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Erlenbacher Firma: Mit günstigem Gas in den Bundestag

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Tillmann Raith will sich ungern in die Karten schauen lassen, wie man als Neuling in der Branche einen dicken Fisch angeln kann - Eine "Was wäre, wenn"-Geschichte.

Von Christian Gleichauf
Russisches Gas für den deutschen Bundestag? Wenn Schnee auf dem Reichstag liegt, liefert die Deutsche Energie das Gas für die Heizung. Foto: dpa
Russisches Gas für den deutschen Bundestag? Wenn Schnee auf dem Reichstag liegt, liefert die Deutsche Energie das Gas für die Heizung. Foto: dpa  Foto: Wolfgang Kumm

Irgendwie hätte es ja auch zu blöd ausgesehen, wenn Gerhard Schröder persönlich das Gas seiner russischen Freunde an den Bundestag verkauft hätte. Man mag sich kaum ausmalen, was da die deutschen Gazetten getitelt hätten: "Putin heizt dem Reichstag ein", "Altkanzler hält sich die Parlamentarier warm" oder "Liebesgrüße aus Moskau". Aber das ist ja nicht passiert.

Stattdessen liefert heute ein gar nicht mehr so kleines Unternehmen aus Erlenbach jährlich 16 Millionen Kilowattstunden Gas an den Deutschen Bundestag. Und dann führt diese Firma auch noch das Label "Deutsche Energie" im Namen und erscheint damit so urdeutsch, dass natürlich kein Medium irgendwas titelt.

Im Energiebereich spielt Nationalität keine Rolle mehr

Was sollte das auch sein? "Deutsche Energie für den Deutschen Bundestag?" Da müsste man ja eine Rüge des Presserats wegen Berichterstattung mit unbegründeter Nennung der Herkunft befürchten.

So eine Nachricht hätte zudem einen ganz und gar falschen Zungenschlag. Denn im Energiebereich spielt die Nationalität einfach keine Rolle mehr. Strom aus französischen Kernkraftwerken wird schließlich ebenso schulterzuckend zum Betrieb des koreanischen 76-Zoll-Ultra-HD-Fernsehers verwendet wie das Öl der Saudis in den Tank der deutschen Luxuslimousine fließt. Das Erdgas, das hierzulande im Winter mollige Wärme in die Stuben bringt, kommt in der Regel aus Norwegen oder aus Russland. Ist eben so.

Auch interessant: Wie aus dem Abo-Verkäufer Tillmann Raith aus Neckarsulm ein deutschlandweit erfolgreicher Energieunternehmer wurde

Aber woher kommt jetzt das Gas, mit dem der Neckarsulmer Tillmann Raith den Coup gelandet hat, Hauslieferant der deutschen Parlamentarier zu werden? Er hat damit ja so etwas wie einen Pokalsieg errungen und auf jeden Fall einen Titel, auf den auch andere Energieversorger scharf sind. Woran liegt's?

"Wir sind extrem schlank aufgestellt", sagt Raith. Hört sich bis dahin nicht nach Geheimwissen an. Das Portfolio sei wichtig, sagt er weiter. Aha. Man könne Gas an der Energiebörse Leipzig äußerst günstig einkaufen. "Mit Termingeschäften hätte man sich vor einiger Zeit die Preise für drei Jahre sichern können." Klingt nicht so, als wäre er darauf angewiesen gewesen. Das räumt er auch ein: "Wir machen keine Leerkäufe." Zu großes Risiko.

Raith verweist auf ein Stillschweigeabkommen

Aber viel wichtiger ist eben manchmal, was unausgesprochen bleibt. Bekannt ist, dass der russische Gasriese Gazprom 2011 Raiths Stromanbieter Envacom gekauft hat. Mehr will der Unternehmer darüber gar nicht sagen. Oder korrekt: Mehr darf er dazu nicht sagen.

„Es gibt ein Stillschweigeabkommen“, sagt Raith. Eindeutiger seine Aussage an einem anderen Punkt: Mit Gerhard Schröder hatte er noch nie zu tun. In einem Punkt hat Raith auf jeden Fall recht: Russisches Gas gibt es doch überall.

 

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