Verschärfte Corona-Testpflicht: Das Dilemma der Arbeitgeber
Nach der neuen Corona-Verordnung, die von Freitag an gilt, müssen sich ungeimpfte Beschäftigte in vielen Branchen zweimal pro Woche testen lassen. Für Gastro, Handel und Handwerk ist das in der Praxis schwierig, wie erste Reaktionen zeigen. Die Arbeitgeber dürfen nicht nach dem Impfstatus ihrer Mitarbeiter fragen.
"Ich sehe da eine große Diskrepanz", sagt Jens Schmitt. Der Schwaigerner ist Obermeister der Friseurinnung Heilbronn-Öhringen. Von Freitag an ist es vorgeschrieben, dass Mitarbeiter im Salon sich zweimal pro Woche auf Corona testen lassen, wenn sie nicht geimpft sind. "Den Impfstatus meiner Mitarbeiter darf ich aber nicht abfragen, das ist gesetzlich verboten."
Arbeitgeber darf Impfstatus nicht abfragen
Hier gibt es bei vielen Arbeitgebern Verunsicherung – insbesondere bei der Frage, wer geradestehen muss, sollten bei einer Kontrolle Verstöße festgestellt werden. Das hat das Sozialministerium auf Nachfrage klar gestellt: Die Verantwortung dafür, dass die Regeln eingehalten werden, liege bei den Arbeitnehmern.
Dieselben Fragen stellen sich auch Vertreter des Einzelhandels. Das Einkaufszentrum Ö-Center in Öhringen etwa bietet den Mitarbeitern selbst Tests an, so dass die Ungeimpften das vor Ort auf Unternehmenskosten erledigen können. Aber woher will man denn überhaupt wissen, wen das betrifft – wenn der Arbeitgeber in seiner Branche sich offiziell gar nicht nach dem Impfstatus erkundigen darf? Die genaue Quote kenne er nicht, sagt Ö-Center-Geschäftsführer Thomas Grabert: „Ich erwische sicher nicht alle.“ Er frage nicht aktiv danach, „aber das ergibt sich meist im Gespräch“.
Susanne Knapp, Geschäftsführerin im Kupferzeller Landhotel Krone, berichtet: „Wir haben einen guten Draht zu den Mitarbeitern.“ Sie wisse daher: Von ihren 27 Beschäftigten seien momentan noch fünf ungeimpft. Auch dort gibt es bereits seit Längerem ein hausinternes Testangebot – nicht zuletzt, weil man auf etwaige Warnstufen-Verschärfungen vorbereitet sein wollte. „Wir haben dafür extra Mitarbeiter zertifizieren lassen.“
Das 2G-Modell will Ö-Center-Chef Thomas Grabert – Stand heute – jedenfalls nicht einführen. Man müsse das dann ja auch kontrollieren: etwa mit Security am Eingang. „Da hätte ich Bedenken, was mein Weihnachtsgeschäft angeht.“ Die 2G-Regel steht auch in Eschental derzeit nicht zur Debatte: „Da würden wir – weil wir auch viele Tagungen und so weiter haben – unser gerade angelaufenes Geschäft wieder abbremsen“, so die Kupferzeller Hotel-Chefin.
Aber: Wenn die Infektionszahlen stark ansteigen sollten, werde man sich womöglich doch noch für 2G entscheiden, kündigt Susanne Knapp mit Blick auf die ungewisse Entwicklung in den kommenden Wintermonaten an.
Gastro beklagt Kosten der 3G-Kontrollen
Für alle Beschäftigten in Unternehmen mit Publikumsverkehr, die nicht geimpft oder genesen sind, gilt die strengere Testpflicht. Bislang galten solche strengen Regeln nur dann, wenn sich die Corona-Maßnahme deutlich verschärfte. Das steht in der Corona-Verordnung des Landes, die am Mittwochabend bekannt wurde. Das betrifft auch Gastronomiebetriebe. Die Testpflicht sieht der Heilbronner Gastronom Thomas Aurich nicht als zentrales Problem.
Der Anteil der Mitarbeiter ohne Impfung ist seiner Ansicht nach "verschwindend gering". Wohl aber sei es eine große Herausforderung, dass in Innenräumen die 3G-Regel für Gäste fortbesteht. Die Kontrollen, so Aurich, verursachten "enorme Kosten". Die Biergartensaison ist zu Ende, da helfe es nichts, dass im Freien keine Einschränkungen gelten.
Viele Händler verzichten wohl auf 2G-Option
Die aktualisierte Verordnung bringt auch eine Neuerung, die bereits erwartet worden war: Veranstalter, Dienstleister oder Händler können sich für das 2G-Optionsmodell entscheiden. Dann haben nur noch Geimpfte oder Genesene Zutritt, dann gibt es weder Maskenpflicht noch Abstandsregeln. Bei Veranstaltungen gibt es keine Kapazitätsbeschränkungen mehr. Für den Einzelhandel sei 2G wegen der aufwendigen Kontrollen keine Option, meint Johannes Nölscher, Geschäftsführer von Schuh Kaufmann in Heilbronn und Vorsitzender der Stadtinitiative: "Das können wir personell gar nicht schaffen."


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