Experten sagen voraus: Nach den Sommerferien wird Bedarf an Blutspenden in der Region steigen
Aktuell ist die Versorgungslage bei Blutspendediensten und der SLK-Blutbank in Heilbronn gut. Operationen und Therapien werden aber immer mehr.

"Vor der langen Nadel habe ich Respekt", sagt Natascha Stein aus Lehrensteinfeld kurz vor ihrer ersten Blutspende in der Gemeindehalle Ellhofen. Trotzdem will sie es heute unbedingt wagen. Denn sie hat erst kürzlich erfahren, dass sie die seltene Blutgruppe Null negativ hat, die mit allen anderen Blutgruppen kompatibel ist. "Außerdem kann es immer sein, dass auch ich mal Blut brauche", erläutert sie ihre Motivation und marschiert weiter zur Anmeldung.
Zu diesem Zeitpunkt hat Silke Kühner aus Bretzfeld bereits die Voruntersuchung hinter sich, und sie macht es sich auf einer der Liegen bequem. Ein kurzer Pieks in die Armbeuge mit der besagten langen Nadel, und schon läuft das Blut in einen Beutel. "Man darf nicht hinsehen", gibt sie als Tipp für alle, die Angst haben. Nach wenigen Minuten zeigt ein Piepsen an, dass 500 Milliliter erreicht sind. Silke Kühner hat es geschafft.
"Ich kann damit anderen helfen, deshalb gehe ich regelmäßig zum Blutspenden", erzählt sie. Im Sommer sind die Spender noch begehrter als im restlichen Jahr, weil Vorräte in der Urlaubszeit traditionell knapp werden.
Alarm schlägt der Blutspendedienst Baden-Württemberg-Hessen aber nicht. "Aktuell können wir die Patienten gut versorgen", sagt Pressesprecher Eberhard Weck. Trotz der wieder stark gestiegenen Reisetätigkeit und teils enormer Hitze gebe es ausreichend Blutspender. "Nach Ende der Sommerferien gehen wir jedoch von einer steigenden Nachfrage aus. Daher benötigen wir weiterhin dringend jeden Blutspender", betont er.
Viele Operationen werden nachgeholt
Das sagt auch Dr. Astrid Stäps, Leiterin der SLK-Blutbank in Heilbronn. Der Vorrat an Blutpräparaten sei aktuell gut, die Lage also recht entspannt. Vor vier bis sechs Wochen habe das noch anders ausgesehen. Der Verbrauch von Blut sei hoch gewesen, da viele Operationen nachgeholt worden seien. Man merke zudem, dass die Diagnosen von schwereren Krankheiten zugenommen hätten. Astrid Stäps führt das darauf zurück, dass viele Patienten während der ersten beiden Pandemie-Jahren nicht bei Vorsorgeuntersuchungen waren und Tumore oder Ähnliches jetzt entdeckt werden. Für viele Therapien bräuchten die Ärzte wiederum Blutpräparate.
Viele neue junge Spender in der Pandemie gewonnen

Für die SLK-Blutbank hatte die Corona-Pandemie aber auch einen positiven Effekt: "Wir haben viel Werbung gemacht auch über soziale Netzwerke und viele junge neue Spender gewonnen", berichtet Astrid Stäps. Auch Eberhard Weck erzählt, dass es seit Beginn der Pandemie auffallend viele Erstspender gegeben habe. Inzwischen sei aber der Vor-Corona-Schnitt wieder erreicht.
Die SLK-Blutbank versorgt die Kliniken im Verbund sowie zum Beispiel Dialyse-Praxen in Heilbronn. Astrid Stäps und ihr Team haben den Bestand immer im Auge. "Es darf nie sein, dass etwa ein Notfall nicht versorgt werden kann", betont sie. Würde der Vorrat sehr knapp, müssten planbare Operationen verschoben werden. Es würden auch Spender gezielt angerufen. Der Bedarf könne aber nicht komplett durch Spenden in der eigenen Blutbank gedeckt werden.
"Wir kaufen auch zu", sagt Astrid Stäps. Der Blutbedarf an den SLK-Kliniken sei über die Jahre stetig gestiegen. Das liege daran, dass die Operationen und Therapien heute viel komplizierter seien. Man habe viel mehr Möglichkeiten, Leben zu retten oder zu verlängern. Und dafür brauche man Blutprodukte.
Bei welcher Einrichtung man Blut spendet, ist egal
Oft kämen Menschen zum Blutspenden, wenn sie durch Erkrankungen in der Familie oder im Bekanntenkreis erfahren, wofür das Blut genau verwendet wird, sagt Astrid Stäps. "Blut kann man eben nicht in der Apotheke bestellen." Wer bei SLK Blut spende, könne sicher sein, dass die Hilfe gleich am nächsten Tag für einen Patienten in der Region zur Verfügung steht. Wo man Blut spende, sei letztlich aber egal. Wichtig sei nur, nicht zwischen den Einrichtungen zu wechseln, betont die Ärztin. Nur so könne sichergestellt werden, dass die Mindestabstände zwischen den Spenden eingehalten werden. Männer dürfen bis zu sechs Mal jährlich Blut spenden, Frauen bis zu vier Mal im Jahr.
In der SLK-Blutbank brauchen interessierte Spender derzeit keinen Termin, können aber einen vereinbaren, wenn sie möchten, erläutert Astrid Stäps. Für die Aktionen des DRK-Blutspendedienstes geht seit der Corona-Pandemie nichts mehr ohne Termin, der online vereinbart werden kann. Bei den Spendern und den Helfern komme das gut an, sagt Uli Hoffmann von der DRK-Ortsgruppe Weinsberg, die die Spendeaktion in Ellhofen mit den Sulmtalnarren organisiert hat. "Wir können zum Beispiel das Essen genauer planen", sagt er. Wartezeiten gebe es zudem kaum noch. "Es hat Charme, dass ich nach ungefähr einer Stunde fertig bin", findet auch Silke Kühn. Kritik an langen Wartezeiten hatte es vor Corona öfter gegeben, sagt Blutspendedienst-Sprecher Eberhard Weck. Deshalb habe man die Terminvereinbarung ohnehin einführen wollen. Nach den guten Erfahrungen der vergangenen Jahre, werde diese also auf jeden Fall beibehalten.
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