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Fund von 200 Kilogramm Crystal Meth: Akribische Polizeiarbeit mit Happy End

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Ermittler des Heilbronner Polizeipräsidiums haben die Pläne von Drogenlieferanten durchkreuzt. In einer Hydraulik-Presse finden sie 200 Kilogramm Crystal Meth.

Das synthetisch hergestellte Crystal Meth bezeichnet eine Kristallform von Methamphetamin, was wiederum eine Abwandlung des Aufputschmittels Amphetamin ist.
Das synthetisch hergestellte Crystal Meth bezeichnet eine Kristallform von Methamphetamin, was wiederum eine Abwandlung des Aufputschmittels Amphetamin ist.  Foto: David-Wolfgang Ebener/dpa

Zugreifen oder abwarten? Man möchte nicht in der Haut der Polizisten stecken, die am 11. Oktober über das weitere Vorgehen bei einer Geheimoperation zu entscheiden haben. Am Ende zahlen sich akribische Ermittlungsarbeit, polizeiliche Erfahrung und ein gutes Bauchgefühl aus. Der Entschluss, einen Sattelzug auf einem Sinsheimer Parkplatz zu kontrollieren, erweist sich als goldrichtig. Die Kriminalpolizei des Heilbronner Präsidiums stößt in einer tonnenschweren Hydraulik-Presse auf 200 Kilogramm Crystal Meth. Marktwert: an die 20 Millionen Euro.

„Es war schwierig zu entscheiden“, sagt Kripo-Leiter Thomas Schöllhammer bei der Pressekonferenz am Freitag. „Wir hätten leer ausgehen können.“ Sind die Beamten aber nicht. ​


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Polizistinnen bewachen im Polizeipräsidium Heilbronn Rauschgift, das bei einer Pressekonferenz präsentiert wird. Insgesamt rund 200 Kilogramm Methamphetamin wurden in einer Hydraulikpresse sichergestellt.
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Tatverdächtige im "Crystal"-Fall schweigen


Auf einem Parkplatz erfolgt der Zugriff

Am 11. Oktober liegen Polizisten beim Parkplatz eines Sinsheimer Geschäfts für Shisha-Bedarf auf der Lauer. Nach monatelangen Ermittlungen und der verdeckten Überwachung eines tatverdächtigen 34-jährigen Heilbronners wissen sie nur, es wird eine größere Drogenlieferung erwartet. In welchem Fahrzeug, von wem – das ist unbekannt. Am Nachmittag dann fährt ein niederländischer Sattelzug auf das Gelände des Geschäfts – das nach bisherigen Erkenntnissen vermutlich nichts mit dem Delikt zu tun hat – und die Abladung beginnt. Mit dabei sind die Tatverdächtigen. Die Ermittler schlagen zu und nehmen die mutmaßlichen Dealer fest.

Die Polizisten stoßen in dem Lkw auf eine Hydraulik-Presse. Mit der scheint erst einmal alles in Ordnung zu sein. „Es gab nichts, das darauf hinwies, dass die Presse nicht funktioniert“, erzählt Schöllhammer. Die 24 Tonnen schwere Maschine wird nach Weinsberg zur Verkehrspolizei an der Autobahn gebracht. Die Heilbronner Berufsfeuerwehr und das Technische Hilfswerk Sinsheim helfen beim aufwendigen Transport.

Eine verräterische Schweißnaht

Erste Untersuchungen ergeben: Die Presse ist wohl eigens für den Transport von Drogen umgebaut worden, erzählt Schöllhammer. Ein Gutachter wird gerufen. Der Gutachter und Spezialisten der Heilbronner Feuerwehr untersuchen die Presse auf geeignete Verstecke. Vor allem nehmen sie Hohlräume und bauliche Veränderungen ins Visier. Ein Kraftakt im wahrsten Sinne des Wortes. Die Wände der Presse sind aus fünf fünf Zentimeter dickem Stahl. Letztlich ist es eine Schweißnaht im Inneren der Presse, welche die Ermittler auf die Spur des verbotenen Stoffs bringt. Sie sei unprofessionell angebracht gewesen.

Im weiteren Verlauf stoßen sie auf vier Zentimeter dicke Ummantelungen aus Blei, „um Röntgenstrahlen abzuhalten“, erklärt der Kripo-Chef. Darin entdecken sie die 200 Kilogramm Crystal Meth.

Es drohen lange Haftstrafen

Bei den Tatverdächtigen handelt es sich um einen 34 Jahre alter Heilbronner und einen 33-Jährigen aus dem Raum Sinsheim, beide sind deutsche Staatsangehörige, sagt Staatsanwalt Frank Schwörer bei der Pressekonferenz. Der 33-Jährige arbeite in der Nähe des Drogenfundortes. Der 34-Jährige sei in der Vergangenheit wegen Drogendelikten verurteilt worden und habe sich in einer stationären Suchttherapie befunden. Kommt es zur Anklage und einer Verurteilung, drohen hohe Haftstrafen von bis zu 15 Jahren.

Untersucht wird außerdem, ob der 34-Jährige als Lieferant einer anderen Gruppierung infrage kommt, die im August und September mit 20 Kilogramm Marihuana aufgeflogen ist. Schwörer unterstreicht, wie wichtig es für derartige Ermittlungen sei, auf Krypto-Kommunikation zugreifen zu können. Darunter versteht man besonders verschlüsselte Mobiltelefone, die bei Kriminellen sehr beliebt sind. Ein bekannter Anbieter dieser als äußerst sicher geltenden Handys war Encrochat. Für Polizeipräsident Hans Becker ist der Crystal-Meth-Fund ein Fall, „der in mehrfacher Hinsicht als außergewöhnlich und spektakulär zu bezeichnen ist“.

Stoff macht schnell abhängig

Crystal Meth spielt unter Drogenkonsumenten in der Region eine untergeordnete Rolle. Die Substanz führe zu einer enormen Abhängigkeit, warnt Helena Resch von der Suchtberatungsstelle Heilbronn. Die Folgen: Zähne fallen aus, die Haut platze auf und heile nicht mehr zu. Konsumenten verlieren extrem an Gewicht. Crystal Meth steigert zunächst die Leistungsfähigkeit. Dann führt der Stoff aber zu einem schnellen Verfall, sagt Kai Brennecke von der Suchtberatung der Diakonie. 

 

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