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75 Jahre Illig Maschinenbau: Die Macher der Becher

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Der Heilbronner Maschinenbauer Illig besteht seit 75 Jahren. Das Unternehmen hat sich auf Thermoformen spezialisiert - Anlagen, mit denen zum Beispiel Joghurtbecher hergestellt werden können. Aber auch andere Maschinen wurden hier schon gebaut.

Luftaufnahme des Werks am Rande von Sontheim, 1968.
Luftaufnahme des Werks am Rande von Sontheim, 1968.  Foto: Illig

Wie so viele andere ist auch die Jubiläumsfeier bei Illig in diesem Sommer der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen. Dabei hätte das Familienunternehmen allen Grund zum Feiern: Nach herben Einbrüchen und Stellenabbau durch die Folgen der Kunststoff-Debatte und die Corona-Einschränkungen schöpft die Geschäftsleitung wieder Hoffnung.

Eine Garagenfirma

Exakt am 27. Mai 1946 gründete Adolf Illig eine mechanische Reparaturwerkstatt in der kleinen Garage des elterlichen Wohnhauses. Eine Säulenbohrmaschine, die er 1948 konstruiert, ist das erste eigene Produkt des jungen Unternehmers. Wäschetrockner werden von 1952 an für die Firma Passat konstruiert. Dass er eines Tages als Erfinder des industriellen Thermoformens gelten wird, war nicht zu erahnen.

Blick in die Montage 1967.
Blick in die Montage 1967.  Foto: Illig

Die erste Vakuumformmaschine des Unternehmens datiert auf das Jahr 1956. In den Folgejahren entwickelten die Heilbronner die Technologie immer weiter. 1960 entsteht der erste Apparat, der Kunststoff von der Rolle zieht. Mit ihm konnten Deckel aus vorbedruckter Folie in Serie hergestellt werden. Und das Wachstum führt in neue Räume: 1961 entstehen die ersten Werkshallen an der Mauerstraße am Rande von Sontheim. Die Belegschaft ist mittlerweile auf 160 Mitarbeiter angewachsen. Zwei Jahre später folgte eine Maschine, die Formen und Stanzen konnte und damit eine langjährige Baureihe begründete. Nun wird auch eine eigene Werkzeugbau-Abteilung eingerichtet.

Auch zum Füllen und Verschließen

Wäschetrockner stellt Illig weiterhin her - bis 1967. Erst dann wird ihre Produktion eingestellt, weil die Nachfrage nach den Thermoformmaschinen immer stärker wächst und alle Flächen im Werk für die Fertigung benötigt werden. Doch das reicht nicht - ein Jahr später steht die erste Erweiterung an, innerhalb eines Jahres verdoppelt sich die Belegschaft nahezu von 480 auf 800. Nun werden auch Verpackungsanlagen konstruiert, die also nicht nur Kunststoff in Form bringen, sondern auch Becher befüllen und verschließen können. Parallel wirbt die Firma auf Messen auch für andere Anwendungen ihrer Technologie - etwa für Badewannen und Waschbecken aus Acryl statt des damals noch üblichen emaillierten Stahls.

Die Serienfertigung der Thermoformmaschinen lief schon 1963 auf Hochtouren.
Die Serienfertigung der Thermoformmaschinen lief schon 1963 auf Hochtouren.  Foto: Illig

Allmählich wirft das Heilbronner Unternehmen auch einen Blick auf das Ausland. 1976 wird in Frankreich eine Niederlassung gegründet, 1983 folgt Großbritannien, 1996 geht es in die USA. Daheim ist unterdessen schon eine weitere neue Halle entstanden. Weitere Anbauten werden 1991 und 1993 - mit dem Ausbildungszentrum - hochgezogen. Schließlich wird 1997 die Mauerstraße zwischen den Werkshallen entwidmet - sie geht in das Eigentum des Unternehmens über, zählt fortan zum Werksgelände und ist nicht mehr für die Allgemeinheit befahrbar. Die jüngsten Bauprojekte waren eine weitere Montagehalle im Jahr 2000 und ein Innovationscenter neun Jahre später.


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Erst spät Werke im Ausland eröffnet

Lange blieb die Produktion der Maschinen auf den Stammsitz Sontheim konzentriert. Ein erster Schritt folgte 2015 mit einem Werk in Malur in Südindien. Erst im vergangenen Jahr ging auch ein Werk in Rumänien in der Nähe von Sibiu (Hermannstadt) in Betrieb.

Der zehnjährige Wolfgang Illig schaute 1956 den Arbeitern zu .
Der zehnjährige Wolfgang Illig schaute 1956 den Arbeitern zu .  Foto: Illig

Seit 1987 leiteten Wolfgang Illig und Karl Schäuble die Geschicke des Unternehmens gemeinsam. Wolfgang Illig trat 1973 als frisch diplomierter Maschinenbauingenieur in die Firma ein, 1978 übernahm er an der Seite seines Vaters die Position des Geschäftsführers Technik. 1987 trat ihm sein Schwager Karl Schäuble als kaufmännischer Geschäftsführer zur Seite.

2015 wechselte Wolfgang Illig dann in den Beirat, seine Geschäftsführer-Position übernahm Heinrich Sielemann. Im Februar dieses Jahres wurde dann Jürgen Lochner als dessen Nachfolger zum Geschäftsführer für die Bereiche Markt, Vertrieb und Technik bestellt. Auch Karl Schäuble hat sich im vergangenen Jahr zurückgezogen: Neuer kaufmännischer Geschäftsführer wurde Carsten Strenger. Schäuble gehört aber weiterhin der Geschäftsführung an.

Reaktion auf Trends

Viel los auf der Hausmesse 2019.
Viel los auf der Hausmesse 2019.  Foto: Illig

Die Veränderungen um Lebensmitteleinzelhandel wirkten sich immer wieder auf Illig aus: Seit 2001 sind zum Beispiel Maschinen für die Produktion von Kapseln im Angebot, wie sie in vielen Kaffeeautomaten verwendet werden. Einen Boom bescherte Anfang des neuen Jahrtausends auch der Trend zu in Klarsichtschalen verpackten Fleisch-, Käse- und Frischwaren. Von 2016 bis 2018 wurde zweistelliges Wachstum vermeldet.

Dann jedoch sorgte die Debatte um Kunststoffverpackungen im Verein mit der allgemeinen Konjunkturabschwächung für herbe Einbrüche. 153 Arbeitsplätze wurden bis Ende 2020 abgebaut. "Es gab keine Kündigungen, alles wurde sozialverträglich abgewickelt", betonte ein Sprecher. In Sontheim beschäftigt Illig nun noch rund 550 Mitarbeiter. Das Unternehmen reagierte aber auch auf die Veränderungen, indem auf seinen Maschinen nun auch alternative Werkstoffe bearbeitet werden können.

Der Gründer

Adolf Illig, gelernter Kaufmann und Maschinenschlosser, wurde 1917 in Kattowitz geboren und kam 1923 mit seinen Eltern nach Heilbronn. Er besuchte in der Stadt die Schule und absolvierte von 1935 bis 1938 eine Lehre als Maschinenschlosser. 1946 gründete er eine Werkstatt, in der er alles reparierte, was es so in der Nachkriegszeit an Gebrauchsgegenständen zu reparieren gab. In den Folgejahren entwickelte sich die Firma unter der Leitung ihres Gründers und seiner Frau Lisa stetig nach vorne. Stets wies er darauf hin, dass er die Entwicklung im Wesentlichen seinen treuen Mitarbeitern zu verdanken habe. Adolf Illig starb 2005, seine Frau Lisa 2015.

 
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