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Faktencheck: Wie gut funktionieren Corona-Tests?

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Die Zahl der mit dem Sars-Cov-2-Virus Infizierten in Deutschland steigt, doch das liegt nicht nur daran, dass mehr getestet wird. Auch die Behauptung, dass die Tests eine sehr hohe Fehlerquote aufweisen, halten Experten für falsch.

Eine hohe Fehlerquote bei PCR-Tests könne man nicht bestätigen, heißt es von den Heilbronner SLK-Kliniken. Foto: dpa
Eine hohe Fehlerquote bei PCR-Tests könne man nicht bestätigen, heißt es von den Heilbronner SLK-Kliniken. Foto: dpa  Foto: Marius Becker (dpa)

Mit dem Anstieg der Covid-19-Fallzahlen in Deutschland und der Region haben uns eine Reihe von Fragen erreicht - vor allem zur Aussagekraft der sogenannten PCR-Tests, mit denen das Virus nachgewiesen werden kann. Wir geben Antworten auf häufige Fragen, bei unserer Recherche stützen wir uns vor allem auf Einschätzungen des Robert-Koch-Instituts (RKI) sowie regionaler Experten.

 

Wie funktioniert ein PCR-Test und wer wird getestet?

Derzeit getestet werden zum Beispiel Urlauber, die aus Risikogebieten nach Deutschland zurückkehren oder Menschen, bei denen der Verdacht auf eine Infektion mit dem Sars-Cov-2-Virus besteht, etwa weil sie Symptome haben. PCR steht für Polymerase Kettenreaktion. Für den Test wird in der Regel ein Abstrich aus Mund, Nase oder Rachen genommen. Dieser kann Erbgut (RNA) des Sars-Cov-2-Erregers enthalten.

In einem Labor wird das virale Erbgut durch einen empfindlichen molekularen Test nachgewiesen. Das Gerät vervielfältigt dafür das genetische Material der Probe. Durch den Einsatz fluoreszierender Stoffe sieht man, ob die gesuchten Gensequenzen des Virus vorliegen. Auch die Konzentration des viralen Erbguts, die sogenannte Viruslast, kann so bestimmt werden.

 

Es wird häufig behauptet, ein positives Testergebnis bedeute nicht, dass man mit dem Virus infiziert ist oder an Covid-19 erkrankt.

Ein positives Ergebnis bedeutet, dass das Virus Sars-Cov-2 im Körper vorhanden ist, also eine Infektion stattgefunden hat. Allerdings entwickelt nicht jeder Symptome oder gar einen schweren Verlauf bei einer Infektion. Andere Menschen anstecken kann ein Infizierter aber auch, wenn er selbst keine oder nur milde Symptome hat. Der Nachweis des Virus ist wichtig, um entsprechende Isolationsmaßnahmen einleiten zu können und so andere zu schützen.

 

Es gibt nur mehr Fälle, weil mehr getestet wird. Stimmt das?

Das ist eine Behauptung, die auch US-Präsident Trump häufig aufstellt. Der Zusammenhang lässt sich aber nicht so einfach herstellen, weder für die USA noch für Deutschland. Es ist richtig, dass hierzulande deutlich mehr getestet wird als zu Beginn der Pandemie. Dadurch werden auch mehr Fälle gefunden - vor allem solche, die asymptomatisch verlaufen, bei denen der Erkrankte also nur milde oder gar keine Symptome zeigt. Ein Teil des Anstiegs lässt sich dadurch erklären, das hat auch Gesundheitsminister Jens Spahn kürzlich gesagt.

Allerdings ist das nur die halbe Wahrheit. Der Anteil positiv Getesteter steigt derzeit nicht nur absolut, sondern auch in Relation zu den Tests. Wären steigende Neuinfektionszahlen nur auf vermehrte Tests zurückzuführen, dürfte sich der Anteil positiver Ergebnisse nicht ändern oder müsste sogar sinken. Fazit: Das Infektionsgeschehen in Deutschland nimmt seit einigen Wochen wieder zu, die Tests bilden diesen Trend ab.

 

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Die Quote an falsch-positiven Ergebnissen bei den PCR-Tests ist sehr hoch.

Auch das ist eine These, die sich in manchen Kreisen hartnäckig hält, die aber so pauschal nicht zutrifft. Hundertprozentig sicher ist kein Test. Beim Stimme-Corona-Forum zu Anfang der Woche hat der Heilbronner Ärztesprecher Martin Uellner darauf hingewiesen, dass Abstriche korrekt genommen werden müssen und es dazu eine gewisse Übung braucht. Auch der Transport der Proben zum Labor muss laut RKI unter bestimmten Bedingungen (Temperatur, Zeitfenster) gewährleistet sein.

Wenn diese Faktoren stimmen, ist die Fehlerquote bei PCR-Tests sehr gering, sagen Experten. Die SLK-Kliniken teilen mit, eine hohe Fehlerquote könne man weder belegen noch bestätigen. Laut SLK ist es ohnehin eher problematisch, "wenn ein Testergebnis falsch-negativ ist, also das Virus nicht nachgewiesen wird". Ein falsch-negativer Test suggeriere eine vermeintliche Sicherheit - in der Folge würden womöglich Sicherheitsvorkehrungen nicht getroffen und es komme zu weiteren Ansteckungen.

 

Es gibt zwar wieder mehr Fälle, allerdings wenig ernsthaft Erkrankte. Ist das Virus doch harmloser als gedacht?

Nein, der Grund für die milden Verläufe ist vermutlich, dass derzeit in Deutschland vor allem jüngere Personen betroffen sind - zum Beispiel Touristen. Diese Vermutung äußerte auch Gesundheitsminister Spahn kürzlich. Es gehe nun darum, die Ausbreitung des Virus in der älteren Bevölkerung oder bei Menschen mit Vorerkrankungen zu verhindern, denn in dieser Gruppe sind Krankheitsverläufe häufig deutlich schlimmer.

 

Wie ist die Lage bei SLK?

Um Ostern stießen die SLK-Kliniken an ihre Grenzen, was Intensivkapazitäten und Personal betrifft. "Es war eine Minute vor zwölf", sagte Oberarzt Dominik Scharpf im Juni im Rückblick. Danach entspannte sich die Lage. Seit etwa zwei Wochen behandelt SLK wieder mehr Covid-19 Patienten stationär. Im Vergleich zu März und April ist die Zahl jedoch sehr gering, heißt es.

 

Warum sieht man nach Massenereignissen wie der Demo gegen die Corona-Maßnahmen in Berlin Anfang August keinen starken Anstieg der Kurve?

Dafür kann es mehrere Gründe geben: Die Demo fand auf der Straße statt, im Freien ist das Risiko einer Ansteckung geringer als in einem geschlossenen Raum. Ein mögliches Infektionsgeschehen ließe sich zudem nur schwer zu diesem Ereignis zurückverfolgen, die Teilnehmer kamen aus vielen Orten und reisten nach der Veranstaltung wieder zurück, ohne dass eine Kontakterfassung stattgefunden hätte.

 

Warum werden verschiedene Angaben zur Inzidenz in Heilbronn veröffentlicht?

Manche Medien veröffentlichen Zahlen zur Inzidenz, die von den offiziellen Werten abweichen. Grund ist der Unterschied von Melde- und Übermittlungsdatum. Beispiel: Eine Software addiert vom 20. bis 26. August alle neuen Fälle. Darunter sind zehn Infektionen, die am 20. August (Übermittlungsdatum) um 12 Uhr mittags aus Heilbronn dem Landesgesundheitsamt weitergereicht wurden. Fünf davon sind schon am 19. August in Heilbronn aufgelaufen (Meldedatum), aber eben nach 12 Uhr. Die offizielle Inzidenz wird anhand des Meldedatums berechnet. 

 

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Kommentare

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Raphael Benner am 02.09.2020 09:34 Uhr

Sie schreiben: "Ein positives Ergebnis bedeutet, dass das Virus Sars-Cov-2 im Körper vorhanden ist, also eine Infektion stattgefunden hat."

Das ist so nicht richtig! PCR-Tests können nur Gensequenzen nachweisen aber nicht das Virus selbst. Jeder ernsthafte Wissenschaftler weiß das. Deshalb werden PCR-Kits nur empfohlen, wenn der Nachweis bereits anderweitig erfolgt ist, z. B. durch elektronenmikroskopische Aufnahmen. PCR-Tests sind für den Nachweis grundsätzlich nicht geeignet! Das gilt auch und insbesondere dann, wenn keine anderen Nachweisverfahren verfügbar sind.

Richtig ist, dass der PCR-Test sehr spezifisch ist. Genau darin liegt aber auch die Gefahr. Denn wenn die Spezifität hoch ist geht das meistens zu Lasten der Sensitivität. Sensitivität ist der statistische Begriff für die tatsächlich positiv getesteten. Ist die Sensitivität geringer als die Spezifität führt das je nach Ausmaß zu falsch positiven Ergebnissen. Diese sind z. B. dann zu erwarten, wenn andere Coronaviren in der Probe sind, die sehr ähnliche oder identische RNA-Sequenzen aufweisen. Da es sehr viele Coronaviren-Arten gibt, ist nicht auszuschließen, dass der Test auf eine Fülle anderer harmlosere Viren anschlägt und dadurch eben eine größere Anzahl falsch positiver Ergebnisse erzeugt.

Ein zweiter Test an derselben Person kann aus statistischen Gründen den Fehler deutlich reduzieren. Zweittestungen sind jedoch nicht vorgesehen. Das halte ich für einen Skandal.

Die Quote der falsch negativen Tests halte ich für verschwindend gering. PCR-Tests springen auf alles an, was an Erregern gerade so herumschwirrt, siehe oben.

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