Fast vergessene Tradition des Osterlachens wird wiederbelebt
Einst haben Christen im Gottesdienst Tod und Teufel verlacht. Da ging es mitunter so derb zu, dass das Witzereißen in der Kirche offiziell verboten wurde. Heute erlebt der Brauch bei manchen Pfarrern eine Art Wiedergeburt.

Osterlachen? Zugegeben, vielleicht ist es dafür noch etwas zu früh, schließlich steht der Karfreitag noch bevor und damit das Leiden und Sterben Jesu Christi.
Doch die dürfen, wie Dekan Roland Rossnagel im Stimme-Interview zurecht sagt, nicht das letzte Wort haben. In der christlichen Frohbotschaft haben sie das auch nicht. Im Gegenteil: Mit seiner Auferstehung besiegt Gottes Sohn den Tod. Halleluja! Ostern ist das Fest des Lebens, der Freude, des Lachens.
Im Mittelalter ging es ziemlich derb zu
Herzhaftes Lachen war vom Mittelalter bis zum 19. Jahrhundert tatsächlich fester Bestandteil des österlichen Brauchtums und der kirchlichen Liturgie. Wie man sich das vorzustellen hat? Theologin Gisela Matthiae weiß von Pfarrern, die damals von der Kanzel runter nicht nur nette Witze erzählt hätten oder lustige Geschichten, sondern auch Lügen und Zoten. "Die haben Tiere nachgemacht und sogar geschlechtliche Akte. Also, es ging richtig derbe zu."
Vorläufer der politischen Satire
Das Osterlachen war auch eine Art, in lustiger Form Kritik an der weltlichen oder kirchlichen Obrigkeit zu üben, im Prinzip also Satire. Als exemplarisch dürfte der Predigtstil des unweit von Messkirch geborenen Wiener Hofpredigers Abraham a Sancta Clara gelten.
Schluss mit lustig
Protestanten stießen sich an dieser Form der Verkündigung. Scharfe Kritik am "risus paschalis" übte etwa der Basler Reformator Johannes Ökolampad. So wurde bald alles braver. Aus derben Geschichten wurden Ostermärlein, kurze, harmlose und erheiternde Geschichten, wie sie etwa in dem Buch Ovum paschale, Lateinisch das Osterei, nachzulesen sind. Mitte des 19. Jahrhunderts war Schluss mit lustig. Die Regensburger Diözesankonstitutionen von 1835 verbannte "Fabeln, gereimte Dichtungen und Obskures" aus Predigten.
Anders als im Westen sind Elemente des Osterlachens in der Ostkirche bis heute nicht verpönt, weiß der Künzelsauer Dekan Friedemann Richert. "Da wird selbst durch lautmalerische Gesten ein Lachen imitiert, etwa wenn Frauen wie im arabischen Raum üblich mit den Zungen schlagen. Damit haben sie eine körperliche Bewegung im Gottesdienst, die bei uns völlig fehlt". Hierzulande hätten Frömmigkeit und Demut die Oberhand behalten. Außerdem seien gerade evangelische Gottesdienste stark aufs Geistige und Intellektuelle ausgerichtet.
Eine kleine Kostprobe
Doch siehe da: Immer öfter lassen humorvolle Pfarrer die fast vergessene Tradition aufleben, etwa Matthias Treiber, der sogar zu humoristischen Predigten in die Matthäuskirche Sontheim lud. Den passenden Osterwitz weiß der Heilbronner Dekan Christoph Baisch:
Die Ehefrau des Josef von Arimathäa schimpft mit ihrem Mann, weil er den Jüngern das Familiengrab zur Beisetzung Jesu zur Verfügung gestellt hat. Darauf meint dieser ganz entspannt: Ach Schatz, es ist doch nur für ein Wochenende.


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