Die Grenzen des Unterrichts daheim
Beim Unterricht zu Hause gilt es einige Hürden zu überwinden - sowohl für die Kinder als auch für die Eltern. Nicht immer klappt alles perfekt, weshalb sich einige Schüler nach der Rückkehr des Präsenzunterrichts sehnen.
Die Schulen eröffnen wieder am 4. Mai, dann aber erst einmal nur für die Jugendlichen, die in diesem Jahr einen Abschluss machen. Alle anderen bleiben weiterhin zu Hause. Wie lange? Das bleibt die große Unbekannte. Für die Schüler geht der Unterricht also erst einmal weiter mit ausgedruckten Lernplänen, Internet-Plattformen und Videokonferenzen. Und das Klassenzimmer ist das Kinderzimmer.
Familie schüttelt über Rektoren den Kopf
Über die Aussagen von Rektoren in Medienberichten, Lehrer seien gut auf den Online-Unterricht vorbereitet, können Stefanie Schillinger und René Ehrhardt aus Böckingen nur den Kopf schütteln. "Es mag vereinzelt Schulen geben, an denen ein wirklicher Online-Unterricht stattfindet", sagt Ehrhardt. "Aber das sind meines Wissens die wenigsten." Vielmehr, so schildert es das Paar, läuft der Unterricht momentan so ab: Arbeitsblätter irgendwo herunterladen, ausdrucken, ausfüllen, abfotografieren und zurückschicken. Kein geringer Aufwand bei vier schulpflichtigen Kindern.
Eine Klassenlehrerin handhabe es allerdings so, dass sie die Aufgaben in den Briefkasten wirft. "Gerade hatten wir das Problem, dass sie angeblich unseren Briefkasten nicht findet. Wir hatten deshalb bis zur Mitte der Woche noch keine einzige Aufgabe erhalten." Durchaus kurios, schließlich wohnt die Familie in der nicht unbekannten Ludwigsburger Straße in Böckingen.
Für René Ehrhardt lässt sich aus dem Ganzen nur eines schließen: "In Anbetracht dessen, dass ein Ende der Corona-Problematik nicht in Sicht ist, kommen Schulen um einen richtigen Online-Unterricht nicht herum." Dabei würde ihm für den Anfang schon eine Stunde am Tag reichen, an der sich Lehrer und Schüler am Monitor gegenübersitzen. Zumal Eltern bei der schulischen Unterstützung für ihre Kinder an Grenzen gelangen - angefangen beim richtigen Einüben eines neuen Buchstabens in Klasse eins bis hin zu Fremdsprachen, in denen Eltern womöglich die nötigen Kenntnisse fehlen.
17-Jährige trainiert im Garten
Im Fall von Saskia Deininger (17) ist das Klassenzimmer der Garten. Die Schwabbacherin ist Schülerin der Sportschule Waldenburg. Auch dort gilt: Gelernt und gesportelt wird daheim. Die theoretischen Fächer sind für heute erledigt. Gerade muss die 17-Jährige ein Video aufnehmen, auf dem sie eine Einheit Step-Aerobic gibt. Auch Ausdauer-Einheiten müssen dokumentiert werden.

Damit es nicht langweilig wird, steht eine Klopapierrollen-Challenge an: ein Zehn-Sekunden-Video, das zeigt, wie man mit dem raren Gut turnen kann. "Das klappt alles prima", verweist die Sportschülerin auf stabiles Internet und gute Kommunikation mit den Lehrern, die für Rückfragen zur Verfügung stehen. "Nur in den medizinischen Fächern ist es allein schwierig", freut sie sich nun doch wieder auf Präsenzunterricht, der in Waldenburg ab 4. Mai vermutlich für all jene wieder startet, die wenigstens im vierten Semester sind - wie Saskia.
In Möckmühl üben Realschüler die Abschlussprüfung - daheim
"Ich freue mich schon auf die Schule", sagt Elena Holejko, die dieses Jahr am Jagsttal-Schulverbund in Möckmühl die Mittlere Reife anstrebt. Auch deshalb will sie wieder zurück in den Unterricht, um wieder einen normalen Alltag zu bekommen. Die Lehrer stellen zwar Aufgaben zur Verfügung und bieten Erklärvideos an, aber dennoch gibt sie zu: "Manchmal fehlt schon die Motivation." An die Aufgaben setzt sie sich trotzdem.
Lehrer haben den Abschlussklassen Aufgaben gegeben, die unter Prüfungsatmosphäre zu Hause gemacht werden sollten - um ein Gespür für die Zeit zu bekommen. Elena Holejko hat sich ganz auf die gespielte Prüfung eingelassen und dabei sogar darauf geachtet, dass kein Handy im Zimmer ist.
Vom Vorteil, daheim zu arbeiten
"Ja, ich freue mich wieder auf die Schule, weil ich die anderen Mitschüler wieder sehen kann und es schon etwas einsam zu Hause ist", sagt der 14-jährige Luis von der Leintalschule in Schwaigern. Der Achtklässler sieht allerdings auch einen Vorteil darin, daheim seine Schulaufgaben zu erledigen: "Auf der anderen Seite habe ich zu Hause die Zeit, die ich brauche, um in meinem Tempo zu arbeiten." Vermisst hat der 14-jährige in den vergangenen Wochen jedoch nichts, "weil ich die Zeit mit meiner Familie genieße".
Der zwölfjährige Aniello, der ebenfalls die Leintalschule besucht, freut sich schon auf die Schule und darauf, seine Freunde endlich wiederzusehen, weil die Zeit allmählich doch ein wenig langweilig werde: "Außerdem freue ich mich wieder auf ein bisschen Normalität", sagt der Siebtklässler. Und die Zwillinge Elisa und Sofia (11 Jahre, sechste Klasse, Leintalschule) sind sich einig: "Wir vermissen unsere Freunde, weil sie einfach am wichtigsten sind."