Frankenbahn: Name Abellio verschwindet von der Schiene
Der Wechsel erfolgte Anfang des Jahres, von den meisten unbemerkt: Auf der Frankenbahn fährt die SWEG einen Teil der Regionalzüge. Das landeseigene Unternehmen ist für die insolvente Abellio eingesprungen. Jetzt bekommen auch die Bahnen den neuen Schriftzug. SWEG-Chef Tobias Harms über den Start, das Ende der Goldgräber-Mentalität und den Weg aus dem Corona-Knick.
Aus Abellio wird jetzt auch sichtbar SWEG: Was bedeutet der Markenwechsel für die Fahrgäste?
Tobias Harms: Idealerweise merkt der Fahrgast nichts davon, wie auch beim Gesellschafterwechsel Anfang des Jahres. Wir müssen bis Ende Juni den Markennamen Abellio ersetzt haben. Weil es sehr viele Züge sind, fangen wir jetzt damit an.
Wie ist der Betrieb angelaufen, seit Sie am 1. Januar die ehemalige Abellio Rail Baden-Württemberg GmbH übernommen haben?
Harms: Es ist noch besser gelaufen als erwartet. Wir haben alle unsere Ziele erreicht. Es gab wenige Zugausfälle, die Pünktlichkeit stimmt, Probleme mit den Anzeigen in den Fahrzeugen hatten wir auch nicht zu beklagen. Es gibt eine steigende Tendenz bei der betrieblichen Qualität.
SWEG gehört dem Land. Kann man sagen, dass der Regionalverkehr teilverstaatlicht wurde, weil der Markt auf der Schiene versagt hat?
Harms: So weit würde ich nicht gehen. Es hat nicht der Markt versagt, sondern die Wettbewerber haben enttäuscht. Die deutschen Ableger internationaler Staatsbahnen hatten Erwartungen in den Markt, die nicht realistisch waren. Das könnte nicht nur Abellio treffen, sondern auch einige andere Marktteilnehmer.
Und die SWEG macht es besser?
Harms: Die SWEG muss keine hohe Rendite erwirtschaften, nichts ausschütten an ihren Eigentümer. Wir haben die Aufgabe der Daseinsfürsorge. Das wird auch die Zukunft zeigen: Personenverkehr auf der Schiene ist ein spannender Markt, aber große Renditen wird man da nicht erwirtschaften können. Künftige Vergaben werden auch andere, wirtschaftlichere Ausschreibungsergebnisse bringen.
Sie wollen dauerhaft auf der Frankenbahn bleiben. Rechnen Sie mit Konkurrenz bei der Ausschreibung, oder wird es eine Solo-Fahrt?
Harms: Wir rechnen noch in diesem Halbjahr mit der Veröffentlichung der Ausschreibung. Ich gehe davon aus, dass mehrere Bieter interessiert sind. Die Angebote werden realistisch und auskömmlich sein und nicht mehr von einer Glücksritter-Mentalität geprägt.
Die Frankenbahn mit ihren Infrastrukturproblemen hat schon manchen Betreiber zur Verzweiflung getrieben. Spüren Sie die Mängel der Strecke?
Harms: Wir haben einen positiven Trend bei der Pünktlichkeit, sind aber noch nicht da, wo wir es gerne hätten. Die Verfügbarkeit der Infrastruktur ist nach wie vor ein sehr großes Problem. Wir baden jetzt aus, dass die Verkehrspolitik im Bund die Schieneninfrastruktur über Jahre vernachlässigt hat. Jetzt wird kräftig investiert, das ist richtig. Dafür müssen wir aber mit vielen Baustellen klarkommen.
Wie entwickeln sich die Fahrgastzahlen nach den Corona-Einbrüchen?
Harms: Wir sind noch nicht bei den Zahlen, wie wir sie Ende 2019 hatten. Es gibt aber einen deutlichen Trend nach oben. Ich schätze, dass wir etwa bei 70 Prozent des Vor-Corona-Niveaus sind.
Was erwarten Sie vom Neun-Euro-Ticket? Wird es eng in den Zügen?
Harms: Zunächst ist das Neun-Euro-Ticket eine Chance für den Nahverkehr. Aber das wird sicher für vollere Bahnen sorgen. Ob sie punktuell überfüllt sein werden, kann man jetzt noch nicht abschätzen. Wir müssen ehrlich sagen: Die Kapazitäten bei den Fahrzeugen sind begrenzt, da können wir keine große Reserve mobilisieren.
Hintergrund: Die Folgen der Abellio-Pleite
Nachdem das Land Baden-Württemberg zentrale Linien der sogenannten Stuttgarter Netze neu ausgeschrieben hatte, war der bisherige Platzhirsch DB Regio wegen eines Formfehlers aus dem Rennen. Auf der Frankenbahn zwischen Stuttgart, Heilbronn, Würzburg, Mannheim und Osterburken übernahmen Go Ahead, Tochter eines britischen Konzerns, und Abellio. Der Ableger der niederländischen Staatsbahn geriet in finanzielle Schwierigkeiten, was den Bahnbetrieb gefährdete.
Das grün-schwarze Kabinett entschied Ende 2021, dass die landeseigene Südwestdeutsche Landesverkehrs-GmbH (SWEG) den insolventen Bahnbetreiber Abellio Rail Baden-Württemberg zunächst übernehmen soll. Seit 1. Januar 2022 fährt die SWEG unter anderem zentrale Verbindungen auf der Frankenbahn. Die Übergangszeit dauert zwei Jahre, dann erfolgt eine Ausschreibung. Die SWEG hat angekündigt, sich daran beteiligen zu wollen. Go-Ahead ist von den Abellio-Turbulenzen nicht betroffen und fährt weiter den Regionalexpress zwischen Stuttgart, Heilbronn und Würzburg.