Warum auch Erdbeeren teurer werden
Die Erdbeersaison 2022 ist mit guten Qualitäten gestartet. Bauern müssen gestiegene Produktionskosten auf die Ware umlegen.

Die Erdbeer-Stände schießen dieser Tage wie Pilze aus dem Boden. Auch in den Selbstbedienungshütten der Direktvermarkter duftet es immer häufiger nach dem frischen Obst. Einer der Lieferanten ist der Spanferkel- und Obsthof Wagner in Heilbronn-Böckingen. Manuela und Holger Wagner feiern mit dem Obst ein kleines Jubiläum: "Seit genau 20 Jahren bauen wir Erdbeeren an", berichtet der Landwirt. Im Gegensatz zum Vorjahresfrühling, der zu nass und zu kalt für die Erdbeeren war, würden sich die Früchte aktuell gut entwickeln. Die Beeren tragen bereits eine dezente rötliche Färbung. Damit Wagners auch die frühen Erdbeer-Liebhaber bedienen können, kooperieren sie mit Landwirt Grötzinger in Dürrenzimmern, der Erdbeeren unter anderem im geschützten Anbau kultiviert.
Sorten von früh bis spät
"Unsere frühe eigene Sorte ist Clery. Später kommen Donna, Faith und gegen Ende der Saison Malwina", erläutert Holger Wagner die Sortenfolge. Startete die Erdbeersaison bei Wagners Ende April, so dauert die Erntezeit bis Ende Juli. "Bei uns ist am 24. April immer Starttermin", berichtet Holger Wagner. "Da hat meine Frau Geburtstag und bekommt den ersten Erdbeerkuchen des Jahres geschenkt." Den backt Tochter Sara. Die 17-Jährige erlernt gerade den Beruf der Konditorin in der Gundelsheimer Schokoladen-Manufaktur Schell.
Dann wird der Landwirt ernster. Die steigenden Kosten belastet auch den Böckinger Bauer. Zwar muss der Rinderhalter, der bis vor wenigen Jahren Schweine hielt (der Hofname zeugt noch davon), weit weniger Düngemittel einkaufen als seine Kollegen ohne Tierhaltung. Doch für die Februardüngung der Erdbeeren kann er nur mineralischen Dünger verwenden. "Organische Substanzen würden sich auf den Geschmack auswirken", erläutert er. Doch der 100-Kilo-Sack Kalkammonsalpeter hat sich von 18 Euro im Dezember 2020 auf aktuell mehr als 100 Euro verfünffacht.
Dünger ist teurer geworden; Mindstlohn steigt
Stärker als die gestiegenen Düngemittelpreise fallen bei Wagners die Personalkosten ins Gewicht. Bisher schon musste der Betrieb dank seiner Sonderkulturen wie Obst- und Weinbau etwa 40 Prozent seiner Gesamtkosten für Personal aufwenden. Aufgrund der Erhöhung des Mindestlohns, der in diesem Jahr bis auf 12 Euro empor klettert, steige die Quote wohl auf 50 Prozent, schätzt der Landwirt. Er beschäftigt zwei fest angestellte Kräfte und 15 Saisonarbeiter. Was kosten die Erdbeeren in diesem Jahr für den Kunden? "Wir bieten die 500-Gramm-Schale für fünf Euro an", berichtet Manuela Wagner. Im vorigen Jahr habe das Ehepaar die Früchte noch für 4,30 Euro abgeben können. "Der Mehrerlös führt aber aufgrund der gestiegenen Kosten nicht zu mehr Gewinn", stellt Holger Wagner umgehend klar.
Gleiches Bild in Hohenlohe

Quasi der Zwillingshof der Wagners in Hohenlohe ist der von Bauers in Öhringen-Untermaßholderbach. Dort werden auf etwa drei Hektar im Freiland Erdbeeren angebaut, vor allem Clery, Alegro, Asia, Symphonie und Malwina als späte Sorte. Um die Kunden jetzt schon beliefern zu können, kooperiert der Familienbetrieb mit Markus Fischer aus Neuenstadt, der im Folientunnel seine Pflanzen kultiviert. Auch Ingrid und Manfred Bauer brauchen die nächsten Wochen um die 15 Saisonarbeitskräfte aus Rumänien und Polen, die die Familie auf ihren Felder rund um Öhringen verstärken. Sohn Christian und seine Partnerin Franzi arbeiten ebenfalls voll mit und bringen ihre Ideen und neuen Akzente mit ein. So können nun auch zusätzliche Erdbeerhäuschen realisiert werden. Zum Platz an der Haller Straße in Öhringen kommt nun eine Fläche beim Getränkeparadies in Pfedelbach und beim Öhringer Viadukt Richtung Krankenhaus dazu. Auch auf dem Künzelsauer Wochenmarkt und in den Hofläden verkauft Ingrid Bauer mit ihrem Team die Erdbeeren. Aktuell zu 4,50 Euro die Schale.
Mindestlohn steigt in zwei Schritten
Den Preisanstieg durch höhere Dünge- und Lohnkosten rechnet Christian Bauer (26) auf einen Euro pro Kilo. Die Saisonhelfer bekommen aktuell 9,82 Euro pro Stunde. Ab 1. Juli sind es 10,45 Euro und ab Oktober dann 12 Euro, ergänzt Mutter Ingrid Bauer. Hat der Dünger letztes Jahr noch 30 Euro auf 100 Kilogramm gekostet, so sind es nun 100 Euro, die für die gleiche Menge bezahlt werden müssen.
"Wir düngen nicht viel", erklärt Manfred Bauer (59). Aber eine Anschubdüngung im Frühjahr mit Stickstoff und eine Anschlussbehandlung mit Volldünger müsse sein. "Wir halten uns da aber ziemlich zurück, weil zu viel Dünger auf die Haltbarkeit der Beeren und die Festigkeit der Früchte Einfluss hat", erklärt Manfred Bauer.
Kühlere Temperaturen ziehen Ernte hinaus
Der Obstbauer beobachtet seine Anlagen genau. Und weiß deshalb auch, wie er den Erntezeitpunkt gut steuern kann. So haben Bauers eine Anlage in der Nähe vom Wald bei Friedrichsruhe. "Die Anlage dort liegt 80 Meter höher, da ist es gleich 1,5 bis 2 Grad kühler als hier in Untermaßholderbach", berichtet Manfred Bauer, wie er die Ernte der späten Erdbeersorten noch ein bisschen weiter nach hinten verschieben kann.
Parallel zu den Erdbeeren werden bei Bauers dann auch schon die Kirschen geerntet. Während die Erdbeeren die frostigen Aprilnächte gut verkraftet haben, haben die blühenden Kirschen und auch die Zwetschgen in Hohenlohe etwas Schaden genommen, hatten die Obstbauberater berichtet.
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