Bürokratie macht den Narren zu schaffen
Für Umzüge zur Faschingszeit muss ein umfassendes Sicherheitskonzept erstellt werden. Die Kosten dafür haben sich vervielfacht. Zunftmeister in der Region sind verärgert über die Vorgaben.

Abgesagt worden sind in der Region noch keine Faschingsumzüge, aber die zunehmenden Auflagen machen den Ehrenamtlichen große Sorgen. Nach den großen Umzügen in Ellhofen und am vergangenen Sonntag in Talheim geht es am Wochenende in Bad Rappenau, Bad Wimpfen, Dörzbach und andernorts wieder hoch her.
Bürokratie und Auflagen machen den Narren zu schaffen. "Das Sicherheitskonzept ist sehr aufwendig geworden, die Bürokratie wird immer stärker und die Kosten explodieren", sagt Thomas Jäger, Zugmarschall beim Talheimer Carnevalsverein. "Da stellt sich die Frage, wie lange man das als Verein noch stemmen kann? Irgendwann wird es vielleicht nur noch einen Umzug im Unterland geben, den alle zusammen organisieren." Manuel Steiger, Pressereferent der Wimpfener Faschingsgesellschaft (WFG) meint dazu: "Die Bürokratie hat sich in den letzten 15 Jahren und besonders jetzt, nach Corona, verdoppelt. Die Kosten für einen Umzug haben sich deutlich vervielfacht."
Auflagen für Festumzüge: Zunftmeister beklagt die steigenden Auflagen
Jeder Veranstalter müsse verantwortliche Personen benennen und brauche dafür Unterstützung von den regionalen "Blaulichtorganisationen" wie Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst, so Steiger. "Die Hauptverantwortung liegt dennoch beim Veranstalter und somit letzten Endes bei Privatpersonen." Nur wer im Ehrenamt gut vernetzt ist, wie Markus Weyhing und seine Frau bei der WFG, bekommen am Umzugstag "ordentlich Hilfe, die dringend nötig ist".
Auch Jürgen Maier, Zunftmeister der Mühlenhexen Ilsfeld, beklagt die steigenden Auflagen wie Dutzende von Anträgen, buchdicke Sicherheits- und Veranstaltungskonzepte, teure Rechnungen für Anwälte, Einsatzkräfte, Beschilderungen und Straßensperrungen: "2019/20 waren die Bestimmungen noch nicht so schlimm wie jetzt. Wir haben deutlich mehr machen müssen."
Gemeinde Dörzbach ist Veranstalter beim Frühjahrspferdemarkt
Die Situation beim Dörzbacher Frühjahrspferdemarkt ist eine etwas andere. Hier obliegt die Organisation keinem Verein, sondern der Gemeinde selbst, die Veranstalter ist. Durch die vergleichsweise geringe Größe des Festumzugs − 14 Wagen und 27 Gruppen ziehen am Samstag durch das rund 2500 Einwohner zählende Dorf im Jagsttal − seien die einzuhaltenden Vorschriften laut Rathausmitarbeiterin Kerstin Tietjen machbar. Seit 2020 ist es in Dörzbach Pflicht, dass die Wagen zuerst vom Tüv begutachtet werden. Damals sorgte das bei einigen Wagenbauern für Kritik, sie fühlten sich in ihrer Kreativität eingeschränkt. Außerdem: Pro angemeldetem Wagen wird eine Gebühr fällig, wie Kerstin Tietjen bestätigt. Die Kommune übernehme etwa 80 Prozent des Betrags. Der Rest müsse allerdings von den Teilnehmern gezahlt werden. Für weniger Wagen hätten die Vorschriften und Kosten jedoch nicht gesorgt.
Der Mulfinger Tauben- und Geflügelmarkt und mit ihm der große Festumzug ging schon am vergangenen Samstag über die Bühne. Auch hier müssen die Wagenbauer Auflagen erfüllen, so dürfen diese unter anderem eine bestimmte Größe nicht überschreiten. Und sie müssen eine Bestätigung der Fahrzeug-Haftpflichversicherung vorlegen: Der Schutz muss ausdrücklich für die Verwendung des Fahrzeugs bei "der beantragten Veranstaltung einschließlich Zu- und Abfahrt" ausgedehnt werden. "Tüv haben wir keinen", sagt Josef Beez, Vorsitzender des veranstaltenden Tauben- und Geflügelvereins. Einige Tage vor dem Umzug gibt es eine Besprechung mit den Verantwortlichen für die Wagen und den Fahrern. "Wir schauen uns direkt vor dem Umzug die Wagen an, ob alles sicher gebaut ist." Manchmal prüfe er auch schon Wagen während des Baus. Bisher habe es keine Vorfälle gegeben. "Da nehmen wir vor allem die Teilnehmer in die Pflicht", so Josef Beez.


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