Stimme+
Weinsberg
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Fragen nach der Flucht aus der Psychiatrie

   | 
Lesezeit  2 Min
Erfolgreich kopiert!

Die Polizei hat noch keine Spur von dem 40-Jährigen, der am Samstagabend aus der offenen Station des Klinikums am Weissenhof geflohen ist. Fragen stellen sich auch bezüglich der Art und Weise, wie die Öffentlichkeit über den Fall informiert worden war.

Liegt bei einem Straftäter eine Suchtmittelabhängigkeit vor, kann er in den Maßregelvollzug, wie auf dem Foto in Weinsberg, überstellt werden.
Foto: Archiv/Berger
Liegt bei einem Straftäter eine Suchtmittelabhängigkeit vor, kann er in den Maßregelvollzug, wie auf dem Foto in Weinsberg, überstellt werden. Foto: Archiv/Berger  Foto: Berger

Am vergangenen Samstag, 20.32 Uhr, ist das Polizeipräsidium Heilbronn über die Flucht des 40-jährigen Insassen des Zentrums für Psychiatrie (ZfP) in Weinsberg informiert worden. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Das bestätigt das Polizeipräsidium Heilbronn auf Nachfrage. Die offene Station wird nach Angaben von Valentin Rohn, Pressesprecher des ZfP, um 21 Uhr geschlossen.

Nach Angaben von Florian Sommer, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Mosbach, war der Flüchtige im Februar 2019 wegen des Einbruchs in eine Wohnung und Diebstahl zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt und im September 2020 in den Maßregelvollzug nach Weinsberg überstellt worden. Der Grund: Es habe eine Suchtmittelabhängigkeit vorgelegen, erklärt das ZfP auf Nachfrage. Der 40-Jährige war vor seiner Verurteilung wegen Eigentumsdelikten und einer Körperverletzung polizeilich auffällig geworden.


Mehr zum Thema

Der Maßregelvollzug in Weinsberg.Foto: Berger
Stimme+
Stuttgart
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Sozialministerium sieht kein Sicherheitsproblem am ZfP in Weinsberg


Hinweisen geht die Polizei nach

Der Straftäter ist nach wie vor auf der Flucht, erklärt Carsten Diemer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Heilbronn. Es seien Hinweise eingegangen, denen die Polizei jetzt nachgehe. Drei Stunden nach der Flucht am Samstag hatte die Polizei eine Meldung über die sozialen Medien veröffentlicht. Zwölf Stunden später informierte sie die Öffentlichkeit. Das Vorgehen sei abgewogen und differenziert erfolgt, heißt es auf Nachfrage. "Sollte es die beabsichtigte mediale und öffentliche Wirkung in Teilen verfehlt haben, werde man dies im Präsidium konstruktiv reflektieren."

Das Zentrum für Psychiatrie in Weinsberg steht nach der erneuten Flucht in der Kritik. In einer Stellungnahme wendet sich die Psychiatrie an die Öffentlichkeit. Der 40-Jährige sei zunächst im geschlossenen Bereich der Klinik untergebracht gewesen. Lockerungsstufen bis hin zum offenen Vollzug habe er sich erarbeitet. Zunächst seien Lockerung im gesicherten Bereich ausprobiert worden. Die hat das ZfP offenbar als erfolgreich eingeschätzt und den Mann in die offene Station verlegt. "Offen geführt bedeutet, dass die Station nicht rund um die Uhr verschlossen ist", heißt es in der Stellungnahme.

In offener Station untergebracht

Dass die Polizei informiert wurde, sei eine Standardvorgabe des Sicherheitskonzepts, heißt es seitens des ZfP. Die Öffentlichkeit ist hingegen nicht informiert worden. Wegen laufender Fahndungsmaßnahmen der Polizei habe man darauf verzichtet, heißt es auf Nachfrage. Nach Ansicht der Polizei ging zum Zeitpunkt der Flucht von dem 40-jährigen Straftäter keine Gefahr aus - auch, weil er sich in der offenen Station des ZfP befunden habe, sagt Polizeisprecher Carsten Diemer.


Mehr zum Thema

Der Maßregelvollzug des Klinikums am Weissenhof in Weinsberg. Foto: Adrian Hoffmann
Stimme+
Stuttgart
Hinzugefügt. Zur Merkliste Lesezeichen setzen

Meinung zu den Zentren für Psychiatrie: Lage ist angespannt


Der Kriminologe Professor Christian Pfeiffer erklärt gegenüber unserer Redaktion, dass es derzeit Sicherheitsprobleme bei Einrichtungen des Maßregelvollzugs gebe. Er möchte hierfür nicht einzelne Bundesländer oder Einrichtungen herausheben. "Es kriselt überall."

Nicht mit einem Gefängnis vergleichbar

Die Sicherheit in einer Einrichtung des Maßregelvollzugs sei nicht mit denen einer Justizvollzugsanstalt vergleichbar, erklärt Pfeiffer. "Die Chefs dort sind Ärzte und haben Ahnung von Heilung und Therapie. Aber nicht von Sicherheit." Pfeiffer stellt auch die Frage, ob erst die Therapie und danach das Gefängnis der richtige Weg sei. "Wir müssen den Maßregelvollzug einer kritischen Bestandsaufnahme unterziehen." Man müsse untersuchen, ob in solchen Fällen die Reihenfolge getauscht werden kann. "Da müssen wir flexibler reagieren."

Drogenproblematiken bestünden in Gefängnissen und im Maßregelvollzug, erklärt Pfeiffer. Neustart-Bemühungen gebe es in beiden Einrichtungen. Seine Überlegung: "Es sollte mehr Therapie in den Strafvollzug verlegt werden."

 

Kommentar hinzufügen

Kommentare

Neueste zuerst | Älteste zuerst | Beste Bewertung
Keine Kommentare gefunden
Nach oben  Nach oben