der Angeklagte sei vielmehr unvermittelt mit einem Klappmesser auf ihn losgegangen. Warum, könne er sich nicht erklären. "Ich kenne ihn zwar. Wir sind aber weder befreundet noch haben wir etwas miteinander zu tun."
Geschädigter soll sich "verpissen"
Sein Kumpel habe während der Tat hinter ihm gestanden und auf den Hund aufgepasst. Einer der beiden Begleiter des mutmaßlichen Messerstechers habe den Angeklagten abgedrängt. Dem Geschädigten habe er gesagt, er solle sich "verpissen". Danach sei er zu seiner Mutter gelaufen, von wo aus seine Freundin ihn mit dem Auto ins Krankenhaus fuhr, so der Geschädigte.
Freundin kann zum Tathergang nichts sagen
Zur Tat konnte die Freundin nichts sagen. "Ich war nicht dabei", so die 35-Jährige. Davon dass sie den Freund bei der Polizei heraushalten sollte, wisse sie nichts. Die Tat hat sich auf der Straße bei der Alten Schmiede abgespielt. Ein dort beschäftigter Hotelfachmann habe beim Bedienen der Gäste die Männer und Geschrei wahrgenommen. Die Tat habe er nicht beobachtet. Den vom Geschädigten genannten Freund, den er selbst persönlich kenne, habe er auch nicht gesehen.