Free the Nipples: Befürworten Menschen aus der Region "oben ohne" im Schwimmbad für alle?
Die FDP-Jugend fordert in Baden-Württemberg das Oben-ohne-Schwimmen für alle. Sollte das Baden ohne Oberteil allen erlaubt sein? Das sind die Meinungen aus der Politik und der Region Heilbronn.

Frauen "oben ohne" in Freibad und anderen Bädern, aber ohne Zwang oder Pflicht? Wenn es nach einigen Mitgliedern der Jungen Liberalen geht, dann soll genau das umgesetzt werden.
Anfang Januar stellten die Liberalen auf dem FDP-Landesparteitag in Fellbach (Baden-Württemberg) einen Antrag,in dem sie die Abschaffung unterschiedlicher Bekleidungspflichten der Geschlechter in Schwimmbäder fordern. Aus Zeitmangel stimmte der Landesparteitag nicht über diesen Antrag ab. "Es gibt sicher Wichtigeres", sagte FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke der Deutschen Presse-Agentur am Rande der Veranstaltung.
In den städtischen Bädern Freiburgs zum Beispiel ist das Baden ohne Oberteil bereits für alle Badegäste ausdrücklich erlaubt. Dort müssen laut der Badeordnungen nur noch die primären Geschlechtsmerkmale bedeckt sein. Sollen die Kommunen als Träger der Schwimmbäder die Kleiderordnung jetzt landesweit lockern und den Schwimmbadbesuch ohne Oberteil für alle erlauben? Was sagen Menschen aus der Region dazu?
Keine dringende Handlungsnotwendigkeit
"Es ist das Anrecht der Jugend, solche Fragen aufzuwerfen und gerade im gesellschaftspolitischen Bereich Althergebrachtes zu hinterfragen", teilt der Landtagsabgeordnete für den Wahlkreis Heilbronn, Nico Weinmann (FDP), der Heilbronner Stimme mit. In Sachen Schwimmbadbesuch "oben ohne" sieht Weinmann allerdings "keine dringende Handlungsnotwendigkeit". Die wichtigste Aufgabe der Politik im Umgang mit Schwimmbädern bestehe derzeit darin, Sorge zu tragen, dass diese weiterhin öffnen können und nicht den Kosten für Strom und Gas oder der Personalnot zum Opfer fallen.
Das Baden "oben ohne" unterstützt die Landtagsabgeordnete für Heilbronn, Gudula Achterberg (Grüne). Ihrer Meinung nach sollte es den Menschen freigestellt sein, wie viel oder wenig Oberkörper jemand im Schwimmbad zeigen möchte. "Die Free-the-Nippel-Kampagne existiert ja bereits seit 2012. Am See oder Strand gibt es diese Diskussion meist schon lang nicht mehr", stellt Achterberg fest. Die Heilbronnerin Nina Fischer (67) verlässt gerade das Heilbronner Freizeitbad "Soleo" in der unteren Neckarstraße. "Ohne Oberteil in den Schwimmbädern wäre nichts. Das würden viele nicht akzeptieren, denke ich, auch wenn es freiwillig wäre", sagt sie. "Es baden dort viele Jugendliche, da könnte es eher zu sexuellen Übergriffen und Ähnlichem kommen. Das ist ein Nährboden für einen kulturellen Streit."
Ein Heilbronner Student, der namentlich nicht genannt werden möchte, sieht im Baden "oben ohne" keine Probleme. "Jedem das seine", sagt er. "Ich würde mich nicht belästigt fühlen." Die Studentin Evelyn Klein (18) sieht das Baden ohne Oberteil als einen wichtigen Schritt bei der Gleichstellung der Geschlechter. "Gerade für Menschen mit Transgender-Hintergrund wäre es gut, wenn sie sich ohne Zwänge frei entfalten könnten", erklärt die junge Frau.
Emanzipation wird gefördert
"Nippel sind Nippel", sagt Mirijam Schönfelder (32). "Solange es auf Freiwilligkeit beruht, bin ich dafür. Das fördert die Emanzipation." Auch die Familien Schmidt und Schüller aus Weinsberg würden sich nicht an einer freizügigeren Kleiderordnung im Schwimmbad stören. "Uns wäre es gleichgültig. Vielleicht kommt es dann des Öfteren zu unangebrachten Blicken, aber damit müssen die leben, die sich für das Ablegen der Oberteile entscheiden", sagt die Mutter. Die übrigen Familienmitglieder nicken zustimmend.
Auffällig bei unserer nicht repräsentativen Straßenumfrage ist, dass die meisten der Befragten einer Lockerung der Kleiderordnung positiv gegenüberstehen. Viele äußern jedoch gleichzeitig Bedenken im Zusammenhang mit einem eventuellen Anstieg von sexuellen Übergriffen.