Gastronomie-Betrieben laufen die Mitarbeiter weg
Lockdown, 3G-Regel, 2G, Kontrollen am Eingang, Masken für das Personal - die Probleme, vor denen die Gastronomie steht, sind seit Ausbruch der Corona-Pandemie gewaltig. Immer drängender werden in der Lage jetzt auch noch die Personalprobleme.

Viele Mitarbeiter sind in sichere Branchen abgewandert. Vor allem der Einzelhandel, der in diesen Zeiten boomt, hat sich Mitarbeiter aus der Gastronomie und Hotellerie gesichert. In der Branche herrscht Frust. "Uns fehlen allein in Heilbronn 600 Leute", klagt Thomas Aurich. Im Gegenzug müssten die Restaurants und Beherbergungsbetriebe mehr personalintensive Kontrollen durchführen und hätten deutlich mehr bürokratischen Aufwand, macht der Heilbronner Stadtverbandsvorsitzende des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) klar.
Deutlicher Rückgang
Ein Blick auf die nüchternen Zahlen bestätigen diese Aussagen. Wie aus einer aktuellen Umfrage hervorgeht, stellt der Fachkräftemangel inzwischen für fast 80 Prozent der Betriebe ein Problem dar. In diesem Jahr ist die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Gastronomie und Hotellerie auf unter eine Million gesunken: Sie lag laut Bundesagentur für Arbeit bei 944.000. Das sind 125.000 weniger als in Zeiten vor der Pandemie im März 2019. Damit verzeichnet die Branche einen Rückgang von 11,6 Prozent.
Im Arbeitsamtsbezirk Heilbronn sank die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten der Branche vom Höchststand im September 2019 mit 5158 auf 4507 in diesem Jahr. Noch dramatischer ist der Rückgang der geringfügig Beschäftigten. Hier sank die Zahl im gleichen Zeitraum um 2168 auf knapp 5000. Gleichzeitig hat sich die Zahl der offenen Stellen im Bund seit April 2021 auf knapp 21.000 verdoppelt. Bundesweite Zahlen über die Minijobber gibt es nicht, es ist jedoch davon auszugehen, dass der Rückgang vergleichbar ist mit Heilbronn.
Besonders dramatisch ist die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Hier stehen rund 17.000 betrieblichen Ausbildungsplätzen in Hotellerie und Gastronomie nur noch 5400 Bewerber gegenüber. Die Gründe sind vielfältig. "Die Jugendlichen sind aufgrund der Corona-Lage verunsichert. Viele fürchten auch, dass coronabedingt die Berufsausbildung nicht abgeschlossen werden kann", erläutert Manfred Grab, Leiter der Arbeitsagentur Heilbronn. Hinzu kommt, dass Betriebspraktika und Orientierungsmaßnahmen für Schüler seit 2020 nicht mehr möglich waren.
Stornierungen und Absagen
Viele Gastronomen befürchten jetzt, dass sich die Lage durch die erneute drastische Verschärfung der Corona-Verordnungen weiter verschlechtert. "Wir haben den ganzen Sommer über gerackert, um unser Personal zurückzuholen und jetzt kommt der nächste Hammer", betont Martin Kübler. Der Dehoga-Chef im Landkreis denkt inzwischen sogar darüber nach, die Ballei in den nächsten Wochen komplett zu schließen. Den Zimmerhof in Bad Rappenau, den er ebenfalls betreibt, will er allerdings auf jeden Fall offen halten. "Vor allem die Absagen praktisch aller Weihnachtsfeiern in den vergangenen Tagen machen uns schwer zu schaffen", klagt Kübler. Und der Blick in die Zukunft verheißt für ihn wenig Gutes: "Dieses Weihnachtsfest ist schlimmer für alle Kollegen wie das im vergangenen Jahr".
Das sieht Ramë Shala, der mit seinem Bruder Shaqir das Altstadthotel Wilde Rose und den Wirtskeller St. Georg in Eppingen betreibt, ähnlich. Die Hotelstornierungen und die Absage der Weihnachtsfeiern treffen uns sehr hart", sagt der Geschäftsführer. Auch für seine Mitarbeiter verheißt die Entwicklung nichts Gutes. "Wir werden wohl im Dezember in Kurzarbeit gehen", kündigt Ramë Shala an. "Andere Betriebe erweitern dagegen ihre Ruhetage wegen der Personalnot", ergänzt Thomas Aurich. Und die Sorgen werden nach den dramatischen Entwicklungen der vergangenen Tage noch größer. "Wir sind zu Corona-Nomaden geworden", wählt Aurich drastische Worte für die Lage der Branche. Zudem fürchtet der Dehoga-Stadtchef, dass viele Betriebe über die Schließung nachdenken. "Die Lokale sterben aus", lautet seine Befürchtung.
Kommentare öffnen


Stimme.de
Kommentare
am 26.11.2021 08:13 Uhr
Wir werden ab 1. Dezember vorerst in einen sechswöchigen freiwilligen Lockdown gehen. Der Hauptgrund ist die rapide ansteigende Absage von Feierlichkeiten, Tagungen und Übernachtungen. Oftmals kommen bei Tischreservierungen immer weniger Personen als angesagt. Es herrscht eine große Verunsicherung bei den Gästen und Mitarbeitern wegen der sich ständig ändernden Corona Auflagen.
Besonders bitter ist, dass die im schlimmen Jahr 2020, das wir mit einem sehr hohen negativen Ergebnis abschließen mussten, angekündigten November und Dezemberhilfen erst im Jahr 2021 ausbezahlt wurden. Die staatlichen Hilfen werden uns in diesem Jahr steuerlich als Gewinn verbucht. Obwohl wir letztes Jahr private Mittel aufgebraucht hatten um unseren Betrieb zu stützen können wir keinen Verlustrücktrag für 2020 geltend machen. Obwohl es absehbar ist, dass wir den Gewinn 2021 dringend für 2022 brauchen, können wir diesen nicht auf das neue Geschäftsjahr vortragen. (Das können nur Kapitalgesellschaften)Wir hatten ab Juli, nach Ende des Lockdowns bis letzte Woche ein sehr gutes Geschäft. Die Kosten explodieren im Jahr 22. Alleine die Gaspreise wurden ums dreifache erhöht. Das bedeutet für uns Mehrkosten bei Energie um 25000 Euro pro Jahr. Die Gemeinde Abstatt hat die Grund- und Gewerbesteuer um 10 Prozent angehoben. Und so geht es weiter....
Unsere Mitarbeiter und meine Frau und ich hätten liebend gerne bis Weihnachten gearbeitet. Finanziell und leider auch steuerlich gesehen ist es hilfreicher alle Mitarbeiter in Kurzarbeit zu schicken und noch einmal die Überbrückungshilfen zu beantragen. Es ist traurig aber wahr - in unserem Staat sind die kleinen und mittleren Unternehmen, die Eigentümergeführt sind die Dummen.
Viele Gastronomie- und Hotelbetriebe haben letztes Jahr schon schließen müssen. Viele standen am Ende des Lockdowns mit dem Rücken zur Wand aber was nach diesem Winter sein wird - weiß der liebe Gott.
Jürgen Mosthaf