E-Scooter-Anbieter Lime kehrt Heilbronn den Rücken
Die Goldgräberstimmung ist vorbei: Vier Anbieter von Leih-Elektrorollern waren in Heilbronn am Start, bald ist es womöglich nur noch einer. Warum einer der Großen der Branche den Rückzug aus Heilbronn ankündigt.

Bisher mussten sich die Anbieter per Selbstverpflichtung auf bestimmte Regeln wie Parkverbotszonen oder Flottenbegrenzungen festlegen. Jetzt will die Stadt mit Anbietern erstmals eine sogenannte Sondernutzungsvereinbarung abschließen und hat dazu ein Auswahlverfahren gestartet. Bis kommenden Freitag werden die Bewerber geprüft. Das Feld scheint übersichtlich zu sein. Bisher hat sich nur der Anbieter Tier zu Heilbronn bekannt und im Gespräch mit der Stimme die guten Perspektiven in der Stadt gelobt. Neben Tier ist nur noch Lime, eine der Branchengrößen, in Heilbronn am Start. In Heilbronn waren mit Bird, Zeus, Tier und Lime zeitweise vier Anbieter im Rennen. Bird und Zeus haben sich zurückgezogen.
Jetzt der Paukenschlag: Lime will nicht mehr, zieht sich voraussichtlich im Herbst aus Heilbronn zurück. "Nach gründlicher Erwägung sind wir zum Entschluss gekommen, nicht an dem Verfahren teilzunehmen", teilt eine Sprecherin auf Nachfrage mit. Marktregulierung sei okay, heißt es: "Diese muss jedoch verhältnismäßig, diskriminierungsfrei und ausgewogen sein, damit langfristig ein nachhaltiger Betrieb und der Erhalt von Arbeitsplätzen gewährleistet werden kann." In Heilbronn sieht Lime das nicht gegeben und stößt sich an mehreren Punkten aus dem Aufgabenheft, mit dem die Stadt ihre neuen Vereinbarungen verknüpft.
Lime kritisiert Regeln: Rückzug aus Heilbronn
So soll es möglich sein, dass die Stadt Flotten "temporär oder dauerhaft" reduziert, wie es im Dokument zum Anbieterverfahren heißt. Für Lime ist das ein "nicht einschätzbares wirtschaftliches Risiko", teilt das Unternehmen mit. Auch dass Heilbronn bestrebt ist, die Zahl der Scooter auf verschiedene Zonen, von der Innenstadt bis in Randbereiche, zu verteilen, ist für den Anbieter nicht akzeptabel. "Gemessen an unseren Erfahrungen in Heilbronn verwässert eine solche filigrane Zonierung die Möglichkeit eines bedarfsgerechten Angebotes."
Nach Informationen der Stadt hat Lime derzeit 200 Scooter im Umlauf, Tier 400, dazu noch 200 E-Bikes. Alles funktioniert nach dem Freefloat-Prinzip: Die Roller werden per App lokalisiert, gebucht und gestartet. Dann stellt sie der Nutzer dort ab, wo es erlaubt ist. Hier fiel zuletzt auf: Bei Lime wurden die roten Felder der Parkverbotszonen in Heilbronn zuletzt immer dichter. Über den Grund für die Einschränkung gibt es unterschiedliche Angaben. "Lime definiert festgelegte Abstellflächen nach den Vorgaben der Stadt", teilt das Unternehmen mit. Aus dem Rathaus heißt es: "Über fest eingerichtete Parkzonen der Firma Lime ist uns nichts bekannt." Das obliege dem Anbieter. Wohl aber gibt es per Selbstverpflichtung Tabuzonen in Parks, in Einfahrten oder an Bushaltestellen.
Immer mehr Städte mit strengeren Vorgaben
Ob es neben Tier weitere Bewerber gibt, dazu macht die Stadt keine Angaben. Maximal zwei sind vorgesehen, jeder mit maximal 400 E-Scootern und 200 E-Bikes. Und dafür werden die Anbieter zur Kasse gebeten. Pro Roller und Jahr sind 12,50 Euro an die Stadt zu zahlen, bei den Fahrrädern 20 Euro. Stuttgart, das ebenfalls die Zügel angezogen hat, verlangt sogar 7,50 Euro pro Monat und Scooter. Infolge von Protesten über wild abgestellte Roller machen also immer mehr Städte strengere Vorgaben. Wobei in Deutschland noch keine Stadt so weit geht wie Paris: Dort werden die Leih-Scooter nach einem Bürgerentscheid verboten.