Gedämpfte Freude: Heilbronner Einzelhandel darf wieder Click & Meet anbieten
Seit diesem Dienstag sind in der Stadt Heilbronn wieder Einkäufe direkt in Einzelhandelsgeschäften möglich. Allerdings schrecken hohe bürokratische Hürden Käufer ab. Unter den Kunden herrscht große Verunsicherung.

Es ist kalt. Das Wetter passt eher zu einem Novembertag als zu einem Tag im Mai. Daher sind relativ wenig Menschen am Dienstag in der Heilbronner Innenstadt unterwegs. Keine guten Voraussetzungen für den Einzelhandel, der nach dem Pfingstwochenende und nach monatelanger Durstrecke endlich wieder Click & Meet anbieten darf. Die Stadt folgt damit dem Landkreis, nachdem die Sieben-Tage-Inzidenz am vergangenen Freitag den fünften Werktag in Folge den Schwellenwert von 150 unterschritten hat.
Allerdings brauchen die Kunden einen negativen Test, den Impfnachweis oder eine Bescheinigung, dass sie nach einer Corona-Erkrankung wieder genesen sind. Unter diesen Voraussetzungen ist die Freude bei den Händler gedämpft.
Gedämpfte Erwartungen
"Unsere Erwartungen sind nicht besonders hoch, wurden aber eher übertroffen", sagt Johannes Nölscher, Geschäftsführer der Schuh-Kaufmann GmbH in der Heilbronner Innenstadt. "Am Wochenende gab es fast keine Buchungen, jetzt werden es stündlich mehr", betont der 36-Jährige. Allerdings sei bei den Kunden die Verunsicherung groß. "Viele Leute wissen nicht, dass sie einen negativen Test brauchen oder geimpft sein müssen", stellt Nölscher fest. Rund 80 Prozent unter dem Normalniveau lägen die Besucherzahlen am ersten Tag. "Es tut zwar gut, wieder das Geschäft zu öffnen, aber wir brauchen schnell wieder normale Verhältnisse", sagt Nölscher.
"Es ist eher ruhig, Termine werden zwar gebucht aber der Andrang hält sich in Grenzen", zieht Axel Palm am späten Dienstagnachmittag eine ernüchternde Bilanz. Auch der Chef des Heilbronner Modehauses stellt fest, dass bei den Kunden eine große Verunsicherung herrscht. "Viele wissen nicht ob geöffnet ist und wie die Abläufe vor Ort sind", sagt Axel Palm. Auch die geforderte Testpflicht sei ein großes Problem. "Der Aufwand für ein kurzes Einkaufserlebnis ist somit schon groß. Für viele Gäste ist der Test einfach ein Hindernis, vor dem sie zurückschrecken", so die Erfahrungen des Einzelhändlers.
Testpflicht als Haupthindernis
Enttäuschung herrscht auch beim Damenmodengeschäft Rudolfo in der Kirchbrunnenstraße. "Es waren zwar einige Kunden da, zufrieden können wir aber auf keinen Fall sein", betont Sabine Opitz. "Die Leute wollen sich einfach nicht testen lassen, das ist das Haupthindernis, und das haben uns auch viele Kunden schon am Telefon bei der Terminvereinbarung gesagt", berichtet die Kundenberaterin von ihren Erfahrungen. Opitz und ihre Kolleginnen können auch die strengen Regeln nicht nachvollziehen, die eingehalten werden müssen, damit Kunden überhaupt kommen können. "Wir dürfen bei uns maximal zwei Kunden in den Laden lassen, mit Test und Nachweisen und Masken, das ist einfach ein enormer bürokratischer Aufwand", klagt die Fachverkäuferin.
Gemischte Gefühle bei Kunden und Händlern
"Es war gut, mal wieder rauszukommen", sagt Marsela Scherer, die mit ihrer Schwester Nancy gegen 15 Uhr die Kaufhof-Filiale in der Fleinerstraße mit einer neuen Hose verlässt. Da sie zwei Mal geimpft ist, hielt sich bei ihr der bürokratische Aufwand in Grenzen. Auch ihre Schwester hat sich trotz der strengen Regeln nicht von einem Einkaufsbummel abhalten lassen. "Ich wusste, dass ich einen Test machen muss, aber es ist auch okay, wenn die Regeln eingehalten werden", findet sie. Gamze Kaydere hat dagegen nur Lebensmittel und Drogerieartikel in der Stadtgalerie eingekauft. "Ich könnte eigentlich auch Kleider einkaufen, weil ich Corona hatte und wieder genesen bin, aber zur Zeit kaufe ich eher Online", sagt sie.
Der Heilbronner Einzelhandel hofft, dass sich das bald ändert: "Das Testen ist eindeutig das Problem", betont Axel Palm. "Es sind zwar mehr Kunden da als wir bei Click and Collect hatten, aber Stand heute lohnt es sich nicht, dass wir öffnen", lautet sein enttäuschendes Fazit am Abend des ersten Tages nach der Wiedereröffnung.



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