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Gemeinsam in die neue Arbeitswelt nach Corona

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Weil die Infektionszahlen sinken, kehren viele Mitarbeiter an ihren Arbeitsplatz zurück. Experten empfehlen, über Vor- und Nachteile der Arbeit im Homeoffice zu sprechen und mit den Mitarbeitern festzulegen, wie der Arbeitsalltag künftig aussehen soll.

von Christoph Donauer und dpa
Beim Digitaldialog von IHK Heilbronn-Franken und Fraunhofer IAO diskutierten die Experten Josephine Hofmann (Mitte unten) und Carsten Schmidt (oben links) darüber, was vom Homeoffice-Boom der Corona-Zeit künftig bleibt.
Beim Digitaldialog von IHK Heilbronn-Franken und Fraunhofer IAO diskutierten die Experten Josephine Hofmann (Mitte unten) und Carsten Schmidt (oben links) darüber, was vom Homeoffice-Boom der Corona-Zeit künftig bleibt.  Foto: Christoph Donauer

Zu Beginn der Corona-Krise ging alles ganz schnell: Wer konnte, schickte als Arbeitgeber seine Mitarbeiter nach Hause. Was zuvor vielerorts nur in Ausnahmefällen üblich war, wurde zum Alltag für Millionen. "Ich habe gelernt, dass man einen großen globalen Konzern aus dem Homeoffice führen kann", bekannte der Chef der Deutschen Post, Frank Appel, in einer Telefonkonferenz.

Wer seinen Job im heimischen Wohnzimmer erledigen kann, gehört eher zu den Privilegierten. Verkäuferinnen, Paket-Zusteller, Ärztinnen oder Polizisten: Sie alle mussten weiterhin raus. Die anderen konnten zumindest dazu beitragen, die Infektionszahlen zu senken.

So erstaunlich schnell wie der Rückzug ins Homeoffice zu Krisenbeginn klappte, so kompliziert und unterschiedlich gestaltet sich nun die Rückkehr. In vielen deutschen Betrieben tüfteln Chefs und Corona-Taskforces zurzeit an Rückkehrplänen, messen Tischabstände aus und teilen ihre Angestellten in Schichten und Gruppen ein.

Homeoffice wurde über Nacht zum Thema

Wie wird die Rückkehr am besten gestaltet? Mit dieser Frage beschäftigte sich ein Digitaldialog von IHK Heilbronn-Franken und dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation in Stuttgart. "Homeoffice ist über Nacht zum Thema geworden", erklärte Stefan Gölz, Mitglied der IHK-Geschäftsführung zur Einleitung. Auch nach der Corona-Krise werde mobiles Arbeiten für viele Firmen ein Muss bleiben.

Das sieht die Arbeitswissenschaftlerin Josephine Hofmann ähnlich: "Mobiles Arbeiten hat sich vom Wohlfühl- und Vereinbarkeitsthema zum zentralen Bestandteil der Arbeitsfähigkeit in Organisationen entwickelt." Viele Unternehmen hätten es "in einer unfassbaren Geschwindigkeit" geschafft, die Arbeit aus dem Homeoffice einzurichten.

Regelmäßige Absprachen und ein gut geführter Kalender

Sie sei überrascht gewesen, dass viele Entscheider dabei langfristig geplant hätten, oft bis Mitte des nächsten Jahres. Damit Homeoffice auch künftig funktioniert, nennt Hofmann mehrere Bedingungen: eine gute technische Ausstattung, regelmäßige Absprachen, verbindliche Rückmeldungen und Anweisungen sowie ein gut gepflegter Kalender, den Kollegen einsehen können.

"Empfehlenswert ist außerdem ein guter Mix aus schriftlicher und mündlicher Kommunikation." Das rät auch Carsten Schmidt, der zum digitalen Arbeiten forscht: "Schalten Sie beim Telefonieren durchaus die Videokamera an."

Experten befürworten Recht auf Homeoffice

Führungskräften raten die Experten, feste Zeiträume einzuplanen, um Rückmeldungen der Mitarbeiter im persönlichen Gespräch einzuholen. "Sonst bleiben Sie nicht auf dem Laufenden!", sagt Hofmann. Sinnvoll sei eine wöchentliche Videokonferenz, um Aktuelles und Probleme im Team zu besprechen.

Aufmerksam beobachten die Experten die Diskussion um einen Rechtsanspruch auf Heimarbeit. In anderen Ländern gebe es diesen schon, allerdings sei es weniger ein genereller Anspruch, erklärt Hofmann: "Es ist eher das Recht, zu fragen und eine begründete Antwort zu bekommen."

Dieses Modell sei auch für Deutschland sinnvoll. "Das sorgt für eine größere Selbstverständlichkeit und einen Rechtfertigungsdruck. Man muss dann als Arbeitgeber schon begründen, warum man das nicht erlaubt."

Rückkehr soll im Austausch mit Mitarbeitern geschehen

"Wenn Menschen sich an Freiheiten gewöhnt haben, wird sich Widerstand regen, wenn ihnen diese wieder genommen werden", sagt auch Hannah Schade vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung der TU Dortmund. Es sei wichtig, Vor- und Nachteile von Homeoffice konstruktiv zu diskutieren.

Man müsse mit Ablehnung rechnen, "wenn Führungskräfte versuchen, starre Regeln einfach so weiterzuführen, ohne dass es dafür eine Notwendigkeit gibt". Eine Rückkehr, die im Austausch mit den Mitarbeitern passiert und deren Bedürfnisse berücksichtigt, hält sie für die beste Wahl: "Für jede psychologische Anpassung ist es einfacher, wenn sie graduell passiert."

 


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