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Heilbronn, eine Region gefangen zwischen Baden, Schwaben und Franken

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Der erste Teil des Volo-Projektes "So spricht Heilbronn" der Heilbronner Stimme befasst sich mit regionalen Dialekten. Sprachliche Identitäten werden von Küche, Kultur, Politik und Geschichte beeinflusst - Das ist auch in Heilbronn nicht anders. Die besondere Lage der Stadt erschwert seinen Bewohnern eine klare Identitätsfindung.

Ist Heilbronn eher schwäbisch oder eher fränkisch geprägt? Es ist eine Frage, über die in der Käthchenstadt wohl ewig Uneinigkeit herrschen wird, obwohl sie aus sprachwissenschaftlicher Sicht klar zu beantworten ist: Heilbronn ist fränkisch geprägt. Südfränkisch, um genau zu sein. Doch was die (Sprach-)Wissenschaft sagt, das entspricht oft noch lange nicht der Lebensrealität. Denn neben den sprachlichen Aspekten spielen auch kulturelle, kulinarische, historische oder familiäre Einflüsse für die Beantwortung einer Identitätsfrage eine gewichtige Rolle.

Erkenntnisse der Gegenwart: Heilbronns sprachliche Verbundenheit mit dem badischen Karlsruhe

Die Tatsache, dass sich die Heilbronner mit ihrer (sprachlichen) Identifikation schwertun, liegt wohl vornehmlich an der Lage ihrer Stadt. Innerhalb Baden-Württembergs gibt es zahlreiche Sprachgrenzen, von denen eine im Süden des Heilbronner Landkreises beginnt und das Übergangsgebiet zum (zentral-)schwäbischen Sprachraum markiert. Die Übergänge sind in beide Richtungen fließend, so dass sich im Bottwartal und im südlichen Teil des Zabergäus sowie in Teilen des angrenzenden Landkreises Ludwigsburg die Menschen wohl etwas stärker dem Schwäbischen zugehörig fühlen, als jene nördlich des Kochers. Nordöstlich des Landkreises, im Großraum Hohenlohe, dominiert zudem eine ostfränkische Dialekt-Variante.

 


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Die Sprachraumbezeichnung "südfränkisch" tut möglicherweise ihr Übriges dazu, dass es vielerorts schwerfällt, sich auf eine (sprachliche) Prägung festzulegen. Fränkisch? Das klingt für viele schnell nach Franken: Nach Christkindlesmarkt, Lebkuchen und Lothar Matthäus. Ebenso sperrig dürfte die Tatsache sein, dass sich das Gebiet des südfränkischen Sprachraumes über Heidelberg bis an die französische Grenze erstreckt. Genau genommen gibt es zwischen Heilbronn und dem badischen Karlsruhe keine Sprachgrenze, in Richtung der schwäbischen Landeshauptstadt allerdings sehr wohl.

Erkenntnisse der Vergangenheit: Politik ist für Identifikation wichtiger als Sprache

Dass sich jedoch wohl nur die wenigsten den Karlsruhern verbundener fühlen als den Stuttgartern, hat wiederum historisch-politische Gründe. Denn seit Jahrhunderten haben sich auf dem Gebiet des heutigen Baden-Württembergs immer wieder Grenzen, Zuständigkeiten und Verwaltungseinheiten verschoben. Im 19. Jahrhundert liegt Heilbronn im Norden des großen "Herzogtum Württemberg", im Deutschen Reich verläuft dann nordwestlich von Heilbronn die Grenze zwischen dem "Königreich Württemberg" und dem "Großherzogtum Baden". Zur Zeit des Nationalsozialismus ist Heilbronn schließlich Teil des Gaus "Württemberg-Hohenzollern", ehe die US-amerikanische Militärregierung bis 1952 das Land "Württemberg-Baden" leitet. Mittendrin: Heilbronn.

All dies zeigt: Heilbronner sind aus historisch-territorialer Sicht eindeutig mehr Württemberger als Badener. Daraus lässt sich wiederum schließen, dass politische und verwaltungstechnische Gegebenheiten für das Selbstverständnis und die Identifikation der Menschen in und um Heilbronn schwerer wiegen als sprachliche.

 

Das Voloprojekt der Heilbronner Stimme

Dieser Text ist Teil des Volo-Projektes "So spricht Heilbronn" der Heilbronner Stimme. Eine Woche hatten unsere Volontäre Zeit, selbst gewählte Themen anzurecherchieren und die Ergebnisse anschließend in journalistische Darstellungsformen zu gießen. Features, Reportagen, Interviews und Listicles zu den Themen Religion in Zeiten von Corona, Die Polizei und Social Media, Die politische Kommunikation der Bundesgartenschau in Heilbronn, Dialekte in der Region Heilbronn-Franken und den Lebens- und Lernbedingungen von Geflüchteten in der coronabedingten Isolation finden sich unter.

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