Die Menschen in Heilbronn-Franken haben mehr Geld in den Taschen
Der Kaufkraftzuwachs in der Region ist enorm. Die Einzelhändler profitieren von einer guten Konsumlaune

Was zahlreiche Studien in den vergangenen Jahren schon herausgefunden haben, bestätigt nun auch die Kaufkraftanalyse der IHK. Die Region Heilbronn-Franken entwickelt sich außerordentlich dynamisch. Und das kommt inzwischen bei den Menschen und indirekt beim Einzelhandel an. Um 9,7 Prozent ist die einzelhandelsrelevante Kaufkraft zwischen Wertheim, Crailsheim und Eppingen gegenüber 2017 gestiegen - eine der höchsten Wachstumsraten im Land.
Landkreis Heilbronn ist Spitze
Bei 9,3 Prozent lag das Wachstum in Baden-Württemberg, deutschlandweit bei 7,6 Prozent. Der Landkreis Heilbronn ragt in der Region Heilbronn-Franken durch ein zweistelliges Wachstum mit plus 11,1 Prozent deutlich heraus. Alle zwei Jahre stellt die IHK Heilbronn-Franken die Untersuchung vor.
Heilbronn belegt im überregionalen Vergleich der Oberzentren einen vorderen Platz. Mit 7427 Euro steht hier jedem Einwohner mehr Geld für Konsumausgaben zur Verfügung als in Heidelberg, Konstanz oder Pforzheim. Allerdings seien Zahlen zum Einkommen, die als Basis dienen, nicht gedeckelt, wie IHK-Handelsreferent Jonas Kraiß einräumt. Somit besteht das bekannte Problem, dass die Einkommensmillionäre in Heilbronn die Statistik verzerren.
"Dieses Phänomen betrifft kleine Orte natürlich umso mehr, wenn einzelne Ausreißer den Durchschnitt nach oben ziehen", sagt Kraiß. Wo solche Faktoren eine Rolle spielen, lässt sich aber nicht so leicht zuordnen.
Bei der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft pro Einwohner behauptet Flein mit 8751 Euro seine Spitzenposition in der Gesamtregion. Zweistellige Zuwachsraten gab es in Michelfeld (7907 Euro) und Ilsfeld (7828 Euro).
Kaufkraftanalyse
Einzelhandelsrelevante Kaufkraft
pro Kopf in Euro 2019
bis 7000 €
7000–7500 €
7500–8000 €
über 8000 €
Niedernhall
Bad Wimpfen
Lehrensteinsfeld
Heilbronn
Flein
Untergruppenbach
Talheim
Beilstein
Einzelhandelsumsatz je Einwohner in Euro
2015
2017
2019
11749
10840
Euro
9854
10000
9172
9187
9040
7810
8000
6000
4000
2000
Öhringen
Heilbronn
Neckarsulm
Ilsfeld
Künzelsau
Wertheim
Schw. Hall
HSt-Grafik,
Quelle: IHK
Kaufkraftanalyse
11749
Einzel-
handels-
9854
umsatz je
Einwohner
7810
in Euro
2015
2017
2019
HSt-Grafik,
Quelle: IHK
Heilbronn
Neckarsulm
Ilsfeld
10840
9172
9187
9040
Öhringen
Wertheim
Schw. Hall
Künzelsau
Zuwachs kommt im Handel an
Trotz möglicher Verzerrungen durch Einzelpersonen geht der Trend fast überall deutlich nach oben. Das hat Kraiß zufolge mit zwei Faktoren zu tun: "Die Gehälter wachsen und das zusätzliche Geld zu sparen lohnt sich nicht." Entsprechend viel kommt von dem Kaufkraftzuwachs auch im Handel an.
In Heilbronn ist das in etwa anderthalb Mal so viel wie das, was die Kaufkraft der Stadt theoretisch hergibt. Das bedeutet, Menschen aus dem Umland kommen nach Heilbronn zum Einkaufen. "Einzelhandelszentralität" lautet der Fachbegriff. Durch die starken Zuwächse bei der Kaufkraft sank dieser Wert in Heilbronn zuletzt auf 152, damit steht die Stadt allerdings auch überregional weiterhin sehr gut da. Nur Ludwigsburg liegt mit seinem Breuningerland etwas höher, bei 165.
Zuwachs verdoppelt, und trotzdem unter dem Landesschnitt
In der Region Heilbronn-Franken ist der Einzelhandelssumsatz in den letzten zwei Jahren um 6,5 Prozent angestiegen. Er verzeichnet damit ein doppelt so hohes Wachstum wie beim letzten Vergleich von 2015 zu 2017. Die aktuelle Wachstumsrate liegt über der für Deutschland (plus 6,2 Prozent), aber unter der von Baden-Württemberg (plus 7,3 Prozent).
In Heilbronn-Franken hält Neckarsulm als Kaufland-Standort trotz Stagnation die Spitzenposition mit 11 700 Euro Umsatz pro Einwohner. Die Verfolger auf den Plätzen zwei (Michelfeld) und drei (Wertheim) rücken deutlich näher an den Spitzenreiter heran. Neu in den Top Ten ist mit Ilsfeld ein weiterer Ort mit Kaufland-Verbrauchermarkt.
Lebensmitteleinkauf läuft noch stationär
Während die Umsätze im stationären Handel nur leicht zulegen, geht es im Online-Handel prozentual steiler nach oben. Allerdings liegt der Anteil des Online-Handels deutschlandweit noch immer bei vermeintlich bescheidenen 13 Prozent. "In manchen Branchen macht er aber bereits 30 oder 40 Prozent aus", sagt Kraiß. Der größte Posten, die Lebensmittel, drücken hier den Schnitt. "Sobald es auch im Food-Bereich den Durchbruch gibt, besteht ein riesiges Umsatz-Potenzial", sagt Kraiß. Das hätte Folgen für den stationären Handel, auch wenn der vom Online-Handel teilweise auch profitieren könne. Und dann gibt Jonas Kraiß noch etwas zu bedenken: "Noch ist die Konsumlaune gut. Die Frage ist: Was passiert, wenn die Konjunktur einbricht?"
Das Buga-Jahr bringt kleinen Sondereffekt
Besonders auffällig sind die Zahlen für die Stadt Heilbronn, die in diesem Jahr durch die Bundesgartenschau eine Sondersituation erlebte. Mehr als zwei Millionen Besucher kamen, viele von außerhalb, die Zahl der Übernachtungsgäste in der Stadt erreichte einen neuen Höchststand. Das macht sich in der Einzelhandelsbilanz bemerkbar. Um sechs Prozent gingen die Umsätze gegenüber 2017 nach oben. "Ein kleiner Teil davon dürfte auf das Konto der Buga-Touristen gehen", kommentiert IHK-Handelsreferent Jonas Kraiß vorsichtig.
Quantifizieren kann diesen Anteil auch die Stadtinitiative nicht. Vorsitzender Thomas Gauß sagt: "Die Umsätze waren während der Buga höher, sie waren aber auch nach der Buga höher." Was momentan noch Sorgen bereite, sei das Weihnachtsgeschäft. Deutschlandweit wird der Einzelhandel im Weihnachtsgeschäft 2019 voraussichtlich erstmals die 100-Milliarden-Euro-Marke übertreffen. So positiv sehe es in Heilbronn noch nicht aus. Gauß rechnet jetzt trotzdem mit einem Endspurt. "Da ist dann allerdings die Frage, wo gekauft wird - online oder im Geschäft."

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