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Chaos um die Weihnachtsferien: Verständnis und Entsetzen in der Region

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Laut Plan sollten die Weihnachtsferien in Baden-Württemberg am 23. Dezember beginnen, dann wurde der Termin einige Tage vorverlegt. Nun heißt es wieder: Ferienbeginn wie ursprünglich vorgesehen. Dieses Hin und Her versteht nicht jeder.

Dass die Weihnachtsferien nun doch erst am 23. Dezember beginnen, überrascht viele in der Region. Foto: dpa
Dass die Weihnachtsferien nun doch erst am 23. Dezember beginnen, überrascht viele in der Region. Foto: dpa  Foto: Arne Dedert (dpa)

Die Weihnachtsferien beginnen nun doch erst am 23. Dezember. Für viele in der Region kommt diese Aussage aus Stuttgart überraschend, denn Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte sich noch vor einigen Tagen ganz anders positioniert. Manche Eltern begrüßen die aktuelle Entscheidung, andere kritisieren das Hin und Her. Und in den Schulen wundert man sich über Stuttgart. Hinter vorgehaltener Hand kritisieren Rektoren die Entscheidung mit deutlichen Worten.

Heilbronner Elternvertreter findet das Auftreten der Landesregierung peinlich

"Das ist lächerlich und peinlich", urteilt Christoph Eberlein, Vorsitzender des Heilbronner Elternbeirats, über diese Kehrtwende im Staatsministerium. Er kritisiert die Landespolitik. Man könne doch nicht erst sagen, dass die Ferien verlängert werden und dann doch alles lassen wie geplant. "Dazu fällt mir nichts mehr ein."

Christoph Eberlein erinnert an eine Bildungsdemo, die im Sommer stattgefunden und die er mitorganisiert hat. Damals hätte man gefordert, dass Eltern "Bildung mit Plan" bräuchten. Das gelte immer noch. Das Hin und Her bei den Weihnachtsferien ist für den Heilbronner Elternvertreter aber das genaue Gegenteil: . "Das ist Chaos hoch 70."

Lehrer wären froh, könnten sie früher in die Ferien

Harald Schröder, Vertreter der Lehrergewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in der Region, übt ebenfalls scharfe Kritik. Kultusministerin Susanne Eisenmann habe sich gegen Ministerpräsident Winfried Kretschmann gestellt. "Ihr sturer Kopf hat sich durchgesetzt", sagt er. Lehrer gingen schon jetzt am Stock, schildert Harald Schröder die Situation in vielen Lehrerzimmern. "Die Kollegen wären froh, bekämen sie zwei Tage längere Ferien." Harald Schröder: "Ich bin sprachlos."

Harald Schröder ist überzeugt davon, dass es bei der Entscheidung weniger ums Lernen gegangen sei. "Es geht um die Betreuung der Kinder." Das zeigten auch die Erfahrungen, wenn Ferien mitten in einer Woche begännen: Davor finde nur wenig Unterricht statt. Die Klassenstufen eins bis sieben sollen vor Weihnachten nach dem Wunsch der Regierung in den Klassenzimmern unterrichtet werden, die älteren Schüler zu Hause: Harald Schröder wundert sich, wie Lehrer das schaffen sollen. Wie sehe sinnvoller Unterricht aus, wenn nur die Hälfte der Schüler anwesend sei?

Elternvertreterin kann Entscheidung verstehen

Für Zarah Abendschön-Sawall, im Land Sprecherin der Initiative "Familien in der Krise", kommt die Kehrtwende nicht überraschend. Es passe zur Strategie Eisenmanns, sagt die Schwaigernerin. Zarah Abendschön-Sawall kann mit der "pragmatischen Herangehensweise" zu den Ferien leben. Es gebe Präsenzunterricht, außerdem sei die Präsenzpflicht aufgehoben. "Ich kann mit der Entscheidung mitgehen."

Direktor erwartet eine "große Herausforderung", vor der die Schulen stehen

"Präsenzunterricht und Homeschooling gibt für Schulen eine große Herausforderung", sagt Marco Haaf, der in der Region die Schulleiter der Gymnasien vertritt. In der praktischen Umsetzung dürfte es schwierig werden, die älteren Schüler per Homeschooling zu erreichen. Ein Grund dafür ist die schlechte Internetanbindung mancher Schulen. Von Klassenzimmern aus per Videokonferenz die Schüler zu unterrichten: Das werde an manchen Schulstandorten zu Uploadproblemen führen. Marco Haaf, der das Gymnasium in Neckarsulm leitet, sagt: "Wir hätten uns ein bisschen mehr Planungssicherheit erwünscht." Zwar hat das Land nie offiziell den frühen Ferienstart mitgeteilt, allerdings hatten alle damit gerechnet. Neckarsulm hat den geänderten Ferienplan schon verschickt.

An der Öhringer August-Weygang-Gemeinschaftsschule wurde schon das Mensa-Essen abbestellt, sagt die Schulsekretärin: Da sei keine Verlässlichkeit. "Etwas mehr Struktur hätten wir uns schon gewünscht", ergänzt der stellvertretende Schulleiter Jochen Hägele. Er hat in der Mail aus Stuttgart erfahren, dass in der Weihnachtswoche die Hälfte seiner 270 Schüler im Homeschooling sein wird.

Wir haben unsere Leser nach ihrer Meinung zum Thema gefragt

An dieser Stelle wollten wir von unseren Lesern wissen, wie sie mit der Situation umgehen. Hier sind ihre Antworten:


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Natürlich schicke ich meine Kinder (nicht) in die Schule!


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Mirko Ritter am 02.12.2020 09:20 Uhr

.... nichts anderes ist das, was sich im Bezug auf die Weihnachtsferien abspielt.

Frau Eisenmann lässt sich eben ihr Schäufelchen nicht von Herrn Kretschmann abnehmen.
Ich als Elternbeiratsvorsitzender der Helmbundschule in Neuenstadt kann beide Seiten verstehen und die Argumente nachvollziehen.

Vorgezogene Ferien bedeuten eine Notbetreuung für Kinder durch die Gemeinden. Dabei müssten sicher Kinder "gemischt" werden. Das wäre im Sinne des Infektionsgeschehens sicher nicht förderlich.

Frühere Ferien für alle ist auch nachvollziehbar, wenn man sich dann auch an die "Quarantäne" hält. Somit ist ein Zusammensein der Familien an Weihnachten weniger riskant.

ABER:
Nun den Eltern es freizustellen ihre Kinder in die Schule zu schicken oder nicht führt am Ende wieder zum Chaos. Es soll normaler Unterricht stattfinden. Wenn jedoch nur die Hälfte der Schüler einer Klasse anwesend ist, kann das ja wieder nicht "gerecht" sein. Schlussendlich ist es wieder so, dass für die Schulleitungen und Lehrer ein enormer zusätzlicher Verwaltungsaufwand zu leisten ist. An das hat wohl niemand gedacht.

Sehr, sehr schade.

Ich bedanke mich ausdrücklich bei allen Schulleitungen und Lehrer, sowie Gemeinden die in dieser Zeit so gut es geht allen gerecht zu werden. Leider werden sie von der Politik etwas im Stich gelassen.

Vielen Dank und halten Sie durch!

PS: Das Kultusministerium sollte sich auch mal Gedanken über die Arbeitssicherheit Ihrer Arbeitnehmer an den Schulen machen. Wenn Unternehmen so handeln würden, würden sie Probleme mit den Berufsgenossenschaften bekommen.

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Heiko Schulz am 01.12.2020 23:18 Uhr

Das was sich Frau Eisenmann hier leistet, ist in Worte kaum zu beschreiben ohne den guten Ton zu verlieren. Vielleicht sollte Sie sich fragen, ob Sie richtig in ihrem Job ist! Würfelt man in Stuttgart neuerdings das Datum des Ferienbeginns? Das was in Stuttgart gerade passiert, ist blinder Aktionismus ohne die Spur eines Plans. Sehenden Auges ist man in die zweite Welle gerutscht und geändert hat sich seit dem Frühjahr gar nichts. Nichts verlässliches keine Klarheit und alles zu Lasten der Lehrer und der Schüler. Auf Biegen und Brechen wird hier versucht, das Konzept der offen Schulen durchzubringen. Kein Hybridunterricht, keine geteilten Klassen. Hier werden Lehrer verheizt auf Kosten der eigenen Gesundheit und die der Schüler. Katastrophal! In der freien Wirtschaft wäre man mit einem solchen Missmanagement längst seinen Job los.

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am 01.12.2020 22:55 Uhr

Natürlich hätte man sich schon vor Monaten überlegen können, was man macht, wenn die Zahlen wieder so hoch steigen. Jedem war klar, dass die zweite Welle im Herbst kommt. Auf eine seit Monaten vorhersehbare Situation wurde sich vor allem im Schulbereich nicht vorbereitet.
Warum wehrt sich die Kultusministerin so massiv gegen jegliche Form des Fernlernunterrichts, obwohl pädagogisch und virologisch vieles dafür spricht?
Ganz einfach: Weil dann jeder merken würde, dass sich an den Schulen in Sachen Digitalisierung noch immer so gut wie nichts getan hat und die Probleme annähernd die gleichen wären, wie vor 9 Monaten. Diese Blamage will man sich ersparen, dann dafür sind die Schulträger und das Kultusministerium verantwortlich. Es fehlen die Internetanschlüsse mit ausreichender Bandbreite an den Schulen, Wlan in den Klassenzimmern, die Geräte für Schüler und Lehrer und datenschutzrechtliche Fragen hat man auch noch nicht geklärt. Auch an der ausreichenden Qualifikation von vielen Schülern und Lehrern fehlt es. Genau aus diesem Grund behaupten die Kultusminister, das Virus würde sich von den Schulen fern halten, was natürlich vollkommen absurd ist. Hier würde man sich mehr Ehrlichkeit wünschen. Kann man nicht einfach zugeben, dass man die letzen 9 Monate genauso verschlafen hat, wie die Jahre davor und es dann wenigstens denjenigen Schulen erlauben, digitalen Fernunterrichts durchzuführen, die es auf die Reihe bekommen? Nein, damit das Versagen nicht auffällt, darf niemand aus der Reihe tanzen, und das auf Kosten der Gesundheit von Schülern, Lehrern und Eltern.

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