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Energiepreise sorgen in der Region für große Verunsicherung

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Beratungsstellen wie Mieterbund sowie Haus und Grund haben im Moment deutlich mehr Anfragen zu bearbeiten.

Alles wird teurer, besonders auch Gas, Öl, Strom. Viele Verbraucher wissen kaum noch, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen.
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Alles wird teurer, besonders auch Gas, Öl, Strom. Viele Verbraucher wissen kaum noch, wie sie ihre Rechnungen bezahlen sollen. Bascuas/stock.adobe.com  Foto: Alex Bascuas/stock.adobe.com

Werner M. hat Glück gehabt. Den Heizöltank für sein Mietshaus hat er schon letztes Jahr so gut gefüllt, dass es noch für dieses Jahr reicht. 65 Cent hatte da noch der Liter gekostet. Jetzt liegt er bei 1,67 Euro. "Fast das Dreifache." Die Wohnnebenkosten für Gas, Strom und Öl explodieren, ein Ende ist nicht in Sicht.

Relation von Miete und Einkommen stimmt nicht mehr

Was Werner M. Sorge bereitet: "Insgesamt stimmt die Relation Miete und Einkommen nicht mehr." Bei vielen Leuten mache der Wohnanteil die Hälfte des Einkommens aus statt des empfohlenen Drittels. "Durch die Energieverteuerung wird die Misere noch schlimmer."

Seine Befürchtung, dass mehr Menschen ihr Heim nicht mehr halten können, deckt sich mit der Prognose von Haus und Grund in Heilbronn, dem Verband privater Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer.

Zahlungsausfälle nehmen zu

"Die Zahlungsausfälle bei Eigentümern nehmen zu", stellt Anwalt Norbert Slomian von Haus und Grund fest. "Wir haben viele Anfragen von Verwaltern, welche Beträge sie anfordern sollen, damit die Hausgemeinschaft zahlungsfähig bleibt." Viele würden hinschmeißen, weil die Gemeinschaft nicht mitziehe.

Er glaubt: "Im kommenden Jahr wird es wohl mehr Zwangsversteigerungen geben." Unsicherheit und Angst seien groß, die Nachfrage nach Infoveranstaltungen auch. Alle zwölf Berater von Haus und Grund hätten das Thema auf dem Tisch.


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Vermieter müssen die Preissteigerungen vorfinanzieren

Die Mehrheit der Vermieter in Baden-Württemberg sind Privatleute, sie müssen die Preissteigerungen vorfinanzieren. Eine große Belastung, sagt Slomian. Gerade an diesem Morgen hat er einen Vermieter beraten, der nun 1000 statt 500 Euro monatlich fürs Gas zahlen muss. Ein anderer habe den Mietern prophylaktisch Heizung und damit Warmwasser abgestellt. "Der soziale Brennstoff ist in Berlin noch gar nicht angekommen. Aber hier wächst die Verdrossenheit."

Neuer Mietspiegel könnte die Lage verschärfen

Für Zunder könnte auch der neue Mietspiegel in Heilbronn sorgen - mit 9,5 Prozent Steigerung. Slomian glaubt zwar, dass "viele Vermieter sich davor scheuen, die Miete während der Mietzeit anzupassen". Diese Ansicht teilt der Mieterbund Heilbronn nicht. Auch er verzeichnet wegen der Energiekrise viel mehr Beratungsbedarf. Im August hatte er ein Mietmoratorium propagiert, sagt dessen Vorsitzender Alfred Huber. Ein großes Echo habe das nicht gefunden. Die Linke war im Gemeinderat mit dem Antrag gescheitert, die Mieten für zwei Jahre einzufrieren. Als kleinsten gemeinsamen Nenner formulierte der Rat einen Appell an Eigentümer und Wohnbaugesellschaften, die Miete nicht zu erhöhen.

Wohin die Gaspreiserhöhung führt, ist unklar

Ob Einmalzahlungen für Empfänger von Sozialleistungen helfen? André Sommer, Geschäftsführer der Diakonischen Bezirksstelle Neuenstadt, hält genau wie Alfred Huber eine laufende Unterstützung für sinnvoller. "Zumal völlig unklar ist, wohin die Gaspreiserhöhung noch führt", so Huber.

Trotzdem bekommt etwa das Studierendenwerk des Asta der Hochschule Heilbronn schon jede Menge Anfragen, wann die 200 Euro für Studierende ausgezahlt werden. "Die Unsicherheit ist groß", sagt Studierendenpräsident Josias Richter. Größter Horror: Dass die Hochschulen schließen. "Das würde die Leute kaputt machen. Dann lieber mit dicker Jacke im Hörsaal."

Die Angst, dass Tausenden Haushalten der Strom gesperrt wird, ist da

"Wir sehen die düstere Wolkendecke, die auf uns zukommt, aber wir sind noch lang nicht drin im Sturm", sagt André Sommer von der Diakonie. Er fürchtet, dass im Winter Tausenden Haushalten der Strom gesperrt wird. "Die Politik denkt, Menschen im Leistungsbezug bekämen die Energiekosten Eins zu Eins bezahlt. Das ist falsch." Beim Jobcenter gelte der Grundsatz der Angemessenheit, auch in der Krise. "Aber wie kann man weniger heizen, wenn es in der Bude zieht wie Hechtsuppe, wenn Kleinkinder, alte Menschen oder Pflegebedürftige dort wohnen?"

"Ich weiß nicht, wo ich noch sparen kann", sagt eine Mutter. Sie muss kochen, waschen, heizen: sonst droht Schimmel. Ihre eigene Mutter hat 280 Euro monatlich vom Sozialamt. Die 200 Euro Nachzahlung hat sie sich privat geliehen. Auf den Winter blickt sie voller Sorge: "Wie soll das nur werden?"

Jobcenter übernimmt Nachzahlung

Arbeitnehmer, die Heizkosten nachzahlen müssen, können einen Rechtsanspruch auf Erstattung durch die Jobcenter haben. Darauf weist der DGB Kreis- und Stadtverband Heilbronn hin. Bei der Grundsicherung wird bislang der Leistungsanspruch und das Einkommen gegenübergestellt. Liegt das Einkommen unter dem Anspruch, wird die Lücke ausgezahlt. Im Falle einer hohen Heizkosten-Nachforderung können Personen, deren Einkommen eigentlich über dem Grundsicherungsniveau liegt, für einen Monat trotzdem leistungsberechtigt werden. Darauf hätten zig Haushalte in der Region Anspruch, die das weder wissen noch durchsetzen, sagt André Sommer von der Diakonie Neuenstadt. Den Anspruch geltend zu machen, bedeute durchaus einen gewissen bürokratischen Aufwand.

 

 

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