E-Akte für Patienten kommt, aber langsam – was Ärzte und Kassen aus Heilbronn sagen
Ab Dienstag, 29. April, soll die elektronische Patientenakte überall zur Verfügung stehen, doch vielerorts fehlen Softwarekomponenten. Das sagen Ärzte und Kassenvertreter aus der Region Heilbronn.
Seit Dienstag, 29. April, soll die elektronische Patientenakte (ePA) bundesweit eingeführt werden, nachdem bisher lediglich Testregionen angeschlossen waren. Patienten in der Region dürften jedoch auch in den kommenden Wochen wenig bis gar nichts von der neuen digitalen Anwendung merken, denn in vielen Praxen fehlen offenbar noch Softwarekomponenten. Bis Oktober soll sich das jedoch ändern. Laut den Plänen des scheidenden Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) wird der Einsatz der ePA dann für Arztpraxen und Kliniken verpflichtend.
Widerspruch gegen ePA ist auch später noch möglich
Man gehe davon aus, dass die breite Nutzung sich sehr schnell entwickeln werde, sagte Lauterbach in Berlin. "Es haben nur etwa fünf Prozent der Nutzung widersprochen, seitens der Patienten." Seit dem 15. Januar werden für die mehr als 70 Millionen gesetzlich Versicherten in Deutschland elektronische Patientenakten angelegt, sofern sie dem nicht widersprochen haben. Eine Löschung ist auf Wunsch aber auch später noch möglich. Gespeichert werden in der Akte etwa Befunde, Laborwerte oder Angaben zu Medikamenten. Befüllt wird sie vor allem von behandelnden Ärzten. Patienten können über eine Smartphone-App ihrer Krankenkasse aber auch selbst Dokumente einstellen und die Daten der E-Akte einsehen.
Die Widerspruchs-Quote bei der AOK im Land ist ebenfalls niedrig. Die Kasse habe für ihre 4,4 Millionen Versicherten eine ePA angelegt, heißt es auf Anfrage bei der AOK in Heilbronn. "Mit einem Anteil von aktuell 4,3 Prozent waren die Widersprüche sehr gering". Aus Sicht der AOK "spricht das für eine breite Akzeptanz der ePA". Michaela Lierheimer, Geschäftsführerin der AOK Heilbronn-Franken, bezeichnet die ePA als "zukunftsweisendes Projekt". Insgesamt sei sie ein essenzieller Bestandteil einer zeitgemäßen, digitalen Gesundheitsversorgung. "Sie wird die Vernetzung der verschiedenen Akteure im Gesundheitswesen unterstützen und einen echten Nutzen für die Versicherten haben, wenn sie flächendeckend eingesetzt und von den Ärztinnen und Ärzten befüllt werden wird."
Heilbronner Ärztesprecher Uellner: Software für ePA fehlt noch
Doch bis es soweit ist, werden sich einige Patienten wohl noch gedulden müssen. "Die Patienten werden erstmal gar nichts merken", sagt der Böckinger Hausarzt und Heilbronner Ärztesprecher Martin Uellner. Technisch sei seine Praxis schon seit geraumer Zeit ausgestattet für die ePA, aber sein Softwarehaus sei mit der Auslieferung der nötigen Komponenten in Verzug. Bisher habe ihn auch "kein einziger Patient" nach der ePA gefragt.
Uellner kritisiert die schlechte Aufklärung: "Die Leute sind nicht gut informiert worden. Viele denken, die Daten würden auf ihrer Karte gespeichert. Sie wissen nicht, dass sie tatsächlich in einer Art Cloud abgelegt werden." Wenn er ihnen das erkläre, hätten einige Patienten Sorge wegen Datensicherheit. "Die ePA muss sicher sein", sagt Uellner. "Ich hoffe, dass die Beteuerungen der Politiker stimmen und die Sicherheitslücken geschlossen sind."
"Die ePA ist natürlich grundsätzlich sinnvoll", meint er. "Es muss nicht sein, dass einem Patienten innerhalb einer Woche zweimal Blut abgenommen und ein großes Blutbild veranlasst wird." Doppeluntersuchungen seien mit Hilfe der zentralen Speicherung künftig zu vermeiden. Gleichzeitig betont er, viele Fragen seien noch offen: "Wer spielt was drauf, funktioniert das tatsächlich?" Die Aufklärung müsse jedenfalls deutlich besser werden.
Zustimmung zum Projekt kommt auch von der Kassenärztlichen Vereinigung im Land (KVBW). Allerdings heißt es von dort auch, die verpflichtende Nutzung sei erst dann sinnvoll, wenn der Einsatz der ePA im Praxisalltag problemlos funktioniere und alle Sicherheitsrisiken zuverlässig behoben seien. "Das ist derzeit noch nicht der Fall."
ePA soll helfen, Doppeluntersuchungen zu vermeiden
Ärzte, Apotheken und Krankenhäuser bekommen Zugriff auf die Akte durch das Stecken der Versichertenkarte in das Lesegerät. So sollen Doppeluntersuchungen vermieden oder die Gabe von Medikamenten verhindert werden, die sich mit anderen Medikamenten nicht vertragen. "Für den Arzt ist es wichtig zu wissen, welche relevanten Vorerkrankungen es gibt, welche Behandlungen und Therapien stattgefunden haben und welche Medikamente verordnet wurden", heißt es von der Kassenärztlichen Vereinigung im Land. Die ePA habe das Potenzial, ein umfassendes Bild der Krankengeschichte der Patienten zu geben.